5. Liebele
. box 11/5
„ODSERTER
1österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Ausee.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianla,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Oselienangahe Oüme Doudarh.
Ausschnltt aus:
—FMuae Hanosio Kabhtfhiät
7
VDNT·
K
ubtung gelungen.
H.Fränkfurter Opernhaus. Man schreibt uns: Ar
mi Schnitzlers „Liebelei“ in der Vertonung von
Frmanfand bei der hiesigen Uraufführ¬
ung, wie bereits schon telegraphisch gemeldet, einen
außergewöhnlich starken Erfolg. Es ist ein merkwür¬
diges Zusammentreffen, daß das wirkungsvolle Wie¬
ner Drama seinerzeit gleichfalls in Frankfurt seine
allererste Aufführung erlebte, damals im Schauspiel¬
haus und jetzt die Premiere des gleichen Werkes als
Oper hier gegeben werden konnte. Franz Neumann,
ein Oesterreicher, wie Schnitzler, ist seit einigen
Jahren bei uns als Kapellmeister tätig und hat in
dieser Stellung sich schon häufig ausgezeichnet. Er
ist auch bereits mit kleineren Arbeiten vor die Oeffent¬
lichkeit getreten und hat sich dabei als bemerkenswer¬
tesTalent bewiesen. In seiner Oper hält er sich wörtlich
an den bekannten Text der „Liebelei“, indem er den
Dialog instrumental untermalt. Diese Instrumentier¬
ung zeigt uns den feinsinnigen Musiker von seiner
besten Seite, dessen besonderes Können in den
zartgetönten Lyrismen sich offenbart. Doch auch für
das Magische, das wie eine düstere Ahnung immer
wieder durch die Komposition gleitet, findet Nau¬
mann den rechten Ausdruck. Im Stil den Werken der
Jung=Italiener, speziell Puccini sich anlehnend,
ohne die persönliche Note außer acht zu lassen, ist die
Novität entschieden ein interessantes Musikdrama,
das seinen Weg mit Erfolg über die Bühnen machen
wird. Die Aufführung unter Dr. Rottenbergs
Leitung — die Regie führte mit Geschmack Inten¬
dant Jensen selbst — war eine recht gute. Fräulein
Sellin ist eine Spezialität für Rollen wie die der
„Christine“ und ihr Partner, Herr Geubner, sang
und spielte den „Fritz“ mit warmer Empfinbung.
Das dicht besetzte Haus wurde nicht müde, den Kom¬
ponisten mit dem Solopersonale, den Kapellmeister
und den Intendanten zu rufen. Ganz zum Schluß,
mußte selbst Artur Schnitzler seine Balkonloge ver¬
lassen und auf der Bühne erscheinen. — Dex Klavier¬
auszug ist in eleganter Aufmachung bei Schott
(Mainz) erschienen.
Madame Aino Ackté von der Großen Oper in
Paris gastiert bereits zum zweiten Male in die¬
sem Jahre als Salome bei uns. Die kinderhaft
liebliche Erscheinung, das faszinierende Spiel und
die prachtvoll geschulte Stimme, die selbst den grö߬
ten Anforderungen des von Kapellmeister
Schilling =Ziemssen glänzend geführten
Riesenorchesters mit Leichtigkeit folgte, lassen Frau
Ackté als die berufenste Vertreterin der Salome
erscheinen.
Aeu,
J, Pians.
Geni,
New-Vork, #u Scn Pancisco, Stockhiolm, St. Peters
burg, Toronto.
(Quelienangabe ohne Gewäer).
Ausschnitt aus:
Venslache Zeitung. Porl¬
& 9. 1910
Kam
„Liebele.“ Frankfurt a. M., 18. September. (Eig. Ber.)
Die erste Premiere der Wintersaison im Opernhaufe war die
Oper in drei Akten „Liebelei“ vom Kapellmeister an der Opern¬
bühne Franz Neumann. Es ist unseres Wissens das erste
größere Werk des noch jungen Komponisten. Mit einer gewissen
Kühnheit, die aber sympathisch ist, hat Neumann ein Schauspiel
vertont, das auf den deutschen Bühnen ein Heimatrecht
erworben und besonders in der Schilderung des Miliens
ArtbunSchnitzler darf mit
seine Hauptstärke hat.
den Komponisten seiner „Liebelei“ gewiß zufrieden sein. Es ist
geradezu erstaunlich, mit welcher Feinheit und Zartheit Neumann
dem Dichter gefolgt ist, wie er den Grundton der tragischen Liebelei
in Noten festzuhalten wußte und so die Einheitlichkeit auch in seiner
Oper wahrte. Die Anderungen und Kürzungen sind sehr geschickt er¬
folgt. Das Erfreulichste ist aber wohl, daß Neumann ein Erfindungs¬
Ein
genie — man darf diesen Ausdruck wirklich gebrauchen — ist.
reicher Born entströmt seiner musikalischen Begabung, befruchtet selbst
weniger wirksame Rollen des Schauspiels. Auch in technischer Be¬
ziehung zeigt sich schon der Meister. Die „Liebelei“ ist die Oper
eines Kapellmeisters, aber keine Kapellmeisteroper, unter der man
im allgemeinen eine tüchtige, durchaus korrekte, aber nicht befriedigende
Arbeit versteht. Wie schwer ist es zum Beispiel, den flotten Dialog,
der manchmal ganz Nebensächliches enthält, in musikalischen Fluß
zu bringen. Um nur gleich den Beginn der ersten Szene anzu¬
führen: Also es war niemand da? Nein, gnädiger Herr. — Den
Wagen könnten wir eigentlich wegschicken? Natürlich. —
Anfangs muteten diese musikalischen Gespräche etwas eigenartig an,
sie geraten auch leicht ins Monotone, weil es geradezu unmöglich
ist, stets hierfür Abwechslung zu finden. Doch das sind Bedenken,
die dem Ganzen nicht im mindesten Eintrag tun können. Die
lyrischen Partien sind prächtig geraten. Ein. Melodienreichtum, wie
er selten ist, durchzieht alle drei Akte und erinnert an Puccini. Zu
den schönsten Abschnitten müssen das lustige Abendessen, das Liebes¬
geständnis Christines im ersten Akt, der Abschied Fritzens
der tragische Schluß gerechnet
von der Geliebten und
werden. Dem Orchesterpart hat der Komponist begreiflicherweise
die größte Aufgabe gestellt. Die Instrumentation ist in allen Teilen
geschmackvoll und modern, ohne ins Übermoderne zu verfallen. Mit
Vorliebe wurden Harfenglissandi verwendet, wie überhaupt das
Weiche und Sentimentale ganz im Sinne der Dichtung vorherrscht.
Das Vorspiel zum 2. und 3. Akt verriet ein bedeutendes Können,
und der dramatische Abschluß der Liebelei erhebt sich auch im
musikalischen Teil zu imposanter Größe. Alles in allem: ein
höchst erfreuliches Werk, das sicher seinen Weg machen
dürfte, wenn die eine Hauptbedingung erfüllt wird: erst¬
Solopartien stellen große
klassige Besetzung, denn die
Anforderungen an den Einzelnen. Die Frankfurter Aufführung
war glänzend. Intendant Jensen hatte die Oper inszeniert und
einstudiert. Entzückende Bühnenbilder zeigten sich in den gemütlich
anheimelnden Stuben der Wiener Kleinbürger. Frl. Sellin gab
die bedeutendste Partie, die der Christine, mit Einsetzung
sympathisch wirkenden echten Künstlerschaft.
ihrer ganzen,
eine aus¬
Lobheimer bot
Herr Gentner als Fritz
gezeichnete Leistung. Sein Tenor entsaltete den vollen
Reiz, der ihm innewohnt. Als lustiger Freund Theodor
überraschte Herr Breitenfeld dessen Vielseitigkeit nicht genug
bewundert werden kann. Herr Schneider darf die Rolle des
Vaters Christinens zu seinen besten zählen. In den kleineren Partien
boten Frl. Doninger (als fesches Weauer Madl) und Frau
Wellig (Klatschbase Binder) sehr Erfreuliches. Im Orchester
arbeitet eine Ratsche, wenn die Alte plappert. So konnte es nicht
ausbleiben, daß der Erfolg des Werkes bedeutend war. Nach den
Aktschlüssen wurden der Komponist und die Darsteller
vielmals gerufen, und am Schluß mußte auch Arthur
Schnitzler, den man unter dem Publikum entdeckt hatte, wiederholt
erscheinen. Herrn Neumann, der sich großer Beliebtheit erfreut,
mag der Lorbeer, den man ihm heute abend in reichstem Maße
spendete — das ist ja nun einmal Mode geworden —, als Ansporn
dienen, als Komponist auf dem eben betretenen Wege weiterzu¬
schreiten, mit derselben Liebe und Hingebung, die er in sein Erst¬
lingswerk gesenkt hat.
Leipziger Operettenaufführungen. Leipzig, 18. September.
. box 11/5
„ODSERTER
1österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Ausee.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianla,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Oselienangahe Oüme Doudarh.
Ausschnltt aus:
—FMuae Hanosio Kabhtfhiät
7
VDNT·
K
ubtung gelungen.
H.Fränkfurter Opernhaus. Man schreibt uns: Ar
mi Schnitzlers „Liebelei“ in der Vertonung von
Frmanfand bei der hiesigen Uraufführ¬
ung, wie bereits schon telegraphisch gemeldet, einen
außergewöhnlich starken Erfolg. Es ist ein merkwür¬
diges Zusammentreffen, daß das wirkungsvolle Wie¬
ner Drama seinerzeit gleichfalls in Frankfurt seine
allererste Aufführung erlebte, damals im Schauspiel¬
haus und jetzt die Premiere des gleichen Werkes als
Oper hier gegeben werden konnte. Franz Neumann,
ein Oesterreicher, wie Schnitzler, ist seit einigen
Jahren bei uns als Kapellmeister tätig und hat in
dieser Stellung sich schon häufig ausgezeichnet. Er
ist auch bereits mit kleineren Arbeiten vor die Oeffent¬
lichkeit getreten und hat sich dabei als bemerkenswer¬
tesTalent bewiesen. In seiner Oper hält er sich wörtlich
an den bekannten Text der „Liebelei“, indem er den
Dialog instrumental untermalt. Diese Instrumentier¬
ung zeigt uns den feinsinnigen Musiker von seiner
besten Seite, dessen besonderes Können in den
zartgetönten Lyrismen sich offenbart. Doch auch für
das Magische, das wie eine düstere Ahnung immer
wieder durch die Komposition gleitet, findet Nau¬
mann den rechten Ausdruck. Im Stil den Werken der
Jung=Italiener, speziell Puccini sich anlehnend,
ohne die persönliche Note außer acht zu lassen, ist die
Novität entschieden ein interessantes Musikdrama,
das seinen Weg mit Erfolg über die Bühnen machen
wird. Die Aufführung unter Dr. Rottenbergs
Leitung — die Regie führte mit Geschmack Inten¬
dant Jensen selbst — war eine recht gute. Fräulein
Sellin ist eine Spezialität für Rollen wie die der
„Christine“ und ihr Partner, Herr Geubner, sang
und spielte den „Fritz“ mit warmer Empfinbung.
Das dicht besetzte Haus wurde nicht müde, den Kom¬
ponisten mit dem Solopersonale, den Kapellmeister
und den Intendanten zu rufen. Ganz zum Schluß,
mußte selbst Artur Schnitzler seine Balkonloge ver¬
lassen und auf der Bühne erscheinen. — Dex Klavier¬
auszug ist in eleganter Aufmachung bei Schott
(Mainz) erschienen.
Madame Aino Ackté von der Großen Oper in
Paris gastiert bereits zum zweiten Male in die¬
sem Jahre als Salome bei uns. Die kinderhaft
liebliche Erscheinung, das faszinierende Spiel und
die prachtvoll geschulte Stimme, die selbst den grö߬
ten Anforderungen des von Kapellmeister
Schilling =Ziemssen glänzend geführten
Riesenorchesters mit Leichtigkeit folgte, lassen Frau
Ackté als die berufenste Vertreterin der Salome
erscheinen.
Aeu,
J, Pians.
Geni,
New-Vork, #u Scn Pancisco, Stockhiolm, St. Peters
burg, Toronto.
(Quelienangabe ohne Gewäer).
Ausschnitt aus:
Venslache Zeitung. Porl¬
& 9. 1910
Kam
„Liebele.“ Frankfurt a. M., 18. September. (Eig. Ber.)
Die erste Premiere der Wintersaison im Opernhaufe war die
Oper in drei Akten „Liebelei“ vom Kapellmeister an der Opern¬
bühne Franz Neumann. Es ist unseres Wissens das erste
größere Werk des noch jungen Komponisten. Mit einer gewissen
Kühnheit, die aber sympathisch ist, hat Neumann ein Schauspiel
vertont, das auf den deutschen Bühnen ein Heimatrecht
erworben und besonders in der Schilderung des Miliens
ArtbunSchnitzler darf mit
seine Hauptstärke hat.
den Komponisten seiner „Liebelei“ gewiß zufrieden sein. Es ist
geradezu erstaunlich, mit welcher Feinheit und Zartheit Neumann
dem Dichter gefolgt ist, wie er den Grundton der tragischen Liebelei
in Noten festzuhalten wußte und so die Einheitlichkeit auch in seiner
Oper wahrte. Die Anderungen und Kürzungen sind sehr geschickt er¬
folgt. Das Erfreulichste ist aber wohl, daß Neumann ein Erfindungs¬
Ein
genie — man darf diesen Ausdruck wirklich gebrauchen — ist.
reicher Born entströmt seiner musikalischen Begabung, befruchtet selbst
weniger wirksame Rollen des Schauspiels. Auch in technischer Be¬
ziehung zeigt sich schon der Meister. Die „Liebelei“ ist die Oper
eines Kapellmeisters, aber keine Kapellmeisteroper, unter der man
im allgemeinen eine tüchtige, durchaus korrekte, aber nicht befriedigende
Arbeit versteht. Wie schwer ist es zum Beispiel, den flotten Dialog,
der manchmal ganz Nebensächliches enthält, in musikalischen Fluß
zu bringen. Um nur gleich den Beginn der ersten Szene anzu¬
führen: Also es war niemand da? Nein, gnädiger Herr. — Den
Wagen könnten wir eigentlich wegschicken? Natürlich. —
Anfangs muteten diese musikalischen Gespräche etwas eigenartig an,
sie geraten auch leicht ins Monotone, weil es geradezu unmöglich
ist, stets hierfür Abwechslung zu finden. Doch das sind Bedenken,
die dem Ganzen nicht im mindesten Eintrag tun können. Die
lyrischen Partien sind prächtig geraten. Ein. Melodienreichtum, wie
er selten ist, durchzieht alle drei Akte und erinnert an Puccini. Zu
den schönsten Abschnitten müssen das lustige Abendessen, das Liebes¬
geständnis Christines im ersten Akt, der Abschied Fritzens
der tragische Schluß gerechnet
von der Geliebten und
werden. Dem Orchesterpart hat der Komponist begreiflicherweise
die größte Aufgabe gestellt. Die Instrumentation ist in allen Teilen
geschmackvoll und modern, ohne ins Übermoderne zu verfallen. Mit
Vorliebe wurden Harfenglissandi verwendet, wie überhaupt das
Weiche und Sentimentale ganz im Sinne der Dichtung vorherrscht.
Das Vorspiel zum 2. und 3. Akt verriet ein bedeutendes Können,
und der dramatische Abschluß der Liebelei erhebt sich auch im
musikalischen Teil zu imposanter Größe. Alles in allem: ein
höchst erfreuliches Werk, das sicher seinen Weg machen
dürfte, wenn die eine Hauptbedingung erfüllt wird: erst¬
Solopartien stellen große
klassige Besetzung, denn die
Anforderungen an den Einzelnen. Die Frankfurter Aufführung
war glänzend. Intendant Jensen hatte die Oper inszeniert und
einstudiert. Entzückende Bühnenbilder zeigten sich in den gemütlich
anheimelnden Stuben der Wiener Kleinbürger. Frl. Sellin gab
die bedeutendste Partie, die der Christine, mit Einsetzung
sympathisch wirkenden echten Künstlerschaft.
ihrer ganzen,
eine aus¬
Lobheimer bot
Herr Gentner als Fritz
gezeichnete Leistung. Sein Tenor entsaltete den vollen
Reiz, der ihm innewohnt. Als lustiger Freund Theodor
überraschte Herr Breitenfeld dessen Vielseitigkeit nicht genug
bewundert werden kann. Herr Schneider darf die Rolle des
Vaters Christinens zu seinen besten zählen. In den kleineren Partien
boten Frl. Doninger (als fesches Weauer Madl) und Frau
Wellig (Klatschbase Binder) sehr Erfreuliches. Im Orchester
arbeitet eine Ratsche, wenn die Alte plappert. So konnte es nicht
ausbleiben, daß der Erfolg des Werkes bedeutend war. Nach den
Aktschlüssen wurden der Komponist und die Darsteller
vielmals gerufen, und am Schluß mußte auch Arthur
Schnitzler, den man unter dem Publikum entdeckt hatte, wiederholt
erscheinen. Herrn Neumann, der sich großer Beliebtheit erfreut,
mag der Lorbeer, den man ihm heute abend in reichstem Maße
spendete — das ist ja nun einmal Mode geworden —, als Ansporn
dienen, als Komponist auf dem eben betretenen Wege weiterzu¬
schreiten, mit derselben Liebe und Hingebung, die er in sein Erst¬
lingswerk gesenkt hat.
Leipziger Operettenaufführungen. Leipzig, 18. September.