Liebelei
5. box 12/1
S
Ausschnitt aus
as Theater, Berlin
vom:
LbReR 1911
Kapellmeiltermulik
SLIEBELEIx von Franz Neumann
Libretto von Arthur Schnitzler 7 Komische Oper, Berlin
Zur lelben Zeit, da die „Königskindere Humperdincks
dem neuesten Ausweis der deutlchen Bühnenltatiltik zufolge
kaum ein Dutzend Aufführungen im ganzen Reich erzielten,
öffnen lich der gröblten mulikalilchen Gelchmacksverirrung
und Stilwidrigkeit, wie lie der Frankfurter Theaterkapell¬
meilter Franz Neumann in leiner (leiner?) „Liebeleie
betätigt, die Pforten von liebzehn Bühnen. Während lich
jeder nur halbwegs künftlerlich empfindende Menich
schaudernd abwendet von dielem zulammengeborgten
Klingklang, mit dem ein kalt berechnender Routinier die
übellten Initinkte des Publikums kitzelt, klatichen ihm alle
Die Rürmilchen Beifall, die aus Verlehen dem Komponilten
kein Zweifel darüber lein, daß lediglich die ergreifende
Handlung Schnitzlers auf die Zuschauer wirkt. Selblt die
Kitichmulik eines Franz Neumann kann diele Wirkung
nicht beeinträchtigen.
Es war Gregors Ablchied von leiner Bühne. Von
Berlin überhaupt. Zum Ablchiednehmen jult nicht das
rechte Werk. So verlief die Trennung trotz Beifall
und Hervorruf ein wenig flüchtig. Keinesfalls wurde
die Intenlität der Gefühle erreicht, wie lie etwa bei
lcheidenden Tenören oder angebeteten Helden zu kon¬
Itatieren ist. Da überdies die Ausstattung
der zLiebeleig ziemlich feltstehtund ohne
das Riliko bewußter Aufdringlichkeit nicht
welentlich geändert werden kann, lo blieb
für den Regilleur Gregorf nicht viel mehr
übrig, als für ein lauber abgerundetes Bühnen¬
bild und für anmutige Bewegungen Sorge
zu tragen.
Die Künitler gaben lich redlich Mühe, in
der Darltellung die Vorlage (das Schaulpiel)
zu erreichen. Keinem und Keiner gelang es.
Aus dieler theatralilchen Verlogenheit, in die
das feine Schnitzleriche Schaulpiel durch die
Veroperung geraten ist, gibt es kein Ent¬
rinnen. So wurde jede Gelte zu einer Un¬
wahrheit, jedes Wort zu einer Mtililtilchen
Entgleilung. Fräulein Labia, stark tremo¬
lierend wie immer, fiel völlig ins Sentimen¬
tale, entichädigte aber andrerleits doch durch
glanzvolle Töne in der Höhenlage. Herr
Nadolovitch kam weder Rtimmlich noch
darltellerilch über ein anltändiges Mittelmaß
hinaus. Nur Frau Seebold charakterilierte
ihre Klatichhafe mit Glück. Auch Ferr
Armiter, der den *Herrne gab, wirkte gut
in Spiel und Erscheinung, wenn auch nur für
einige knappe Minuten.
Vortrefflich war das Orchelter unter Herrn
v. Reznicek, der die ganz virtuole Instru¬
mentation des Komponilten glänzend zur
Geltung brachte. Schade, daß Franz Neu¬
mann leine zweifellos Itarke Theaterbegabung
und lein ausgelprochen mulikdramatilches
Talent lo Tkrupellos und unkünltlerilch ver¬
Paul Zfchorlich
wendet hat.
5. box 12/1
S
Ausschnitt aus
as Theater, Berlin
vom:
LbReR 1911
Kapellmeiltermulik
SLIEBELEIx von Franz Neumann
Libretto von Arthur Schnitzler 7 Komische Oper, Berlin
Zur lelben Zeit, da die „Königskindere Humperdincks
dem neuesten Ausweis der deutlchen Bühnenltatiltik zufolge
kaum ein Dutzend Aufführungen im ganzen Reich erzielten,
öffnen lich der gröblten mulikalilchen Gelchmacksverirrung
und Stilwidrigkeit, wie lie der Frankfurter Theaterkapell¬
meilter Franz Neumann in leiner (leiner?) „Liebeleie
betätigt, die Pforten von liebzehn Bühnen. Während lich
jeder nur halbwegs künftlerlich empfindende Menich
schaudernd abwendet von dielem zulammengeborgten
Klingklang, mit dem ein kalt berechnender Routinier die
übellten Initinkte des Publikums kitzelt, klatichen ihm alle
Die Rürmilchen Beifall, die aus Verlehen dem Komponilten
kein Zweifel darüber lein, daß lediglich die ergreifende
Handlung Schnitzlers auf die Zuschauer wirkt. Selblt die
Kitichmulik eines Franz Neumann kann diele Wirkung
nicht beeinträchtigen.
Es war Gregors Ablchied von leiner Bühne. Von
Berlin überhaupt. Zum Ablchiednehmen jult nicht das
rechte Werk. So verlief die Trennung trotz Beifall
und Hervorruf ein wenig flüchtig. Keinesfalls wurde
die Intenlität der Gefühle erreicht, wie lie etwa bei
lcheidenden Tenören oder angebeteten Helden zu kon¬
Itatieren ist. Da überdies die Ausstattung
der zLiebeleig ziemlich feltstehtund ohne
das Riliko bewußter Aufdringlichkeit nicht
welentlich geändert werden kann, lo blieb
für den Regilleur Gregorf nicht viel mehr
übrig, als für ein lauber abgerundetes Bühnen¬
bild und für anmutige Bewegungen Sorge
zu tragen.
Die Künitler gaben lich redlich Mühe, in
der Darltellung die Vorlage (das Schaulpiel)
zu erreichen. Keinem und Keiner gelang es.
Aus dieler theatralilchen Verlogenheit, in die
das feine Schnitzleriche Schaulpiel durch die
Veroperung geraten ist, gibt es kein Ent¬
rinnen. So wurde jede Gelte zu einer Un¬
wahrheit, jedes Wort zu einer Mtililtilchen
Entgleilung. Fräulein Labia, stark tremo¬
lierend wie immer, fiel völlig ins Sentimen¬
tale, entichädigte aber andrerleits doch durch
glanzvolle Töne in der Höhenlage. Herr
Nadolovitch kam weder Rtimmlich noch
darltellerilch über ein anltändiges Mittelmaß
hinaus. Nur Frau Seebold charakterilierte
ihre Klatichhafe mit Glück. Auch Ferr
Armiter, der den *Herrne gab, wirkte gut
in Spiel und Erscheinung, wenn auch nur für
einige knappe Minuten.
Vortrefflich war das Orchelter unter Herrn
v. Reznicek, der die ganz virtuole Instru¬
mentation des Komponilten glänzend zur
Geltung brachte. Schade, daß Franz Neu¬
mann leine zweifellos Itarke Theaterbegabung
und lein ausgelprochen mulikdramatilches
Talent lo Tkrupellos und unkünltlerilch ver¬
Paul Zfchorlich
wendet hat.