II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 944

5. Liebele
box 11/5
Fran; Jse A
n
taler
Oberlieutenant Rudolf Lang u. a.
die
Stils
Neumann-Schnitzlers Oper „Liebelei“.
ichen
(Original=Korrespondenz der „Neuen Freien Presse“.)
iben
Frankfurt a. M., 30. Oktober.
aus¬
Die Frage nach dem Textbuch der modernen Oper hat
jedes
seit Wagner sich immer brennender gestaltet. Wie viel Gutes
and¬
ist an dem schlechten, unpsychologischen oder gar unlogischen, un¬
und
interessanten Libretto gescheitert! Wohl begann das künstlerische
ziale
Gewissen derzeit mit Wagner zu fühlen, daß es nicht mehr anging,
wie Worte singen zu lassen, die zu dumm waren, um gesprochen zu
werden. Und doch war immer noch die Textfrage die schwierigste
ffen,
auf dem schwierigen Gebiet der Wagner=Nachfolge. Man hielt
feste Umschau nach bekannten Stoffen, die zu Operntexten ver¬
arbeitet wurden, was wahrlich auch nicht immer das Richtige
aber
war. Nicht jeder Tondichter war ein Wortdichter, der Wagner
glück¬
oder anderen gewachsen war, und selbst als Tondichter war
mm¬
nicht jeder dem erwählten Wortdichter gewachsen. Da fand
noch
man den Ausweg, bereiis vorliegende Dramen von litera¬
sehr
rischem Werte zu Opern zu erheben. ... Man braucht nur
kirch¬
die Namen Debussy und Richard Strauß zu hören, um zu
des
wissen, was gemeint ist um sich zu erinnern, wie bei ihnen
ztsein
Maeterlinck, Wilde und Hugo v. Hofmannsthal erklangen.
ließ
Ihrem guten Vorbild entsprach nun Franz Neumann.
von Geburt Oesterreicher und seit Jahren zweiter Dirigent
men.
unserer Oper, als er den kühnen, jugendfrohen Griff nach
des Wieners Artur Schnitzler erfolgreichem Schauspiel
durch
„Liebelei“ machte.
ions¬
Was an dem Werke des jungen Komponisten so be¬
uden¬
sonders wohltuend auffällt, das ist das Fehlen jeglicher spitz¬
Ver¬
findigen Reflexion. Frisch und unbesorgt greift er zu und
und
findet nicht nur einen sehr natürlichen musikalischen Plauder¬
chner
ton und Konversationsstil, sondern auch eine Reihe glücklich
erfall
erfundener, Stimmung fördernder und vertiefender Themen
Mit
und Motive, die zum Teil eine echte Wiener Färbung auf¬
dem
weisen. Er schöpft dabei ganz aus dem Geiste der Dichtung,
jenem liebenswerten feinsinnigen, dramatischen Sang von
tober
echter Liebe und Liebelei, tragisch=ernstem und leichtfertigem
zu¬
Leben, den uns Artur Schnitzler warm, lebendig und
keinen
typisch gestaltet hat. Besonders sein erster Akt ist von Neu¬
und
mann sehr lebendig nachempfunden worden. Zu seiner tempe¬
zialen
ramentvollen Grundstimmung, die sich bei dem Nachtmahl mit
ramm
den lieben Mädeln zu einem echten Wiener Valzer aufschwingt,
findet er einen guten lyrischen Gegensatz in einem weich,
er
hingebungsvoll aufblickenden Motiv Christinens und einem
Liebeslied aus dem „Locheimer Liederbuch“, das sie am
selbst
Klavier singt. Der Auftritt des beleidigten Ehegaiten und
seine Herausforderung bringt dann starken dramatischen Ein¬
schlag. Stimmungsvoll klingt der Akt nach dem Abschied
der beiden Mädchen und dem verhallenden, tändelnden
Motiv der Mizzi aus. Der zweite Akt vertieft zu¬
ages.
nächst die lyrische Stimmung als Vorbereitung für die Szene
in der Wohnung Christinens und ihres Vaters. Er beginnt
nber.
mit einem seinfarbigen Vorspiel, das auch ein hübsches Fugato
den
bringt. Des Vaters Schilderung von seinem Gang durch den
Nonate
erwachten Frühling, die Liebesszene, die auch vor einigen
Prosaismen, die nicht zu umgehen waren, nicht zurückscheut,
igen
wird zum Ausspinnen reicher, klangschöner Melodik verwendet,
ssegger
in der nur ein etwas billiges Liebesthema auf zerlegtem Drei¬
id der
klang in einfachen Harmonien auftaucht. Der lebhaft erfundene
Kontrast ist hier die treffend geschilderte klatschsüchtige Nach¬
eigene
barin. Dem dritten Akt ist ein noch längeres Vorspiel voran¬
relativ
gestellt, das sich bemüht, einen tragischen Ton zu finden, das
jeden¬
aber leider ein wenig im Sentimentalen und Konventionellen
stecken bleibt. Trotz mancher guten und geschickten Einzelheit
sind
berührt es nicht recht organisch. In der Folge findet der
Komponist dann noch manch wuchtigen Klang; er vertraut
katen¬
sich vielleicht zu sehr dem italienischen Fuocostil, den
it es
wir von Leoncavallo, Puccini und d'Albert kennen, ohne
rund¬
immer eine tiefe Wirkung zu erreichen. Dennoch bleibt er der
des
gewandte Musiker, dem immer wieder etwas „einfällt“, wäh¬
rend so manchem anderen nichts einfällt als höchstens ein Luft¬
schloß! Und alles, was Neumann in seiner Sprache des
jungen, zukunftsfrohen Dramatikers uns sagt, ist klangvoll,
überaus sinnlich und mannigfaltig instrumentiert.
Die neue Oper, die den dramatischen Konversationsstil
iber.
mit ihrer gesunden, sicheren Deklamation bereichert, hat sich
: Die
bisher gut auf dem Repertoire gehalten. Ihr Erfolg bei der
ericht¬
Uraufführung war sehr stark. Der Komponist und Artur
Schnitzler, der anwesenb war, wurden mehrmals lebhaft ge¬
sren
rusen, zugleich mit unserem Kapellmeister, Herrn Doktor
im
Rottenberg, der das Werk des Kollegen ausgezeichnet
ins
interpretierte, und dem Intendanten, Herrn Paul Jensen,
dem
der die stimmungsvolle Inszenierung besorgt hatte. Auch die
jeder
Darstellung auf der Bühne geschah sichtlich mit Liebe und
ein
Sorgfalt. Lisbeth Sellin schuf die rührende Gestalt der in
ihrem Empfinden aufblühenden und welkenden Christine mit
die
großem, hiefür gerodezu prädestiniertem Geschick, während Karl
Gentner den Fritz temperamentvoll und überzeugend ge¬
staltete. Das lauere Gegenpaar gaben Lina Doningen.