II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 962

Liebelei box 11/6
5. A
Telephon 12.801.
„OSSLEN
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Quelienangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
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vom:
ace Wickor 1ngbiat.
* Die neue Oper des Frankfurter Kapellmeisters
Franz Neumann „Liebelei“ deren Text das be¬
kannte Schauspiel von Artur Schnitzler zugrunde
liegt, wurde jüngst auch in Kor#ie „Köin.
Ztg.“ berichtet: „Mit diesem an mehreren ausweertigen
Bühnen bereits erfolgreich aufgeführten neuen Werk Franz
Neumanns hat die hiesige Opernbühne ihren Spiel¬
plan anscheinend sehr aussichtsvoll bereichert. Die Auf¬
nahme beim Publikum trug alle Anzeichen eines dauernden
Erfolges, und noch mehr als die zahlreichen Hervorrufe
des Komponisten und der Mitwirkenden bekräftigte das
der allgemeine tiefe Eindruck, den es den Hörern hinterließ.
Neumann besitzt nahezu alles, was zum Opernkomponisten
erforderlich ist: Erfindung, Phantasie, Theaterkenntuis,

melodiösen Sinn, dramatische Durchschagskraft, gewählte
und wirksame Instrumentation. Sein Bestes gibt er in der
Zeichnung des Liebesverhälinisses. Hier schlägt er Töne
an, die eine innige Versenkung in den Stoff bekunden und
einem unmittelbar quellenden Empfinden entstammen. So
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wechselt, je nach der Handlung, Gefalliges mit Packendem,
Scherzhaftes mit Ergreifendem. Charakteristisch dafür ist
die mehr symphonische Behandlung der Musik; er spinnt
auf Grund eines durchgehenden Motivs den musikalischen
Faden weiter, auch wenn im Text nicht alles dazu stimmt,
er malt al fresco. Unser Gesamturteil geht dahin, daß
das Wert sich längere Zeit auf der Bühne halten wird,
und daß Neumann sich darin als ein hervorragend begabter
Tonsetzer erwiesen hat, dem nur größere Sichtung seiner
Erfindung und weitere Ausreifung seiner musikdramats¬
schen Technik nottun.“
Telepben 12.391.

„UBSERTER
1. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Assechaltte
Wien, I., Conoordiaplats 4.
Vertretungen
in Beriln, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianta,
Gent, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minnespolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
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Signale für die
Ausschnitt aus:
musikalische Welt
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vom:
Unsere Oper hat, wie immer, ausserordentlich fleissig gear¬
Köin.
beitet. Eine Unmenge verschiedener Werke liess den Bericht¬
1 Anfang Dez.
erstatter in den ersten beiden Monaten nicht zur Ruhe kommen;
*
darunter Neueinstudierungen von Spinellis A basso porto, Königin von Saba,
d’Alberts Abreise usw. Mit der alten Lucia suchte uns Oberregisseur d’Arnals
besonders zu fesseln, indem er die Inszenierung stilisierte durch Zuhilfe¬
nahme von Vorhängen und Draperien aus kupferbraunem Plüsch, der mal
Geheimrat Martersteig bei einer neuartigen spanischen Aufmachung von Hebbels
Herodes und Mariamne treffliche Dienste geleistet hatte. Natürlich ist
Donizetti ein anderer als Hebbel. „Zeitlose“ Kostüme waren ebenfalls auf¬
geboten. Was heisst zeitlos? Was in die Zeit der schaurigen Luciahandlung
nicht passt? Da Herr d’Arnals den Wald durch eine Tanne und den Friedhof
durch eine bleiche Kirchhofsmauer andeutet, fand man Plüsch (Stili¬
sierung) und lebende Tanne (Naturalismus) usw. friedlich vereint. Gewiss im
ganzen ein interessantes Experiment, das Herrn d’Arnals reformatorischem Denken
Ehre macht, aber ein misslungenes. Die klassische und romantische Richtung
wurde ebenso ergiebig gepflegt wie die neuzeitige, musikdramatische. Das Aus¬
land kam ebenfalls nicht zu kurz. Dass sich unser Spielplan sehr mannigfaltig
gestalten konnte, ist auch das Verdienst unseres neuen Heldentenors Modest
Menzinsky. Wirklich eine Errungenschaft! Ein Künstler, der sich nicht nur
auf den Deklamationsstil, sondern auch auf den Kunstgesang versteht, von un¬
gewöhnlich schönen, völlig durchgebildeten Mitteln und von grosser musikalischer
wie dramatischer Gestaltungskraft. Des Rings freuten wir uns schon zweimal,
besonders eindringlich wurde er unter Lohses Leitung geboten. Als örtliche
Novität wurde Schillings Ingwelde gegeben; schöne Musik, aber doch an
ein schwaches Buch vergeudet, und eine Musik, die sich, wenn auch ohne An¬
klänge, zu sehr des Wagner’schen Musikdramastils bedient, um uns heute, nach¬
dem die Wagnerepigonen so ziemlich erledigt sind, noch so recht packen zu
können. Die Aufführungen unter Lohse waren vortrefflich mit Frau Guszalewicz
in der Titelrolle, mit Winckelshoff und Liszewsky; auch die Inszenierung des
Direktions-Assistenten Karl von Behr war sehr geschickt und hatte Mängel der
Handlung gemildert. Die zweite Novität war Franz Neumann’s Liebelei.
Die Idee, ein Schauspiel — das Schnitzler'’sche — fast Wort für Wort in Musik
zu setzen, darunter Stellen wie „Wo-Näst-dü denn den Stopfenzieher?“... „Ach,
Schiller — Hauff und das Konversationslexikon — Donnerwetter!“ nicht ausge¬
schlossen, ist etwas schnurrig, aber Neumann kommt mit einem Parlando —
Schnellverfahren über die Worte hinweg, ohne dass die Oper zu lang würde.“
Sie ist gesanglich ziemlich uninteressant, fesselt dafür umsomehr durch das Or¬
chester, in dem es auch sehr melodiös un doft sogar bis zur Trivialität ungesucht
hergeht. Dem tragischen Element sucht Neumann auf sehr geräuschvolle Weise
beizukommen, Am meisten stossen die Rührseligkeiten der beiden letzten Akte
auf empfängliche Gemüter. Der hiesige Erfolg ist gross, aber auch die von
Lohse geleitete Aufführung mit den Damen Fink und Dux, und den Herren Lis¬
zewsky und Winckelshoff schlechthin vollendet.