Liebelei
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3. LeLCler
köstlichen Ueberzeugungskraft bekannt. Als Christine, als das „süße
ln kammerspiele.
Mädel.“ dem die erste Entläuschung das Herz zer¬
ie wirkte nicht wie
bricht, erschien Lucie Höflich.
„Liebelei“, Schauspiel von Arthur Schnitzler.
ein Wienerkind aus Volkes Tiefen gleich der Niese, nicht wie
M. J. Nun hat sich auch Arthur Schnitzler der gefährlichen
eine #ater dolorosa gleich der Sandrock. Aber dieses Mädel mit
Probe unterzogen, eines seiner Werke auf die intime Bühne zu schicken.
zartem Körper und zarter Seele eroberte die Epfänglichen
Gefährlich, denn gerade unser kleinstes Theater wirkt wie ein Ver¬
gleich bei ihren scheuen und baugen Versuchen, sich in fremde
größerungsglas, das unbarmherzig die Schönheitsfehler wie die
Lustigkeit zu mischen. Niemand kann kalt geblieben sein, als ihr Schmerz
Schönheiten belichtet.
sich am Schluß aufreckte, als das Weh des betrogenen Glücks in schriller
Die „Liebelei“ kann eine solche Prüfung auf Herz und Nieren
Wildheit losbrach, Aber noch stärker als in dieser Szene des Erwachens
besser als manche spätere Gabe ihres Schöpfers vertragen. Die Weh= wirkte ihr Reiz in den Szenen, d
in Träumen von
leidigkeit, in der ihre Menschen schwelgen, wird freilich in einem Glück und Sonne einherzuwandeln schien, befangen und
Naum gesteigert, der nicht bloß das Wort, sondern auch d## #selig. gläubig und besorgt zugleich. Nur die Hingabe, die mit
Seufzer klingen läßt. Aber sie kann, da sie keine falschen Dae solchen Blicken im Geliebten Gott und Schicksal sieht, kann den
birgt, höchstens die Ungeduld, nicht die Verstimmung wecken.
Gefühlsausbruch glaubhaft machen, wenn in jäher Entweihung das
Imposante Aktschlüsse, wie das Auftreten des rächenden Ehe= Briligste zusammenbrickt.
manns, den Dolch im Gewande, verpuffen auf
Auf Reinhardts Bühnen haben wir zuweilen gesehen,
Miniaturbühne leichter als anderswo. Doch das Leise gewinnt, was
Stimmung
der Szene das Versagen der
das Laute einbüßt. Durchs offene Feuster wird die Straße belauscht:
schauspielerischen Einzelleistung deckte. Gestern war
das Verhallen der Schritte, das Verklingen der Stimmen,
hübsch, einmal den umgekehrten Rettungsprozeß wahrzunehmen.
der letzte Ton des gepfifsenen Marsches.
So darf die Hoffnung wachsen, daß die Zukunft uns den Einklang
Wienerische Menschen jauchzen und seufzen in diesem Stück. Aber
bringen wird, der wir vorlänfig noch vermissen müssen.
gerade das nationale Element, das Reinhardt eben erst im Preußen¬
drame so gut zu treffen wußte, ist ihm diesmal nicht geglückt. Statt
der lässigen Grazie gab es trockenen Ernst, besonders im prächtigen
Anfangsakt, der Reflexion und Sinnlichkeit, Ausgelassenheit und
Skepfis so wundervoll durcheinander wirbelt. Die Modistin Mizi
Schlager (Grete Berger) bemühte sich aus Leibeskräften, „fesch“
zu sein, ohne recht vom Lärm zur Lustigkeit vordringen zu können.
Alexander Ekert schien sich gleichfalls erst wohl zu fühlen, als er
den Frohsinn des „geborenen Festarrangeurs“ mit der tragischen Miene
des Unheilsboten vertauschen konnte. Diese Wiener, denen Schicksal und
Autor die Naivität in die Wiege legten, schienen justament zum Trotz
auf das Korrekte verfessen. Ein neuer Darsteller, Eugen Dumont,
verzichtete, als Liebhaber Fritz, sogar auf den äußeren Schein,
auf die Mundart des Wieners. Schwer und streng wandelte
er, der Genießer und der Zweifler, durch das Stück,
als ob der Dichter ihm durch die Ernennung zum Reserveoffizier
alle unziemliche Vertraulichkeit untersagt habe. Der Debütant, dem
das Talent nicht fehlen mag, verriet am wenigsten vom Klima einer
Stadt, als deren Schutzpatron Schubert im Bilde beschworen wird.
Zwei Darsteller sorgten trotz aller Hemmnisse dafür, daß die
Stimmung sich immer stärker zum Schluß hin hob und steigerte.
Haus Pagays milder Musikant voll verstehender, ve¬
selbender Pateraßte iß von früheren Aufführungen her in seiner
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köstlichen Ueberzeugungskraft bekannt. Als Christine, als das „süße
ln kammerspiele.
Mädel.“ dem die erste Entläuschung das Herz zer¬
ie wirkte nicht wie
bricht, erschien Lucie Höflich.
„Liebelei“, Schauspiel von Arthur Schnitzler.
ein Wienerkind aus Volkes Tiefen gleich der Niese, nicht wie
M. J. Nun hat sich auch Arthur Schnitzler der gefährlichen
eine #ater dolorosa gleich der Sandrock. Aber dieses Mädel mit
Probe unterzogen, eines seiner Werke auf die intime Bühne zu schicken.
zartem Körper und zarter Seele eroberte die Epfänglichen
Gefährlich, denn gerade unser kleinstes Theater wirkt wie ein Ver¬
gleich bei ihren scheuen und baugen Versuchen, sich in fremde
größerungsglas, das unbarmherzig die Schönheitsfehler wie die
Lustigkeit zu mischen. Niemand kann kalt geblieben sein, als ihr Schmerz
Schönheiten belichtet.
sich am Schluß aufreckte, als das Weh des betrogenen Glücks in schriller
Die „Liebelei“ kann eine solche Prüfung auf Herz und Nieren
Wildheit losbrach, Aber noch stärker als in dieser Szene des Erwachens
besser als manche spätere Gabe ihres Schöpfers vertragen. Die Weh= wirkte ihr Reiz in den Szenen, d
in Träumen von
leidigkeit, in der ihre Menschen schwelgen, wird freilich in einem Glück und Sonne einherzuwandeln schien, befangen und
Naum gesteigert, der nicht bloß das Wort, sondern auch d## #selig. gläubig und besorgt zugleich. Nur die Hingabe, die mit
Seufzer klingen läßt. Aber sie kann, da sie keine falschen Dae solchen Blicken im Geliebten Gott und Schicksal sieht, kann den
birgt, höchstens die Ungeduld, nicht die Verstimmung wecken.
Gefühlsausbruch glaubhaft machen, wenn in jäher Entweihung das
Imposante Aktschlüsse, wie das Auftreten des rächenden Ehe= Briligste zusammenbrickt.
manns, den Dolch im Gewande, verpuffen auf
Auf Reinhardts Bühnen haben wir zuweilen gesehen,
Miniaturbühne leichter als anderswo. Doch das Leise gewinnt, was
Stimmung
der Szene das Versagen der
das Laute einbüßt. Durchs offene Feuster wird die Straße belauscht:
schauspielerischen Einzelleistung deckte. Gestern war
das Verhallen der Schritte, das Verklingen der Stimmen,
hübsch, einmal den umgekehrten Rettungsprozeß wahrzunehmen.
der letzte Ton des gepfifsenen Marsches.
So darf die Hoffnung wachsen, daß die Zukunft uns den Einklang
Wienerische Menschen jauchzen und seufzen in diesem Stück. Aber
bringen wird, der wir vorlänfig noch vermissen müssen.
gerade das nationale Element, das Reinhardt eben erst im Preußen¬
drame so gut zu treffen wußte, ist ihm diesmal nicht geglückt. Statt
der lässigen Grazie gab es trockenen Ernst, besonders im prächtigen
Anfangsakt, der Reflexion und Sinnlichkeit, Ausgelassenheit und
Skepfis so wundervoll durcheinander wirbelt. Die Modistin Mizi
Schlager (Grete Berger) bemühte sich aus Leibeskräften, „fesch“
zu sein, ohne recht vom Lärm zur Lustigkeit vordringen zu können.
Alexander Ekert schien sich gleichfalls erst wohl zu fühlen, als er
den Frohsinn des „geborenen Festarrangeurs“ mit der tragischen Miene
des Unheilsboten vertauschen konnte. Diese Wiener, denen Schicksal und
Autor die Naivität in die Wiege legten, schienen justament zum Trotz
auf das Korrekte verfessen. Ein neuer Darsteller, Eugen Dumont,
verzichtete, als Liebhaber Fritz, sogar auf den äußeren Schein,
auf die Mundart des Wieners. Schwer und streng wandelte
er, der Genießer und der Zweifler, durch das Stück,
als ob der Dichter ihm durch die Ernennung zum Reserveoffizier
alle unziemliche Vertraulichkeit untersagt habe. Der Debütant, dem
das Talent nicht fehlen mag, verriet am wenigsten vom Klima einer
Stadt, als deren Schutzpatron Schubert im Bilde beschworen wird.
Zwei Darsteller sorgten trotz aller Hemmnisse dafür, daß die
Stimmung sich immer stärker zum Schluß hin hob und steigerte.
Haus Pagays milder Musikant voll verstehender, ve¬
selbender Pateraßte iß von früheren Aufführungen her in seiner