II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1121

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5. Liebelei
ZTeDerer
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Der Komponist Franz Neumann ist trotz der dessen geniale Lösung im Ausgleich
zwei Opern, die er' bereits schrieb, „Peri“ und „Braut= satzes zwischen dem nüchternen Spi
Melos strebenden Musik bestünde. H
Jeuilleton.
werbung“ betitelt, in Wien io gut wie unbekannt, wenn
tisch kritische Bewertung einzusetz
sich nicht etwa einer erinnert, daß er vor zirka zwanzig
Standpunkte aus betrachtet, kann
G
Jahren bei einer Wiener Selcherfirma die Wurstfabrika¬
Nachdruck verbotcy.
nicht als gelungen bezeichnen.
tion erlernte und daneben privat musikalische Studien
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Liebelei.
Die Absicht, das Tempo der R
trieb. Nach seiner eigenen Aussage führten bereits damals
wirklichte sich nur in wenigen Fälle
in drei Akten von Franz Neumann, Tert von Artur
Militärkopellen Kompositionen von ihm auf, „während
(Op
diesem Sprechsingen größtenteils ei
Fr. — Erstaufführung in der Volksoper 14. Oktober 1913.)
er selbst in alle größeren Hotels und Gasthäuser Wurst¬
an. Besonders auffallend ist die
waren zustellen mußte“. Es erging ihm also ähnlich wie
Die Vollsoder läßt im Reigen der diesjährigen. Nosi¬
silben, die dem Ganzen ein fremd
täten an erster Stelle eine dem Tertbuche nach spezifisch einem der größten böhmischen Komponisten Anton
leihen. Natürlichkeit sollte hier obs
wienerische Oper vorbeischweben, ich wähle diesen Ausstuck Dvorak, der ebenfalls Fleischergehilse war, allerdings
gerade dagegen ist in erster Linis
mit Bedacht, denn die Muse ist hier etwas leichter geschürzt wenig brauchbar. Wenn er eine Dorfmusik hörte, band er
glaubt man den fremdländischen A
Syls ihre gemessener auftretenden Schwestern, in deren Adern die Kälblein, die er zur Schlachtbank führen sollte, an
pernehmen. Oft hat man die Emp
einen Baum, und lief stundenlang den bestrickenden Tönen
das schwerflüssigere Blut der dramatischen Tragodie fließt. Es
gesprochene Rede wirksamer.
handelt sich um eine Vertonung des gleichnamigen Schauspiels nach. Später ließ er sie überhaupt in Stich und wurde
Neumanns Musik entbehrt im
ein großer Musiker. So hing auch Neumann seine Wurst¬
von Artur Schnitzler. Die Persönlichkeit des Text¬
matischen Kraft und des dramatisch
waren an den Nagel und rang sich mit großer Zähigkeit
Adichters und sein Werk ist dem Wiener wohlbekannt. Letz¬
haupt. Nicht der Text oder die a
und eisernem Fleiße zu seiner heutigen angesehenen Stel¬
####tes erfuhr zu dem in diesen Blättern anläßlich der Auf¬
mung scheint bei ihm der Vater des
Iührung im Burgtheater einer eingehenden Würdigung. lung durch. Er ist Opernkapellmeister in Frankfurt. Von
kens zu sein. Der Instrumentalsatz
Füglich kann eine nochmalige Aufzählung seiner Licht. Geburt ist er Oesterreicher, zu Proßnitz in Mähren ge¬
in die bereits fertiggestellte geschlos
und Schattenseiten entfallen. Bekanntlich spielt das Stück boren.
der Text mehr oder minder geschickt
Bei der Komposition eines als Schauspiel gedachten
in den Wiener Gesellschaftskreisen, d. h. es befaßt sich mit
Dadurch ergibt sich an vielen Steile
dem Verhältnis junger Lebemänner aus feineren Fami= Textes hat sich Neumann an ein Problem gewagt und
Kontrast zwischen Ausdrucksform ##
lien mit Damen der Halbwelt. Die Devise dieser Bozie= dieses erregt hier zunächst unser besonderes Interesse.
schen Momenten erklingt im Orch
hung spricht der Leichtere der beiden jungen Herren aus. Einer musikalischen Empfindung steht das unmusikalische,
wie zu Worten nüchternster Prosa.
Sie gipfelt in dem etwas merkwürdigen von verzwickter poetisch überhaupt indifferente Wort gegenüber, wie es
sich dies bei Textbüchern wie sie
ja in Schauspieldialogen ganz am Platze ist. Es ist voraus¬
Psychologie triefenden Satz: „Wir hassen nämlich die
„Liebelei“ typisch sind, als die ein
Frauen, die wir lieben — und lieben nur die Frauen, die zuschicken, daß der Komponist das ganze Schauspiel mit
Haut und Haar komponiert hat, ohne jede textliche Ver= tionsform darstellt. Bei Puccini fi
uns gleichgültig sind“ Hol's der Fuchs! Entweder ist dies
Untermalung nur mit dem Unter
änderung. Einer solchen Vertonung muß natürlich die
etwas Neues, oder die Variation einer alten Wahrheit,
das musikalische Gemälde aus der
Musik in ihrer reinsten Erscheinungsform widerstehen.
daß nämlich „vom Haß zur Liebe nur ein Schritt ist“
Textes herauswächst, während
Wenn der junge Theodor das meint, dann möchte ich ihm Des Rätsels Lösung bestünde also in der Schaffung einer
Oper die Tertstimmung neben de
doch das Studium von Psychologie und Logik empfehlen, Kompositionsweise, deren Gestaltung von ästhetischen,
geht, vielfach ohne innere Berühru
Der langen Rede kurzer Sinn ist Ehebruch und tödliches einheitlich zusammenschließenden Prinzipien ausgehen
Vereinigung gibt natürlich eine bös
müßte. In unserm Falle darf also die Kompositionsart
Duell. Daneben eine „harmlose“ Liebelei. Fritz läßt sich
jedoch dramatisch wird, so übersteig
wohl auf dem Sprechgesang beruhen, sich aber nicht das
einer verheirateten Frau wegen, die er liebt, im Zwei¬
gegenstandslosen Szenen leicht das
hohe Pathos des Wagnerdramas zum Vorwurf nehmen,
kampf erschießen und seine „Freundin“ Christine, die ihn
sondern eben den leichteren Konversationsstil unserer Man schwört doch nicht sofort bei #
wahrhaft liebt, begeht Selbstmord. Die dazwischen liegen¬
ruft Himmel und Hölle an, um
den seelischen Konflikte füllen die Handlung aus. Das modernen Sittenstücke, deren Darsteller sich in Frack und
Motiv ist also nicht besonders originell und nur die Dar= Claque präsentieren. Die Zwittergestalt des Melodrams, machen, daß man seinen Hut verge
stellungskunst Schnitzlers macht das Schauspiel künstlerisch das von charakterisierender, vertiefender und steigernder diese dramatische Ausdrucksweise e
einigermaßen genießbar. Von rein ideellen Werten abge¬ Instrumentalmusik begleiteie Sprechen zur singenden den gewönlichen Theatereffekt.
Vom musikdramatisch
sehen ist manches hochdramatisch empfunden und von Rezitatzion oder zum sprechenden Singen auszubilden ist
dementsprechender Wirkung. Vieles riecht nach Theater. der Hein der Aufgabe. Gewiß ein lohnender Versuch, läßt sich die Komposition also kaun