II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 777

Liebel
5.1 box 11/3
Telephon 12801.
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4) I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Aussclnitte
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Wien, I., Concordiaplatz 4.
*
Vertretunge 1
0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minncapolis, New-Vork,
0 Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
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6 Ausschnitt aus: PESTER LLOVD
555
30.WAl. 1908
E vom:
(Gastspiel des Berliner Deutschen Theaters.)
Schnitzlers Liebelei“ schien heute das Publikum enttäuscht
bn. hätle das Stück nicht früher gelesen, kam mit
kolossalen Erwartungen ins Theater, das heißt gespannt auf eine
Tragödie, wie von Shakespeare, oder auf ein Lustspiel, wie von —
L'Arronge, und bekam für sein Geld nur das „Verhältnis“, das
lein Anderer gehabt hat, das nicht einmal lang dauerte und schon
km halb zehn aus war. Nach den ausgiebigen Kunstgenüssen,
an die Reinhardt die Budapester gewöhnt hat, war das
allerdings etwas schmal. Und der literarischen Gourmets, die
sich bei einer wie aus Spitzen gewebten Tragikomödie etwas
Eigenes denken, gibt es hierzulande nicht viel. Die Leute schwärmen
noch für nahrhafte Küche; halb englisch, mit etwas Blut, wenn
möglich. Bei Schnitzler sieht man nur die An= und
Ausläufe der Tragödie. Das Doppelduett verschieden tem¬
perierter Liebespaare; ein fröhlich zwitscherndes Schwalben¬
paar aus dem Wienerwald und ein sentimental gir¬
rendes Taubenpaar, das im Schatten eines dunklen
Verhängnisses lebt, liebt und stirbt. Alldas kurz, bündig, ohne
viel Geräusch, mehr menschlich als theatralisch. Und neben dem
Quartett ein alter Herr mit vertrackt unmoralischen Ideen. Zum
Beispiel, daß es besser sei, erlebtes Glück spät zu bereuen,
als Glück überhaupt nicht erlebt zu haben. Ein Musikus
Miller, um hundert Jahre später geboren als der Ahne
und durchsetzt von einer Philosophie der Humanität, bei
der alle Philister sich bekreuzen. Das ist nun freilich jeder¬
manns Sache nicht. Aber wers versteht, den rührts. Wers
nicht begreift, an vem rollt es herab, wie Wassertropfen an
einem Kautschukmantel. Ein Teil der Zuschauer trug solche
Kautschukmäntel. Innen. Meinte, beim „Kompagnon“ sei es denn
doch anders gewesen. Was ja auch seine Richtigkeit hat. Die
Berliner Künstler waren bemüht, sich auf wienerischen Ton zu
stimmen, bis zu wienerischer Temperatur zu erwärmen. Am
besten gelang das Herrn Eckert, der Laune und Mundart traf,
Herrn Pagay, der den alten Musikus fein, ergreifend spielte,
un (rete Berger, die als Mitzi Süßes und Herbes zu mischen
vers##no. Lucie Höflich, die Christel, hatte sich wegen Heiser¬
keit entschuldigen lassen. Sie kämpfte verzweifelt gegen das Un¬
gemach, kam aber leider über Andeutungen ihrer Künstlerschaft
nicht hinaus. Ihr Partner, Herr Dumont, ein nobler Schau¬
spieler, war für das Wiener Stück zu nordisch. Er hielt sich an
die hochdeutsche Bedeutung des Wortes: Liebelei und vergaß
darob, daß Schnitzler darunter ein tragisches „Gschpusi“ meint.

Telephon 128.
Ka
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
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Wien, I., Concordiaplatz 4.

Vertretungen
□ in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(uellenangabe ohne Gewahr.)
6 Ausschnitt aus: Neues Pester Journal
50. S. 1905
E vom:
* (Lustspieltheater.) Arthur Schnitzler
hat in der Liebelei eine kleine Trägovre#ge¬
schrieben. Das Wiener süße Mädel, das sich den Ver¬
slust des Geliebten allzusehr zu Herzen nimmt, wäre
wohl an und für sich noch kein tragischer Vorwurf,
kkäme nicht hinzu, daß der Geliebte im Duell fällt.
Im Duell für eine Andere, die vorige Geliebte
deren Mann hinter die Sache kommt. Die arme“
Christine weiß von alldem nichts, sie hat nur böse
Ahnungen, und sie ist vernichtet, als sie die Wahr¬
heit erfährt. Sie ist keine von denen, die nach viertel¬
jähriger Trauer einen Anderen nehmen, — sie ist
eine von denen, die daran zugrundegehen. Naturell¬
sache. Und doch wäre auch daran nichts Schlimmes,
wenn sie's machte wie ihre Freundin, die Schlager
Mizzi, die auf dem Prinzipe steht: „J lauf' koan
Mann net nach!“ Die Mizzi ist glücklich mit ihrem
Theodor, wiewohl sie weiß, daß es nicht ewig währt.
Aber sie will ihre Jugend genießen, sie will glücklich
sein, — später wird sie dann schöne, freundliche
Erinnerungen haben. Auch Christinens Vater predigt
das; ists denn ein Verbrechen, wenn so ein junges

Blut sein Glück sucht? Christine ist aber keine von
den Glücklichen. Die Mizzi kann glücklich sein, sie
nicht. Lucie Höflich gab die Christine. Die brave
Künstlerin ermöglichte die heutige Aufführung da¬
durch, daß sie auftrat, obwohl sie stockheiser war.
Ihre Leistung, voll sanfter Innigkeit, heißer Liebe
und bewundernswerther Schlichtheit, ist ein Kabinet¬
stück deutscher Schauspielkunst. Der Erfolg wäre noch
viel intensiver gewesen, hätte sich Fräulein Höflich
im Vollbesitze ihrer Stimmmittel befunden. In Fräu¬
lein Berger lernte man eine fröhliche kleine
Bühnenlerche kennen, voller Temperament und kunst¬
loser Natürlichkeit, und in Herrn Pagay grüßte
man einen geschätzten alten Bekannten. Die Herren
Eckert und Dumont machten ihre Sache gut,
desgleichen Sophie Pagay. Das ausverkäufte
Haus applaudirte lebhaft.
* Vkelaminder..— — —