II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 915

Liebele
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geschubip¬
kalische Illustration, das Festhalten dieser latenten poetischen
glückseligen Fritz vor dem Duell: lustige und ernste Themen
Stimmung. Wenn bislang — die „Liebelei“ ist 1895 er¬
aus der Oper verbinden sich zwanglos zu einer wirkungsvollen
schienen — kein Komponist zu diesem Textbuche griff, so mag
Tondichtung, deren Stimmungsgehalt durch die knappe und
das zum Teil daran liegen, daß unsere dramatischen Kom¬
organische Form wesentlich gefördert wird. Ein Trauermarsch,
ponisten für tragische Stoffe des schweren Wagnerpathos nicht
beneidenswert gesund und italienisch groß empfunden, leitet
entbehren können, dann mag auch eine gewisse Schwierigkeit
über in das Thema des Volksliedes aus dem Locheimer Lieder¬
im einheitlichen Stil dieses Werkes, der Uebergang von Heiter
buch (Nr. 39, Böhme: Nr. 127), das Christine im ersten Akt
und Ernst, manchen abgeschreckt haben. Die Behauptung wird
in Fritzens Wohnung gesungen hatte und das hier wie dort
kaum auf Widerspruch stoßen: nur in der Form und Art etwa
einzig schön in die dramatische Situation paßt. Die furcht¬
Puccinis war eine Komposition der „Liebelei“ möglich.
bare, atemversetzende Spannung des Schlußaktes, aus der die
Franz Neumann, hier in Frankfurt und auch an vielen
Stelle, da Christine Fritzens Briefe liest, als lyrischer Höhe¬
anderen Bühnen hochgeschätzt als Opernkapellmeister, hat einen
punkt der Oper herausragt, ist musikalisch überzeugend, ins¬
besonders ist der große Gefühlsausbruch der Christine, eine
solchen Stil für seine Komposition der „Liebelei“ gewählt.
Um es gleich vorwegzunehmen, bedeutet dieses Werk eine wert¬
Szene voll lodernden dramatischen Feuers mit breit italienisch
volle Bereicherung der modernen Opernliteratur, die um so
geformter Melodik, außerordentlich gelungen.
bemerkenswerter ist, als diese Oper Neumanns dramatischer
So weit der kurze Wegweiser durch die vielen Schönheiten
Erstling ist. Ein Studium des Klavierauszuges (bei Schott
dieser Partitur, die sich als ein Produkt feinen Kunst¬
in Mainz erschienen) zeigt, daß Neumann mit sicherer Meister¬
verstandes am ehesten charakterisieren läßt. Aus jeder
schaft die Komposition beherrscht; wertvoller scheint noch der
Note spricht die künstlerische Reife eines dramatisch außer¬
Hinweis, daß er ausgesprochen musikalisch dramatisch
ordentlich begabten Musikers, der in der ersten Reihe der heuti¬
empfinden und vor allem gestalten kann. Die Art, wie er in
gen Komponisten steht, die das große Arsenal des musikalischen
den lustigen Konversationston des ersten Aktes das Erscheinen
Ausdruckes virtuos beherrschen. Die Sparsamkeit im Gebrauch
Christinens einführt und mit elastischer Gewandtheit die
der künstlerischen Mittel, das Fehlen jeglicher Effekthascherei,
Stimmung musikalisch ausmalt, wird noch übertroffen von der
die künstlerische Gesinnung des Werkes sozusagen, sichern dieser
geradezu genialen Art, wie er die Erscheinung des schwarzen
Oper die größte Sympathie. Die musikalisch wie sprachlich
Herrn (des Gatten) illustriert. Wie er dann den gedrückten
einwandfreie Deklamation der Singstimmen, die immer mit
Fritz und die tragische Atmosphäre des Schlusses vom ersten
einem heute sehr seltenen Verständnis behandelt sind, die reiche
Akt musikalisch bannt durch ein fast ratloses und eigenartig
und trefflich charakterisierende Harmonik, in der die vielen
schönes Phantasieren auf dem Klavier . . ., so vermag nur
Orgelpunkte — ganz ähnlich wie bei Hugo Wolf — bemerkens¬
der geborene dramatische Komponist zu gestalten. Die rei¬
wert sind, die schöne Erfindung, die durchweg einen selbstän¬
zenden und durchaus selbständig empfundenen lustigen Themen
digen Eindruck hinterläßt, sichern dieser Oper eine bedeutsame
des ersten Aktes, vor allem der echt wienerische Walzer erwecken
Stellung in der zeitgenössischen Produktion. Besonders zu
im Hörer das größte Zutrauen für den Weitergang der Kom¬
erwähnen ist die glänzende Instrumentation, in der Neumann
position. Und man kann freudig beobachten, wie der Kom¬
keinen modernen Rivalen zu scheuen hat. Auch hier fällt es
ponist mit seinen höheren Zwecken sozusagen wächst. Die
angenehm auf, daß der Komponist nicht wahllos alle orchestra¬
reizend intime Einleitung, eine Art Gegenstück zu einer ähn¬
len Leckerbissen und jeden möglichen Firlefanz auftischt, son¬
lichen Stelle in Wolfs „Corregidor“, weil beide brahmsisch
dern streng nach dem guten künstlerischen Gebot die Instru¬
empfunden sind; dann die Illustration der Schwatzbase Frau
mentation als Mittel zum Zweck musikalischen Stimmungs¬
Binder, der Eintritt des alten Weiring, den Neumann mit be¬
ausdruckes behandelt. Daß in solcher Komposition, die sich auf
sonders warmer Liebe ausgezeichnet geschildert hat, vor allem
dem von Neumann geschickt gemilderten Konversationston von #
aber das Wiedersehen von Fritz und Christine, das alles ist so
Schnitzler aufbaut, jede geschlossene Arienform oder jeder
treffend mesikalisch geschildert, daß man fast erstaunt aufblickt
Ensemblesatz stillos wirkt, das hat Neumann mit sicherem
#erl
vor solch genialer Begabung. In diesen eminenten Stei¬
ästhetischem Gefühl erkannt. Ueberhaupt erscheint mit diesem
gerungen deckt sich der Gefühlsgehalt des Dramas völlig mit
Werk ein neuartiger Opernstil, der dieser Oper eine
„N
der Ausdruckskraft der Musik. Das Vorspiel zum dritten Akt] Art musikgeschichtlicher Bedeutung geben dürfte
trägt die Ueberschrift: Das Duell. Die Stimmung des un¬
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