II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 884

iebelei
S. 5—
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„ODOLIVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitts
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Verfretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Franciaco, Stockholm, St. Petersburg.
(Ouellenangabe chne Gewähr).
Ausschnitt aus:
wute i ehtulcg
vom: 23.0IN 1909
Theater, Runct und Literatur.
Städt. Franz=Josef=Theater. Gestern gelangte
das Drama Arthur Schnitzler's *Szerelmeskedése
(Liebelei) zum ersten Male auf unseter Bühne
zur Aufführung. Liebelei ist in Budapest am
15. Mai 1897 zum überhaupt ersten Male auf¬
geführt worden, und zwar in deutscher Sprache. Das
Ensemble des Burgtheaters gastirte im Lustspiel¬
theater und halte mit Schnitzler's Süßesmädelstück
einen durchschlagenden Erfolg. Vor etwa fünf Jahren
brachte — ebenfalls im Lustspieltheater und ebenfalls
in deulscher Sprache — Reinhardt's Truppe das
Wiener Stück zur Aufführung. Der Erfolg war be¬
deutend geringer, aber es war immerhin ein Erfolg.
11 Jahre nach der ersten Budapester Aufführung
folgte das Nationaltheater mit einer seichten unga¬
rischen Uebersetzung und das Drama fiel trotz Vilma
Medgyaßay durch — Grund genug dazu, daß
unsere Direktion es uns als Novität auftischte.
Schnitzler's „Liebelei“ ist ein spezifisches Wiener
Stück, dessen süßlicher Sentimentalismus bei uns
keinen Anklang findet. Das kleine Drama des Wiener!
„süßen Mädel's“, das mit einem Studenten eine
„Liebelei“ angebandelt hat und diese ernst nimmt, so
ernst, daß sie selbst in den Tod geht als sie erfährt,
daß er wegen einer Anderen im Duelle gefallen ist, daß
sie selbst ihm nichts anderes gewesen als ein flüchtiger
Tand — dieses Drama mag ja erschütternd sein, aber
es füllt keinen Theaterabend aus, es wirkt nicht auf
unfere an stärkere Emotionen gewöhnten Nerven. Die
Sprache Schnitzlers freilich wirkte selbst in der seichten
Verballhornung auf alle Feinschmecker; wir fanden da
Kern, Geist, kur; alle die Spuren des späteren Schnitzler.
Die Aufführung bot zwei durchwegs, einen theilweise
befriedigenden Moment. Frl. Hermine Haraßthy
hatte als Christine vollauf Gelegenheit, aus ihrer
eigenen Individualität heraus zu schöpfen und bot
deshalb eine treffliche, im Schlußakte geradezu er¬
schütternde Leistung. Und auch Ernst Czobor war
als flotter, ein wenig cynischer aber gutmüthiger
Wiener Student Dori Kaiser ganz am Platze und
kann diese Leistung getrost zu seinen besten rechnen.
Frl. Mariska Kiss spielte die Wiener Grisette Mizi
Schlager im ersten Akte mit einer Frische und Wärme,
mit wahren, herzensfreudigen Accenten, welche uns
fast vergessen ließen, daß sie in den weiteren Akten
ganz abflachte. Herr Desider Pärtos sollte den
Helden der Liebestragödie Fritz Lobheimer spielen -
was er bot, was aber steif, hölzern, gezwungen. Herr
Andreas Szeghö hat den Vater Christinens, den
alten Hans Weiring total verzeichnet; Weiring ist der
durch die Erfahrungen des Alters abgeklärte Philosoph
und Denker — Herr Szeghö hat einen gemüth¬
ichen, weinerlichen, schwachen Greis daraus gemacht.