II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 933

5. Liebelei
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der Altohol ihm die Sinne umnehelt, wird der Gärtner geschwätzig] Lage zum Trotz und mit persönlicher überwindung eines in Schau¬
spielerkreisen so gefürchteten Aberglaubens, das Theater äußerlich
und verrät sein Geheimnis, sodaß die Hofarbeiter schon anfangen
zu restaurieren und innerlich seiner Kunst neuen Odem einzu¬
zu klatschen. Um dem ein Ende zu machen, fordert die Jäger¬
hauchen. Obwohl das bekannt gegebene Repertoire des Komödien¬
meisterin, die als Typus einer kampfesharten und willensstarken,
hauses einen starken Stich ins Moderne zeigt, griff der Direktor in
dabei aber alle Männer faszinierenden, schönen Frau gezeichnet
seiner Ouvertüre auf ein ganz altes Stück eines zwar sehr mo¬
ist. von dem Gärtner, daß er nach Amerika auswandern soll. Sie
dernen Dichters zurück. Hermann Bahrs Pasquill „Josephine",
ringt seinen Widerstand nieder, wirft ihm seinen Lebenswandel
das besser den Titel trüge „Der große Napoleon in seinen Nöten“,
vor und bringt ihn endlich dazu, daß er verspricht, das Land zu
gab dem Hause die Weihe. Mehr noch als die gut stilisierte Dar¬
verlassen gegen das Gelöbnis, daß sie einst dem Kinde die Wahr¬
stellung mit der Frau des Direktors, Traute Carlser und dem
heit enthüllen werde. Aber die sonst so kluge Frau ist unvorsichtig
jungen Freiberrn von Wolzogen, machte die Inszenierung und
genug, den Gärtner, für den in ihrem Herzen noch eine Stimme
Regicarbeit Martins auf sich aufmerksam, die eine starke künst¬
spricht, noch zu einer abendlichen Abschiedsstunde ins Herrenhaus
le.ische Individualität, gesunde Traditionslosigkeit und eine gewisse
zu laden. Hier ist Annette so lieb, herzlich und zutraulich zu ihm,
Dos's eigenwilliger Unbekümmertheit um konventionelle Scha¬
daß er in Tränen ausbricht und vorschnell das Herrenhaus ver¬
blonen erkennen ließ. Auch in die Schablonen und Formen unserer
läßt. In mondheller Sommernacht hält er noch einmal mit dem
städlischen Bühnen ist ein umformendes, äuffrischendes Moment
Waldhüter vor dem alten Pavillon ein Trinkgelage ab und erschießt
gefahren: Es heißt Generalintendant. Noch ist Herr Volkner
sich dann in dem Pavillon in der Erkenntnis, daß er durch seinen
weit vom Meisterstuhle weg, in Leipzig. Aber die Furcht vor der
Tod alle aus zwangvoller Lage befreit, und in der Hoffnung, eines
Nichterneuerung vieler Verträge durch den kommenden Mann
ehrenden Andenkens gewürdigt zu werden. Annette mit ihrem
lastete wie ein vorausgeeilter Schreckensschatten über vielen
Bräutigam und der abgöttisch geliebten Mutter kommen auf einem
Bühnenmitgliedern. Glücklicherweise sollen sich bisher alle Kün¬
Mondscheinspaziergang zum alten Pavillon, sitzen plaudernd davor
digungsgerüchte als müßige Kombinationen erwiesen haben. Man
und gehen glückselig heim, ohne zu wissen, daß drin tot der arme
hat sogar ein früheres Mitglied des Schauspielhauses, Fräulein
Gärtner liegt, der sich selbst zum Opfer gebracht hat.
Rottmann, von München wieder zurückgeholt. Nun hat das konser¬
Man sicht, daß die Handlung an sich nicht neu und außerdem
vative Frankfurter Theaterpublikum, das imstande wäre, vor einem
für vier Akte nur mühsam ausreichend gemacht ist. Große Längen,
Wedekind oder Shaw das Abonnement zu kündigen — seine be¬
besonders im ersten und dritten Akt, wirken ermüdend und die
kömmliche Heroine wieder und Fräulein Rottmann ein verständ¬
ziemlich starke Rührseligkeit gereicht dem Werke nicht zum Vorteil.
nisvolles Publikum für ihre Rose Bernd, ihre Medea und ihre —
Man wird oft an einen Renan der Gartenlauben=Marlitt er¬
Gräfin von Gleichen. Mit Wilhelm Schmidtbonns Schau¬
innert. Andererseits entschädigen einige feine Szenen und zahl¬
spiel „Der Graf von Gleichen“ hat nämlich das Schau¬
reiche scharf beobachtete Züge in den Charakteren die einzelnen Per¬
spielhaus nun offiziell die Winterkampagne begonnen. Die Auf¬
sonen, von denen die Jägermeisterin und der Waldhüter weit
nahme des Werkes war freundlich, wenn auch nicht übermäßig
besser gelungen sind als die tragische Tat des Stückes selbst. Das
warm. Die aus der Tiefe der Jahrhunderte ausgegrabene Gestalt
Premierenpublikum, das literarische Ansprüche zu machen gewöhnt
des thüringischen Grafen mit seinem seltsamen Zwitterverhältnis
ist, ließ zwar diese Feinheiten und einige starke Stimmungseffekte
zu zwei wesensfremden Frauen blieb vielen unverstanden. Da
gern auf sich einwirken, hielt sich aber doch so zurück, daß eigentlich
halfen auch die Gedankenüberlasteten, geschmeidigen Verse Schmidt¬
nur von einem Darstellungserfolge zu reden ist. Unter der fein
bonns nicht hinweg. Man möchte sagen: leider. Weniger kritisch
empfundenen, manchmal im Detail fast allzu liebevollen Regie
gestimmt war man im Opernhaus, dessen erste Tat seinem Kapell¬
Ernst Lewingers, mit Frau Salbach und den Herren
meister Franz Neumann galt. Daß der tüchtige Musiker
]Wahlberg und Fischer in den Hauptrollen erlebte die Neu¬
schon mancher Operettenmelodie Leben gegeben hatte, die dann
heit eine Wiedergabe, die geeignet war, die Schwächen des Werkes
unter der Flagge eines anderen „Komponisten“ segelte, war be¬
soweit als irgend möglich zu verdecken. Vermutlich werden sich die
eater
kannt. Neu war Neumann als stimmungsvoller lyrischer Opern¬
Abonnenten aber mehr an dem Stück erbauen als die literarischen
komponist, wie er sich in der Vertonung von Schnitzlers „Liebe¬
G.=Mitarbeiter wird und
Leute.
lei“ präsentierte. Trotzdem aber darf es nicht verschwiegen wer¬
den, daß sich die Frankfurter in dem etwas stark lokalpatriotisch
Aus Frankfurt a. M. schreibt uns unser m.=Mitarbeiter:
Der alte Pavillon“
gefärbten Erfolg des Guten etwas zu viel getan haben. Selbst die
Ein Tropfen frischen kräftigen Theaterblutes ist wie heil¬
aus zu Dresden ergab am
Kritik hat es nur ganz vereinzelt gewagt zu sagen, daß Herr Neu¬
samer Balsam in unser etwas farbloses, fast schleichend dahin¬
Der bekannte Verfasser
mann hie und da auch etwas „Kapellmeistermusik“ hat unterlaufen
fließendes Frankfurter Theaterleben gefallen. Unsere städtischen
en Werke versucht, ernste
lassen. Von den musikalischen Blasphemien nicht zu reden, daß er
Bühnen haben eine neue Konkurrenz erhalten, die gleich¬
ht zu einem rechten künst¬
in hochdramatischen Szenen Stellen des Schauspiels, wie z. B.
zeitig mit ihnen in einem verheißungsvollen Pulsschlag die Saison
Jägermeisterin hat vor
„gib mir ein Streichholz“ in Streichmusik übersetzte. Solche Stim¬
eröffnete. — Am Ende der bekannten Frankfurter Zeil, an der so¬
e krank auf seinem Gute
mungsraubanfälle wurden mehrfach verübt — aber gütigst mit in
genannten Konstabler Wache, vegetierte seit einigen Jahren das
Bärtner Gefallen gefunden
den rauschenden Beifall für Neumann=Schnitzler mit ausgenommen.
##rirter Residenztheater. Schmarotzte so dahin wie ein ver¬
Da
Zeuge ihrer Liebesavenoe
Was uns unsere Theater nun in den folgenden Wochen vorsetzen
gessenes, verwachsenes „Stiefmütterchen“ am steinigen, sonnenlosen
zu Lebzeiten des Jäger¬
werden, das müssen wir eigentlich die — Berliner fragen. Was
Wege. Neue Truppen gingen in ihm ein und aus, neue, wie die
Kind, aber ihr Vater ist
dort gefällt — ist bei uns noch immer beliebt. Frankfurt liegt
Mondphasen am Himmel und alte Schwänke nach Pariser Art
ichsen sehen und sich ven
zwar im Mittelpunkt Deutschlands — aber auch im Herzen der
luden die dumpfige Atmosphäre des Theaterchens noch stärker. Die
vie es seine Stellung mit
Provinz. Und die Provinz schielt nun einmal nach Berlin, das
Gäste aber wurden trotzdem und trotz großartig inszenierten Frei¬
kte eine so leidenschaftliche
1 es schilt. Ob wieder ein „dunkler Punkt“ oder ein „Konzert“
billettbetriebes von Jahr zu Jahr und schließlich von Tag zu Tag
jen ist. Während nun die
die Kassen und die Kunst retten wird? Egal. Ein „Neues Theater“
weniger. Verdorrt, verwelkt mit kranker Wurzel, starb es diesen
henden Kindes sich sonnte,
legt in diesen Tagen neben den vielen kleineren Tempeln als so
Sommer eines sanften, raschen und wenig betrauerten Todes.
ste und dort sogar einen
und so vieltes seinen Grundstein und im nächsten Herbst präßdieren
Nun kat es als Frankfurter Komödienhaus die Tore
kersohn fand, verzehrte sich
dort als Direktoren zwei Schauspieler, die jetzt noch am Schau¬
wieder weit geöffnet. Ein Mannheimer, Direktor Karl Heinz
übt sich dem Trunke, wobei
seipkumpan findet. Wenn ]Martin. bat es gewagt, allen Vorurteilen der wenig günstigen 1 spielhause wirken, den kommenden Generalintendanten aber nicht