II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1122

5. Liebelei
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Der Komponist Franz Neumann ist trotz der dessen geniale Loung im Ausgleich des natürlichen Gegen¬
satzes zwischen dem nüchternen Sprechton und der zum
zwei Opern, die er' bereits schrieb, „Peri“ und „Braut¬
Melos strebenden Nusik bestünde. Hier hat auch die ästhe¬
eton.
werbung“ betitelt, in Wien so gut wie unbekannt, wenn
tisch kritische Bewertung einzusetzen und, von diesem
sich nicht etwa einer erinnert, daß er vor zirka zwanzig
Standpunkte aus betrachtet, kann man den Versuch leider
Jahren bei einer Wiener Selcherfirma die Wurstfabrika¬
Nachdruck verboten.
nicht als gelungen bezeichnen.
tion erlernte und daneben privat musikalische Studien
belei.
Die Absicht, das Tempo der Rede zu erreichen, ver¬
trieb. Nach seiner eigenen Ausjage führten bereits damals
wirklichte sich nur in wenigen Fällen und selbst da haftete
nz Neumann, Tert von Artur
Militärkapellen Kompositionen vor ihm auf. „während
diesem Sprechsingen größtenteils ein Schein des Komischen
gind: Volksoper 14. Oktober 19188.)
er selbst in alle größeren Hotels und Gasthäuser Wurst¬
an. Besonders auffallend ist die Behandlung der End¬
waren zustellen mußte“. Es erging ihm also ähnlich wie
R#gen der diesjährigen Rovi¬
silben, die dem Ganzen ein fremdartiges Gepräge ver¬
dim Textbuche nach spezifisch einem der größten böhmischen Homponisten Anton
leihen. Natürlichkeit sollt hier oberstes Gesetz sein und
eben ich wähle diesen Ausdruk Dvorak, der ebenfalls Fleischergehilfe war, allerdings
gerade dagegen ist in erster Linie gefehlt. Bisweilen
ist hier etwas leichter geschürzt wenig Frauchbar. Wenn er eine Dorfmusit hörte, band er
glaubt man den fremdländischen Akzent Nichtdeutscher zu
nden Schwestern, in deren Adern die Kälblein, die er zur Schlachtbank führen sollte, an
vernehmen. Oft hat man die Empfindung, als wäre die
dramatischen Tragödie fließt Es einen Baum, und lief stundenlang den bestrickenden Dönen
gesprochene Rede wirksamer.
ng des gleichnamnigen Schauspiels nach. Später ließ er sie überhaupt in Stich und wurde
Neumanns Musik entbehrt im allgemeinen der dra¬
ein großer Musiker. So hing auch Neumann seine Wurst¬
Die Persönlichkeit des Tezt¬
matischen Kraft und des dramatischen Charakters über¬
waren an den Nagel und rang sich mit großer Zähigkeit
dem Wiener wohlbekannt. Letz¬
haupt. Nicht der Text oder die absolut poetische Stim¬
und eisernem Fleiße zu seiner heutigen angesehenen Stel¬
sen Blättern anläßlich der Auf¬
mung scheint bei ihm der Vater des musikalischen Gedan¬
lung durch. Er ist Opernkapellmeister in Frankfurt. Von
einer eingehenden Würdigung.
kens zu sein. Der Instrumentalsatz ist das Primäre und
Geburt ist er Oesterreicher, zu Proßnitz in Mähren ge¬
lige Aufzählung seiner Licht¬
in die bereits fertiggestellte geschlossene Komposition wird
n. Bekanntlich spielt das Stück boren.
der Text mehr oder minder geschickt hineinkontrapunktiert.
Bei der Komposition eines als Schauspiel gedachten
kreisen, d. h. es befaßt sich mit
Dadurch ergibt sich an vielen Stellen ein ganz gewaltiger
bemänner aus feineren Fami¬ Textes hat sich Neumann an ein Problem gewagt und
Kontrast zwischen Ausdrucksform und Inhalt. In poeti¬
welt. Die Devise dieser Bozie, dieses erregt hier zunächst unser besonderes Interesse.
schen Momenten erklingt im Orchester die gleiche Musik
der beiden jungen Herren aus. Einer musikalischen Empfindung steht das unmusikalische,
wie zu Worten nüchternster Prosa. Es sei zugegeben, daß
merkwürdigen von verzwickter spoetisch überhaupt indisserente Wort gegenüber, wie es
sich dies bei Textbüchern wie sie für Artur Schnitzlers
ja in Schauspieldialogen ganz am Platze ist. Es ist voraus¬
tz: „Wir hasfen nämlich die
„Liebelei“ typisch sind, als die einzig mögliche Komposi¬
zuschicken, daß der Komponist das ganze Schauspiel mit
u..d lieben nur die Frauen, die
tionsform darstellt. Bei Puccini finden wir eine ähnliche
Haut und Haar komponiert hat, ohne jede textliche Ver¬
's der Fuchs! Entweder ist dies
Untermalung nur mit dem Unterschiede, daß bei diesem
änderung. Einer solchen Vertonung muß natürlich die
ariation einer alten Wahrheit,
das musikalische Gemälde aus der Grundstimmung des
Musik in ihrer reinsten Erscheinungsform widerstehen.
r Liebe nur ein Schritt it“
Tertes herauswächst, während bei der Neumannschen
das meint dann möchte ich ihm Des Rätsels Lösung bestünde also in der Schaffung einer
Oper die Textstimmung neben der musikalischen einher¬
nchologie und Logik empfehlen, Kompositionsweise, deren Gestaltung von ästhetischen,
geht, vielfach ohne innere Berührungspunkte. Eine solche
Sinn ist Ehebruch und tödliches einheitlich zusammenschließenden Prinzipien ausgehen
Vereinigung gibt natürlich eine böse Ehe. Wenn die Musik
mlose“ Liebelei. Fritz läßt sich müßte. In unserm Falle darf also die Kompositionsarl
jedoch dramatisch wird, so übersteigt sie bei dramatisch fast
wegen, die er lieot, im Zwei= wohl auf dem Sprechgesang beruhen, sich aber nicht das
gegenstandslosen Szenen leicht das Maß des Notwendigen.
hohe Pathos des Wagnerdramas zum Vorwurf nehmen,
e„Freundin“ Christine, die ihn
Man schwört doch nicht sofort bei Kleinigkeiten Eide und
sondern eben den leichteren Konversationsstil unserer
bstmord. Die dazwischen liegen¬
ruft Himmel und Hölle an, um einem glaubhaft zu
allen die Handlung aus. Das modernen Sittenstücke, deren Darsteller sich in Frack und
machen, daß man seinen Hut vergessen habe. Und gerade
ers originell und nur die Dar= Claque präsentieren. Die Zwittergestalt des Melodrams,
nacht das Schausiel künstlerisch das von charakterisierender, vertiefender und steigernder diese dramatische Ausdrucksweise erhebt sich selten über
Von rein ideellen Werten abge¬ Instrumentalmusik begleiteie Sprechen zur singenden den gewönlichen Theatereffekt.
Vom musikdramatischen Standpunkte au
matisch empfunden und von Rezitatzion oder zum sprechenden Singen auszubilden ist
g. Vieles riecht nach Theater. der Hein der Aufgabe. Gewiß ein lohnender Versuch, läßt sich die Komposition also kaum beurteilen, jedenfalls