Liebelei
box 12/3
5. S
Ausschnitt aus: Montägs-Biatt (publ. Blätt.), Wien
vom:
# MAl 1012
S
(Deutsches Volkstheater.) Zu—Schnitzlers 50sten Geburts¬
tag wurde „Liebeléj“ mit Frl. Ehren und Herrn Günther
aufgeführt. Die junge Künstlerin par von starker Wirkung und
reichte in den dramatischen Stellen des letzten Aktes, dies ein
besonderes Lob, an die Hannemansi heran, vor der sie den Vor¬
teil einer Spraché hatte, die nicht sso antischnitzlerisch norddeutsch
war, wie die des Frl. Hannentgnn. Hr. Günkher gehört zu den
sympathischesten unker den Jungen des Volkstheaters; ein Theo¬
dor Kaiser (das männliche Seitenstück zum süßen Mädel) ist er
nicht. Der „grüne Kakadu“ der den Abend beschloß, hat wieder
mit Ineinandergreifen von Spiel= und Wirklichkeit an= und auf¬
geregt. — Samstag, Nestroy=Abend: „Der gebildete Hausknecht“
„Die schlimmen Buben“ — „Zwölf Mädchen in der Uniform“.
Alle drei Stücke mit Thaller, der auch die Regie besorgte. —
Das Volkstheater hat sich ein großes Verdienst erworben, als es
den 50. Todestag Johann Nestroys in einer so würdigen
Weise feierte. Die besten Schalkkünstler hat es in das Treffen
geführt, um an dem Todestage keine traurige Stimmung auf¬
kommen zu lassen und die lustigsten Stücke aus Nestroys Nach¬
laß herausgeholt, ja sogar eine Premiere veranstaltet, um uns
lachen zu machen. Allen voran gebührt Thaller die unbestrit¬
tene Palme ehrlichsten Erfolges, Dieser ausgezeichnete Künstler
der in seinen ernsten Rollen uns tief und warm erregt, verfügt
über eine so köstliche, strahlende Laune, wenn er Nestroy spielt,
daß man seine helle Freude daran hat. Sein Sansquartier im
letzten der drei Einakter, ist ein Kabinetstück, das ihm wohl kein
Wiener Künstler nachspielt. Neben ihm ist in erster Linie Rus¬
seck zu nennen, der ein Komiker der guten alten Wiener Schule
ist. Sehr flott und voll Witz und Komik waren Weiß, Kirsch¬
ner, Höller und Ehmann, Die Damenrollen lagen in den
Das
bewährten Händen der Fräuleins Pellar und Föry.
ausverkaufte Haus jubelte Nestroy und seinen prächtigen Inter¬
preten zu und war fröhlichster Laune.
(Lustspieltheater.) Auch hier eine Schnitzlerfeier und wahr¬
lich nicht die erste, die Jarno begehen ließ, die Hansi Niese ze¬
lebrierte. Denn gerade in diesem „Vermächtnis“ haben wir sie
ja bereits bewundern dürfen und ihre magdlich=mütterlichen We¬
helaute hallten uns seit damals unvergeßlich im Ohr. Welch
eine Tragödin, diese Komikerin. Nein, nur eine Humoristin kann
so echt die Tragik veranschaulichen. Es wurde vel geweint und
nicht auf der Bühne allein, die einem sukzessiven Sterben von
Vater, Mutter und Kind und tausend Gefühlen dazu Kulissen
und Bretter leiht. Herrn Lessens Dr. Schmidt vorzüglich und
Frl. Kovacs wieder sehr lieb. Herr Maran diesmal unleidlich;
kein schönfärberisches, literarisches Aesthetentum wird ihm oder
uns einzureden vermögen, daß diese läppischen Schwanknnancen
die schon zur Manier erstarrt sind, anders wirkten, als de¬
plaziert und ärgerlich.
(Schülervorstelung Gothov=Grünecke.) In einer sehr guten
Elad.—
u
Ausschnitt aus: Der Morgen Wien
vom:
W
Deutsches Volkstheater.
Eine nette Schnitzlerfeier. „Liebelei“ mit Fräulein Käthe
Ehren als Christine. Sie hat sich ja endlich Mühe gegeben, aber
es langt yicht. „Der alte Musikus „ist eine der besten Rollen
Kutscheras bisam Schluß versagt er. Edthofer und
Günther brav, Fräulein Waldow famos. — Dann „Der
grüne Kakadu“. In dieser Aufführung kam einem das Werk
maßlos überschätzt vor. Es war aber nur ein Mißverstehen der
Regie, ein Einschlafen der Darstellung. Am besten: Frau Galafrès,
Herr Weiß, Herr Homma. — Zur Nestroy=Vorfeier
gab es einen Thaller=Abend. Man kann diesem großen
Künstler kein besseres Lob bieten, als durch die Feststellung,
daß Nestroy dabei zu vollen Ehren kam. Aus Pietät wurde
die Vorstellung aus zwei oft gegebenen Einaktern und einer
„Neuaufführung“ zusammengeleimt, aber aus Freude an den
tiefmenschlichen Possenscherzen des Dichters füllte das Publi¬
kum das Haus. Der Direktor läßt sich immer wieder davon
überraschen, wie dankbar Pietät ist, mit der man es ernst meint.
Neben Thaller, der von hinreißender Echtheit ist, zeichneten sich
im „gebildeten Hausknecht", in den „schlimmen Buben in der
Schule“ und in der Novität „Zwölf Mädchen in Uni¬
form“ Fräulein Mizzi Pellar, Fräulein Waldow und
Frau Föry, die Herren Amon, Weiß, Russek,
Huber und Kirschner sowie die kleine Wurzel aus,
die den Ries spielte.
h. 1.
Ausschnitt aus: Der Montag, Wien
vom:
—
Theater und Kunst.
Deutsches Volkstheater. Als Feier von Schnitzlers
fünfzigstem Geburtstag eine Neuinszenierung seiner „Lie¬
belei“ und des „Grünen Kakadu.“ Der schlichteste, einfachste
gradlinigste Schnitzler, sowie er Befreier von allem ab¬
gestorbenen Kram melodramatischer Zeiten wurde, die
Reinkultur sseiner Dichtungswesenheit ist in diesem edelsten
Würf, in dieser „Liebelei“ fast literarhistorisch festgelegt.
Lebendig ist dieses Schauspiel, wie am ersten Tag, jung ist
es geblieben, trotzdem es Schule gemacht und die Umhülle
des Programmstückes eines wienerischen Naturalismus ist
von ihm gefallen. Jetzt steht es als des Dichters menschlich¬
stes, seelischer Einfachheit vollstes Kunstwerk vor uns und
so ist es auch in seiner Wirkung grandios. Die Darstellung
tat viel Gutes, wenn auch nicht mehr und die Damen,
Waldow und Ehren, die Herren Kutschera, Günther, Edt¬
hofer sind lobend zu erwähnen.
„Der grüne Kakadu“ die mit metsterhafter Technik
gearbeitete Groteske zeigt Typen von ungemein scharfer
Charakteristik, ein wilder Humor, der durch das Ganze
weht, weist einen andern Schnitzler, nicht weniger künstleri¬
scher Werte voll und auch dieser Einakter gibt sich histo¬
risch: Er stieß auf Widerspruch, aber das war 1899 im
Burgtheater; da pflegten sie noch ausschließlich die läp¬
pische Gesellschaftskomödie. — Die Verbrecherbude präsen¬
tierte sich außerordentlich gut und die Darstellung klappte
vorzüglich im Spiel. Vortrefflich Frau Galafres, Herr
Kramer, Herr Homma. Der Abend war des Dichters
würdig.
hu.
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5. S
Ausschnitt aus: Montägs-Biatt (publ. Blätt.), Wien
vom:
# MAl 1012
S
(Deutsches Volkstheater.) Zu—Schnitzlers 50sten Geburts¬
tag wurde „Liebeléj“ mit Frl. Ehren und Herrn Günther
aufgeführt. Die junge Künstlerin par von starker Wirkung und
reichte in den dramatischen Stellen des letzten Aktes, dies ein
besonderes Lob, an die Hannemansi heran, vor der sie den Vor¬
teil einer Spraché hatte, die nicht sso antischnitzlerisch norddeutsch
war, wie die des Frl. Hannentgnn. Hr. Günkher gehört zu den
sympathischesten unker den Jungen des Volkstheaters; ein Theo¬
dor Kaiser (das männliche Seitenstück zum süßen Mädel) ist er
nicht. Der „grüne Kakadu“ der den Abend beschloß, hat wieder
mit Ineinandergreifen von Spiel= und Wirklichkeit an= und auf¬
geregt. — Samstag, Nestroy=Abend: „Der gebildete Hausknecht“
„Die schlimmen Buben“ — „Zwölf Mädchen in der Uniform“.
Alle drei Stücke mit Thaller, der auch die Regie besorgte. —
Das Volkstheater hat sich ein großes Verdienst erworben, als es
den 50. Todestag Johann Nestroys in einer so würdigen
Weise feierte. Die besten Schalkkünstler hat es in das Treffen
geführt, um an dem Todestage keine traurige Stimmung auf¬
kommen zu lassen und die lustigsten Stücke aus Nestroys Nach¬
laß herausgeholt, ja sogar eine Premiere veranstaltet, um uns
lachen zu machen. Allen voran gebührt Thaller die unbestrit¬
tene Palme ehrlichsten Erfolges, Dieser ausgezeichnete Künstler
der in seinen ernsten Rollen uns tief und warm erregt, verfügt
über eine so köstliche, strahlende Laune, wenn er Nestroy spielt,
daß man seine helle Freude daran hat. Sein Sansquartier im
letzten der drei Einakter, ist ein Kabinetstück, das ihm wohl kein
Wiener Künstler nachspielt. Neben ihm ist in erster Linie Rus¬
seck zu nennen, der ein Komiker der guten alten Wiener Schule
ist. Sehr flott und voll Witz und Komik waren Weiß, Kirsch¬
ner, Höller und Ehmann, Die Damenrollen lagen in den
Das
bewährten Händen der Fräuleins Pellar und Föry.
ausverkaufte Haus jubelte Nestroy und seinen prächtigen Inter¬
preten zu und war fröhlichster Laune.
(Lustspieltheater.) Auch hier eine Schnitzlerfeier und wahr¬
lich nicht die erste, die Jarno begehen ließ, die Hansi Niese ze¬
lebrierte. Denn gerade in diesem „Vermächtnis“ haben wir sie
ja bereits bewundern dürfen und ihre magdlich=mütterlichen We¬
helaute hallten uns seit damals unvergeßlich im Ohr. Welch
eine Tragödin, diese Komikerin. Nein, nur eine Humoristin kann
so echt die Tragik veranschaulichen. Es wurde vel geweint und
nicht auf der Bühne allein, die einem sukzessiven Sterben von
Vater, Mutter und Kind und tausend Gefühlen dazu Kulissen
und Bretter leiht. Herrn Lessens Dr. Schmidt vorzüglich und
Frl. Kovacs wieder sehr lieb. Herr Maran diesmal unleidlich;
kein schönfärberisches, literarisches Aesthetentum wird ihm oder
uns einzureden vermögen, daß diese läppischen Schwanknnancen
die schon zur Manier erstarrt sind, anders wirkten, als de¬
plaziert und ärgerlich.
(Schülervorstelung Gothov=Grünecke.) In einer sehr guten
Elad.—
u
Ausschnitt aus: Der Morgen Wien
vom:
W
Deutsches Volkstheater.
Eine nette Schnitzlerfeier. „Liebelei“ mit Fräulein Käthe
Ehren als Christine. Sie hat sich ja endlich Mühe gegeben, aber
es langt yicht. „Der alte Musikus „ist eine der besten Rollen
Kutscheras bisam Schluß versagt er. Edthofer und
Günther brav, Fräulein Waldow famos. — Dann „Der
grüne Kakadu“. In dieser Aufführung kam einem das Werk
maßlos überschätzt vor. Es war aber nur ein Mißverstehen der
Regie, ein Einschlafen der Darstellung. Am besten: Frau Galafrès,
Herr Weiß, Herr Homma. — Zur Nestroy=Vorfeier
gab es einen Thaller=Abend. Man kann diesem großen
Künstler kein besseres Lob bieten, als durch die Feststellung,
daß Nestroy dabei zu vollen Ehren kam. Aus Pietät wurde
die Vorstellung aus zwei oft gegebenen Einaktern und einer
„Neuaufführung“ zusammengeleimt, aber aus Freude an den
tiefmenschlichen Possenscherzen des Dichters füllte das Publi¬
kum das Haus. Der Direktor läßt sich immer wieder davon
überraschen, wie dankbar Pietät ist, mit der man es ernst meint.
Neben Thaller, der von hinreißender Echtheit ist, zeichneten sich
im „gebildeten Hausknecht", in den „schlimmen Buben in der
Schule“ und in der Novität „Zwölf Mädchen in Uni¬
form“ Fräulein Mizzi Pellar, Fräulein Waldow und
Frau Föry, die Herren Amon, Weiß, Russek,
Huber und Kirschner sowie die kleine Wurzel aus,
die den Ries spielte.
h. 1.
Ausschnitt aus: Der Montag, Wien
vom:
—
Theater und Kunst.
Deutsches Volkstheater. Als Feier von Schnitzlers
fünfzigstem Geburtstag eine Neuinszenierung seiner „Lie¬
belei“ und des „Grünen Kakadu.“ Der schlichteste, einfachste
gradlinigste Schnitzler, sowie er Befreier von allem ab¬
gestorbenen Kram melodramatischer Zeiten wurde, die
Reinkultur sseiner Dichtungswesenheit ist in diesem edelsten
Würf, in dieser „Liebelei“ fast literarhistorisch festgelegt.
Lebendig ist dieses Schauspiel, wie am ersten Tag, jung ist
es geblieben, trotzdem es Schule gemacht und die Umhülle
des Programmstückes eines wienerischen Naturalismus ist
von ihm gefallen. Jetzt steht es als des Dichters menschlich¬
stes, seelischer Einfachheit vollstes Kunstwerk vor uns und
so ist es auch in seiner Wirkung grandios. Die Darstellung
tat viel Gutes, wenn auch nicht mehr und die Damen,
Waldow und Ehren, die Herren Kutschera, Günther, Edt¬
hofer sind lobend zu erwähnen.
„Der grüne Kakadu“ die mit metsterhafter Technik
gearbeitete Groteske zeigt Typen von ungemein scharfer
Charakteristik, ein wilder Humor, der durch das Ganze
weht, weist einen andern Schnitzler, nicht weniger künstleri¬
scher Werte voll und auch dieser Einakter gibt sich histo¬
risch: Er stieß auf Widerspruch, aber das war 1899 im
Burgtheater; da pflegten sie noch ausschließlich die läp¬
pische Gesellschaftskomödie. — Die Verbrecherbude präsen¬
tierte sich außerordentlich gut und die Darstellung klappte
vorzüglich im Spiel. Vortrefflich Frau Galafres, Herr
Kramer, Herr Homma. Der Abend war des Dichters
würdig.
hu.