II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1150

iebelei
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5. Senennennung
schnitt aus:
Wien
2KDATORER 1913
1:
Volksoper.
„Liebelei“, Oper in drei Akten von Franz
Neumann, Text nach Artm Schnitzhers
gleichnamigem Schauspiel.
Artur Schnitzlers „Liebelei“ erzielte
am 9. Oktober 1895 am Burgtheater einen
durchschlagenden Erfolg und begründete damit
sozusagen Schnitzlers Ruf als dramatischer
Dichter. Wir glauben nicht, daß es diesem ein¬
wandfreien Schauspiele von Nutzen ist, es in
Musik zu übertragen, zumal der gemütliche
Wiener Ton in keiner Weise musikalisch ausge
drückt werden kann. Da es eben run doch ge¬
schehen ist, läßt sich darüber unt ngen, daß es
Schnitzler nicht genützt und Franz Nen¬
mann auch nicht zum besten Pabei wegkommt.
Seine Musik untermalt nur di. wirklich hübschen
Szenen, belebender sind sie aber keinesfalls mehr
als sie es in den gesprochenen Worten sind, wenn
gleich nicht abzustreiten ist, daß die ganze Oper
einen starken Eindruck hinterläßt, worüber es
aber nachzudenken gebe, woher dies kommt,
Kapell
welchem Konto es gutzuschreiben wäre.
meister Tittl scheint für seinen Kollegen
Neumann nur das alterbeste gewollt zu
haben und hat es auch tatsächlich so
ausgeführt. Fräulein Engel als
Christine konnte ihr wirklich opernhaftes
Empfinden nicht verleugnen und manches
hineingelegte Liedchen versagte ihr:
Fräulein Roeder als Schlager
Mizzi ist keinesfalls die richtige Ver¬
treterin dieses durch und durch liebens
würdigen und feschen Wiener Kindes.
Für das süße Mädel gehört eine andere
Erscheinung, eine zierliche Seubrette und
eine leichte, klangvolle Stimme. Beides
fehlt dem Fräulein. Herr Lußmann
war ein guter Fritz, sein se metternder
Tenor unterstützte ihn wohltätig. Herr
Brand als Theodor war ein ganz
präcktiger Lebemann, der den wiene
rischen Ton auch in der Musik fand.
Herr Bandler als Vater Weiring
war recht gemütlich, lange zwar kein
und auch im
Sonnenthal
Gesang sympathisch. Der Erfolg war
lebhaft und rauschend und der Kom
ponist konnte sich oft und oft an der
Seite der Darsteller zeigen. M.
Ausschnitt aulesterreichs illustrirte Zeitung
e
26. OKTODEMASLA-
vom:
Theater und Musik.
Volksoper. Mit der Aufführung der Oper
„Liebelei“ nach dem gleichnämigen Schauspiel von
Artur Schnigle hat uns die Volksoper wieder
einmal bewieten, daß sie einen genialen Dirigenten und
ein vortrenliches Orchester besitzt, konnte uns aber nicht
von der Notwendigkeit der Aufführung dieser Oper
überzeugen. Der Komponist der Novität Herr Franz
Neumann, ist ein geschickter Routinier, der eine ge¬
schmackvolle Sprache spricht. Er wollte den flotten Kon¬
versationskon des Schauspieles wahren, was ihm aber
nur selten gelang. Die Themen sind zumeist von leit¬
motivischer Bedeutung, im allgemeinen ist aber die
Musik eine mehr untermalende. Bei gesteigerkem Aus¬
aber es
druck strebt sie auch stärkere Wirkungen an
bleibt leider nur beim Streben. Das ausgedehnte Vor¬
spiel zum dritten Akl, welches das Duell und Fritz'
Ende schildert, ist, was Invention und Konkrapunk¬
tation betrifft, einwandfrei und kann als Höhepunkt der
ganzen Komposition betrachtet werden. Fräulein Engel
als Christine brillierte, Herr Lußmann als Fritz ver¬
schwendete wieder maßlos seinen strahlenden Tenor.
Lobend seien noch zu erwähnen Fräulein Roeder als
Mizzi Schlager, Herr Brand als Freund Theodor und
Herr Bandler als Violinspieler Weiring. Ausgezeich¬
net war das Orchester und die vorkreffliche Leistung
des Kapellmeisters Tittel, dem auch der Löwenanteil¬
an dem rauschenden Erfolg gebührt. Der Komponist“
konnte sich ungezähltemale zeigen.
Ausschnitt aufiener Montags Journal, Wier.
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vom:
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(Volksoper.] Trotz des rauschenden Applauses, den die
he
von Franz Neumann in Musik gesetzte Schnitzler
„Liebelei“ auslöste, kann hier dennoch nur von einem so¬
genannten „äußeren Erfolg gesprochen werden. Eines talen¬
tierten Tondichters origineller Bühnenversuch, der als solcher
zweifellos sehr bemerkenswert ist, ein Werk, das nicht bloß
in seiner Tendenz, sondern auch in mancher Einzelheit unsere
Sympathien verdient als Ganzes aber doch nicht die restlose
Lösung der erwählten künsrlerischen Aufgabe bedeutet. Wo die
Vorbedingungen für gesangliche Wiedergabe so ganz fehlen, wie
in Schnitzlers „Liebelei“, hätte vor allem ein neuer Stil ge¬
funden werden müssen, der harmlosen Plaudereien weder musi¬
kalische Gewalt antut, noch sonstwie hemmend auf die Dar¬
stellung wirkt. Wenngleich es Neumann nicht gelungen, diesen
neuen Stil zu finden, so darf doch nicht verschwiegen bleiben,
daß seiner Musik neben melodischer Schönheit und geistvoller
Harmonik stellenweise geradezu bezaubernder Orchesterklangreiz
eignet. der sich freilich nur dem öfter und tiefer Hinhorchenden
ganz erschließt. Die Aufführung anlangend müssen die Namen
des Dirigenten Tittel und des Oberregisseurs Markows¬
ky, der das Werk in Szene gesetzt, in erster Linie genannt
werden. Von den Mitwirkenden waren die Damen Engel
(Christine) und Macha, als Muster Bezirkstratschen, sowie die
Herren Lußmann (Fritz) und ganz speziell Bandler,
der dem Vater Christinens echte Treuherzigkeit gab am besten.
In Ton und Haltung vortrefflich traf Herr Klein die Epi¬
sode des hhintergangenen Gatten. Gesanglich auf der Höhe
standen wohl auch Frl. Roeder (Mizzi) und Herr Brand
(Theodor), nur trugen sie in äußerlicher Theatralik mitunter
allzustark auf. Komponist, Kapellmeister, Regisseur und die
Darsteller mußten nach jedem Akt wiederholt auf die Bühne,
zum Schluß auch der Libretist — wider Willen.
Hdrch.