II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 746

Liebelei
5. Lieseier box 11/2

der Kammerspiele falsch oder wenn es überhaupt nicht geleitet wird.
wic noch immer Stil und Natürlichkeit oder, um am Tage des Sieges von Fehrbellin einer¬
der doch keineswegs an Die Leute, die sich ein paar Minnen vor
mit einem Größeren zu sprechen, Kunst und Natur seits bereits zweiundvierzig Jahre alt war, und
hat man am letzten dem letzten Fallen des Vorhanges von
sich vereinigen können. Lange genug hat man sie andererseits damals seit sechzehn Jahren ein Holz¬
Poeten erschlagen. ihren Sitzen erhoben und etwas ge¬
zu einer beklagenswerten Muße verdammt. Nun bein trug, da ihm sein rechter Fuß bei der Be¬
dies sonst nur vom räuschvoll den Saal verließen, haben mit
läßt man sie wieder vor die Rampen, und es lagerung von Kopenhagen zerschmettert worden
er zu geschehen pflegt; diesem Protest vielleicht nur ihren guten Geschmack¬
scheint, als wäre ihre große Kunst inzwischen war. Man mag daraus ersehen, wohin es führt,
einige Lebenszeichen bekundet. Zum allgemeinen Entsetzen der anderen¬
nur noch reifer und schlichter geworden. wenn Schauspieler zu gelehrt und zu gründlich sind.
ch an dieser Missetat Denn für das Publikum der Kammerspiele ist
Die arme Heims! Neben dieser Kurfürstin Sie setzen sich dann leicht mit der allgemein üblichen
sie angestiftet haben dieses Sälchen nicht etwa eine gewöhnliche Kunst¬
hatte ihre Natalie einen schweren Stand. Auffassung in Widerspruch. Recht komisch wirkte auch
die sie ausführten; stätte, an der schlecht und recht Komödie gespielt
Diese beiden Frauen schienen aus zwei verschiedenen ein ganz merkmürdiger Feldmarschall Dörfling,
zuließ. Nur ein werden soll; sondern ein Heiligtum mit all¬
Welten zusammengekommen zu sein; zwei ver= der freilich, soweit er mit dem historischen Derfflinger
seine reinen Hände abendlich ernent wirkenden Offenbarungen und
schiedene Sprachen wurden von ihnen gesprochen. identisch sein soll, in seiner Jugend ein Schneider¬
er seinen Musicus Wundern. Deshalb gilt es auch nicht für schicklich,
Auf der einen Seite die prachtvolle und natürliche geselle war. Also wohl auch hier nur ein Triumph
h zu spielen verstand. in diesem Theater der Preciösen zu applandieren.
Sicherheit; auf der anderen alles gelernt, geschraubt der realistischen Schule. Demungeachtet, wie ge¬
In allem Anfange au Das mag noch drüben im Deutschen Theater oder
und gesucht und deshalb nicht aus einer unnatür= sagt, eine sehenswerte Vorstellung; ein neuer Sieg
as kleine Trauerspiel im Lessing=Theater verstaltet sein; hier könnte es
lichen Starrheit loszulösen. Das Schlimmste der Regiekunst Reinhardts. Freilich scheint Hee#
nbergs, sondern am der Weihe und der Andacht Eintrag tun. Ach, das
freilich bleibt der Kayßler'sche Prinz. Nicht jeder Reinhardt der Bedeutung seines Könnens sich an
sich ereignen. Merk=[Deutsche Theater! Dort wird jetzt der „Prinz
Schauspieler besitzt eine Protensnatur, wic etwa wohl bewußt zu sein. Da steht auf dem Pra¬
scher unter den Dar= von Homburg“ gegeben. Vieles ist ganz vor¬
gramm in entsprechend großen Lettern: „Die
Matkowsky, der heute den Siegfried und morgen
bereits verlernt zu trefflich. Die Vorgänge auf dem Schlachtfeld zu
espielt werden muß; Fehrbellin; der Augenblick, in dem die Kurfürstin Oeien Wallenstein zu spielen versteht. Kayßler, dieser Prinz von Homburg“. Unmittelbar darunter u#
vortreffliche Leontes und respektable Pastor in etwas kleineren Buchstaben: „Regie von Lc
t zu sprechen. Ein mit ihren Frauen den Gemahl gefallen wähnt, und „
Manders, wird nie der blondgelockte Knabe Reinhardt“. Und endlich in ganz kleinen: „E.
#ing die Regie an der jeuer, in dem sie erfährt, daß er gerettet ist; die
sein, der Draufgänger, wie Frau Hedwigs Schanspiel in 5 Akten von Heinrich v. Kleist.“ Also
te, die Christine so zu wundervollen Farbennnancen in den Toileiten der
Sohn uns von dem Dichter geschildert erst der Regisseur, dann der Dichter. So ist es ja
ar im dritten Akt auch Damen: der violette Shawl auf dem blaßgrünen
wird; er ist von allem Anfange an ein dickblütiger auch in Wirklichkeit beim Theater. Der Dichter
Mädel mehr; man Kleide, das Natalie trägt, wenn sie vor ihrem
melancholischer Geselle, der auch nicht einen Zug zählt bei der Aufführung seiner Werke zumeist
den Megäre zu tun, edlen Oheim Friedrich von der Mark kniet,
von blonder Liebenswürdigkeit besitzt, der die überhaupt nicht mit. Aber so offenkundig ist dies
d man war herzlich ist einfach von hinreißender Wirkung. Da¬
noch nicht gesag worden. Nächstens wird man
Schwärmerei seiner Natalie, seiner Freunde und
ich gewordene Person neben noch manches andere Gute: Diegel¬
seiner Offiziere für ihn begreiflich machen würde. auf den Programmen vielleicht des Dichters über¬
n dem das Holz= mann als Kurfürst und Wegener als Oberst Kott¬
Vielleicht übrigens ein feiner Zug des nachdenk= haupt nur noch mit einer Fußnote gedenken, etwa
voik der Bühne stürzte, witz. Sogar Vortreffliches: die Sandrock als
lichen und der sogenannten naturalistischen Rich= in der Form: „Der zu den Dekorationen,
alten Vater und den Kurfürstin. Es gibt Theaterdirektoren, die in ihrer
tung ja ergebenen Künstlers, der den Prinzen Kostümen und Gruppierungen erforderliche Text
ehren. Woraus wie= Art Verschwender sind, indem sie ihre besten künst¬
ist von Dem und Dem ..“
vielleicht deshalb so schwerfällig darstellte, weil
auf welche Irrwege lerischen Schätze ungenützt ruhen lassen. Die
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es ihm nicht fremd sein dürfte, daß der „junge Tor“
raten kann, wenn es Sandrock ist ein solcher Schatz. Diese Frau zeigt,