heit beigemengt, der nur in der Verzweiflung,
wenn alle Liebe aus und tot ist, ganz
erlöschen kann. Solange aber dieser Strahl von
bürgerlicher Reinheit über ihr glänzt, blüht ihre
Grazie unter der Wärme ihres vollen Gefühls
nur um so sanfter und süßer. Ihre Keckheit noch
hat einen Zug von heimlichem Respekt, der nicht
verletzen will. Und ihr ganzes blondes, blau¬
äugiges Wesen, ihre ganze kleine, seine Person
hat eigentlich, inmitten all der sündigen Liebe
und schmerzlich=süßen Selbstverdamwnis nur die
eine unausgesprochene, oft auch ganz unbewußte
Sehnsucht: zur Ehe zurückzufinden, zu irgend
einer Häuslichkeit, die nicht ohne Glück und Glanz
wäre, zum bürgerlichen Ursprung, von dem sie in
der Not ihres übervollen Herzens abgewichen ist.
So wäre es tigentlich eine Art von sozialem
Heimweh, was den süßen Mädeln in Wien ihre
weiche Sanftmut, ihre lieblich=bescheidene Güte, ihre
stille Standhaftigkeit gibt, — was sie süßer mack:
alse wa die schnell eroberte Weiblichkeit anderer
Rassen. Gewiß, was sie an heller Schönheit, an
schlanker Anmut haben, die Melodie ihrer
Stimme und der Schmelz der blauen Augen, ist
ein Geschenk des Wiener Blutes, uralte Erbschaft
des Volkstums. Aber die stille Sehnsucht ihres
Herzens, die Sicherheit und Dauer und Wärme
des Gefühles, die lautlose Schmerzlichteit ihrer
Liebe, — dieses Süßeste an ihrer Süße ent¬
springt dem instinktiv empfundenen Zwiespalt
zwischen ihrer bürgersichen Herkunft und dem
Gang der Schicksals, das ihnen ihr Herz bereitet.
Auch damit, mit diesem gefährlich hilflosen
Schwanken zwischen zwei Schichten der Gesell¬
schaft sind sie echt wienerisch. Ist doch die Ent¬
wurzelung des kleinen Bürgertums seit manchem
Jahrzehnt schon das charakteristischste Moment
in der Wiener Leitgeschichte.
Arthur Schnißlec hat diesen Typ des süßen
Models von Wien zuerst dramatisch gesehen. Er
empfand das Tragische in dem Zwiespalt zwischen
der bürgerlichin Sehnsucht und dem verliebten
Leben dieser armen, guten Kinder. Aber ihn hat
sit je die eronsche Tragik weit mehr als die
son ile interessiert. Und damals gat — das Stück
muß jetzt twa zwölf Jahre alt sein — sah er
ur mit den Augen des melancho¬
8
k. Daher die gewisse verlegene
rbe Ton des Vorwurfs gegen
8 in diesen Liebessachen
Gewicht zugewogen wird.
rs#äteten — und belang¬
ktiv sentimental, so
daß sie in die an¬
ernder Szenen die den
es ausmachen, gar nicht
rd nur um so unechter da¬
ei Akte lang in stiller Melan¬
,im dritten unvermittelt als ein
Schrei aus diesem armen Mädchen
Diese plötzliche Klarheit über ihr
sal — dessen zartester Reiz und
chste Macht doch im Dämmer des
egen — wirft alle Glaubwürdigkeit
ie um. Nur der Typus bleibt in
eit bestehen, eine lebendig=dichte¬
sei
ung.
risch
uch zwischen der äußeren Echtheit der
Der
Fegur und der Unmöglichkeit ihres inneren Er¬
lebens war gerade in der Darstellung des Fräu¬
leins Höflich merkwürdig kraß betont. Ihre
ganze helle und gesunde Anmut leuchtete über
den verliebten, verspielten, verträumten Szenen.
Nur umso tiefer, tragischer war es zu empfinden,
wenn einmal der Schatten einer ahnungsvollen
Melancholie über die Helligkeit dieser Seele
strich. Und dann plötzlich im dritten Akt, bei
der gewaltsamen Aussprache — dieser psycho¬
5. Liebelei
—
box 11/2
wenn alle Liebe aus und tot ist, ganz
erlöschen kann. Solange aber dieser Strahl von
bürgerlicher Reinheit über ihr glänzt, blüht ihre
Grazie unter der Wärme ihres vollen Gefühls
nur um so sanfter und süßer. Ihre Keckheit noch
hat einen Zug von heimlichem Respekt, der nicht
verletzen will. Und ihr ganzes blondes, blau¬
äugiges Wesen, ihre ganze kleine, seine Person
hat eigentlich, inmitten all der sündigen Liebe
und schmerzlich=süßen Selbstverdamwnis nur die
eine unausgesprochene, oft auch ganz unbewußte
Sehnsucht: zur Ehe zurückzufinden, zu irgend
einer Häuslichkeit, die nicht ohne Glück und Glanz
wäre, zum bürgerlichen Ursprung, von dem sie in
der Not ihres übervollen Herzens abgewichen ist.
So wäre es tigentlich eine Art von sozialem
Heimweh, was den süßen Mädeln in Wien ihre
weiche Sanftmut, ihre lieblich=bescheidene Güte, ihre
stille Standhaftigkeit gibt, — was sie süßer mack:
alse wa die schnell eroberte Weiblichkeit anderer
Rassen. Gewiß, was sie an heller Schönheit, an
schlanker Anmut haben, die Melodie ihrer
Stimme und der Schmelz der blauen Augen, ist
ein Geschenk des Wiener Blutes, uralte Erbschaft
des Volkstums. Aber die stille Sehnsucht ihres
Herzens, die Sicherheit und Dauer und Wärme
des Gefühles, die lautlose Schmerzlichteit ihrer
Liebe, — dieses Süßeste an ihrer Süße ent¬
springt dem instinktiv empfundenen Zwiespalt
zwischen ihrer bürgersichen Herkunft und dem
Gang der Schicksals, das ihnen ihr Herz bereitet.
Auch damit, mit diesem gefährlich hilflosen
Schwanken zwischen zwei Schichten der Gesell¬
schaft sind sie echt wienerisch. Ist doch die Ent¬
wurzelung des kleinen Bürgertums seit manchem
Jahrzehnt schon das charakteristischste Moment
in der Wiener Leitgeschichte.
Arthur Schnißlec hat diesen Typ des süßen
Models von Wien zuerst dramatisch gesehen. Er
empfand das Tragische in dem Zwiespalt zwischen
der bürgerlichin Sehnsucht und dem verliebten
Leben dieser armen, guten Kinder. Aber ihn hat
sit je die eronsche Tragik weit mehr als die
son ile interessiert. Und damals gat — das Stück
muß jetzt twa zwölf Jahre alt sein — sah er
ur mit den Augen des melancho¬
8
k. Daher die gewisse verlegene
rbe Ton des Vorwurfs gegen
8 in diesen Liebessachen
Gewicht zugewogen wird.
rs#äteten — und belang¬
ktiv sentimental, so
daß sie in die an¬
ernder Szenen die den
es ausmachen, gar nicht
rd nur um so unechter da¬
ei Akte lang in stiller Melan¬
,im dritten unvermittelt als ein
Schrei aus diesem armen Mädchen
Diese plötzliche Klarheit über ihr
sal — dessen zartester Reiz und
chste Macht doch im Dämmer des
egen — wirft alle Glaubwürdigkeit
ie um. Nur der Typus bleibt in
eit bestehen, eine lebendig=dichte¬
sei
ung.
risch
uch zwischen der äußeren Echtheit der
Der
Fegur und der Unmöglichkeit ihres inneren Er¬
lebens war gerade in der Darstellung des Fräu¬
leins Höflich merkwürdig kraß betont. Ihre
ganze helle und gesunde Anmut leuchtete über
den verliebten, verspielten, verträumten Szenen.
Nur umso tiefer, tragischer war es zu empfinden,
wenn einmal der Schatten einer ahnungsvollen
Melancholie über die Helligkeit dieser Seele
strich. Und dann plötzlich im dritten Akt, bei
der gewaltsamen Aussprache — dieser psycho¬
5. Liebelei
—
box 11/2