Liebelei
box 12/5
3. Je enennn
schnitt aus:
Der Dag, Wansin
3-52
vom:
Eine Schnißler-Premiere
im Jum.
Eine Wiyur=Schnitzler=Filmpremiere gab es
gestern im Biophon=Theater=Lichtspiel in der Poté¬
damer Straße, wo man vor einem geladenen
Publikum „Liebelei“, das erste erfolgreiche Büh¬
nenwerk des Wienes Dramatikers aufführte. Wie
es zu den Schnitzler=Premieren im großen Stil
„literarisch“ in den Theatern auszusehen pflegt,
so war es gestern im kleinen im Biophon=Licht¬
spiel; denn viele bekannte Größen der Berliner
Literaturwelt hatten sich eingefunden. Der Wie¬
ner Dichter hat das bekannte dreiaktige Schau¬
spiel für die Filmbearbeitung einschneidenden
äußerlichen Aenderungen unterzogen. Die Technik
forderte das, und so sah man eigentlich eine neue
Dichtung, die um den alten Kern entstanden war.
Neben den Zimmerszenen des Schauspieles gab es
echte Kinoszenen mit Ausflügen in die freie Got¬
teswelt, und man muß sagen, daß diese Umarbei¬
tung der alten Dichtung nicht geschadet hat. Ein
echter Filmstoff in der ganzen Idee. gewann das
Stück im Zusammenhang, da man, was sonst als
schon gewesen der Szene fern gehalten wird, sich
hier im Kinostück vor den Augen der Zuschauer
entwickeln sah. Der Inhalt wurde dadurch klarer.
Die Liebesgeschichte des jungen Wiener Studen¬
ten Fritz Lobhaimer mit Christine Weiring, die
das von dem jungen Mann oberflächlich ange¬
krppfte Verhältnis ernst nimmt, da sie zu ihm
eine wirkliche tiefe Liebe faßt, geht ebenso wie
im Stück tragisch aus. Auch im Filmspiel stirbt
Christine, nachdem Fritz in einem Duell, das um
einer anderen Liebesgeschichte willen ausgefochten
werden muß, gefallen ist. Man muß hier zur
Ehre der Filmbearbeitung sogar sagen, daß das
tragische Moment durch die bewegtere Szenen¬
folge, durch die von einem Hause zum anderen
Hause übergreifende sichtbare Handlung noch
stärker in die Erscheinung tritt. Der rührhafte
Schluß, der im Theater schon stark wirkte kam
denn auch im Lichtspiel, das von der Nordischen
Film=Kompagnie, nach Angabe des Dichters, auf¬
genommen worden ist, noch mehr heraus. Im
ganzen machte sich ein einheitlicher Zug angenehm
bemerkbar, und dort wo die Naturaufnahmen aus
der Umgegend Wiens und dem Prater mitsprachen,
gab es sogar reiche, stimmungerweckende Wir¬
kungen, die das Auge erfreuen konnten. W. C. G.
Husschnitt ausy unel. Zeituntg, Berhie
Vom:
3-MR7
Schfltzlers „Liebelei“ im Film.
Die—gerste internandnae Filmzeitung“ führte gestern im
Biophontheater in der Potsdamer Straße Schnitzlers
Liebelei“ deren Verfilmung an dieser Stelle schon ausführlich
besprochen wurde, einem großen Kreise geladener Gäste als Kino¬
drama vor. Nach dem Programm hat der Dichter selbst seine
meisterhafte Gesellschaftsstudie für das Kino bearbeitet,
und man merkte es der Bilderfolge wohl an, daß ein
feiner, mit den Forderungen verschiedenartiger Technik ver¬
trauter Kopf sich bemüht hat,
das Drama in die
Filmsprache zu übersetzen. Alle sichtbare Aktion ist heraus¬
gedrängt, der Ausdruck feelischer Bewegung dagegen so knapp wie
möglich behandelt. Aehnlich wie in den illustrierten Ausgaben von
Dramen werden bildlich drastische Momente vorgeführt, die im
Stücke selbst nur erzählt oder vorausgesetzt werden. So der ver¬
hängnisvolle Flirt des Helden mit der vornehmen Mondaine, der
in einer Theaterlogen= und Restaurant=Szene anschaulich gemacht wird,
so die Entwicklung des Liebesverhältnisses mit dem volkstämlichen
Mädchen, die sich in stimmungsvollen Landschaften der WienerUm¬
gebung vollzieht, so die Vorbereitungen zum Duell und der Zweie
kampf selbst, die schauerlich höfliche privilegierte Totschlägerei mit
starker Zylinderabnützung wie sie jüngst Sternheim in seinem
Bürger Schippel“ recht glücklich parodiert hat. Mit einiger Kom¬
binationsgabe konnte man, unterstützt durch die transparenten Vor¬
hanginschriften, aus diesen und ähnlichen Bildern die äußere Hand¬
lung des Stückes herauslesen, und für deujenigen, dem das Drama
vertraut ist, hatte es immerhin Reiz, die Situationen und die von
Ort zu Ort führenden Zwischenvorgänge in zumeist geschmackvollen
Bildern aufgerollt zu sehen —
zumal die Darsteller, na¬
imentlich die Herren Psilander und Reenberg und die Damen
Fritz=Petersen und Holch als Vertreter der beiden Liebespaare
und Herr Jacobsen als alter Musikus, ihr Bestes getan hatten, in
Maske und Bewegung zu charakterisieren. Eine Vermittlung der
inneren Handlung ist trotzdem nicht erreicht worden. Das Wesent¬
liche der psychologischen Studie Schnitzlers, die Feinheit der
seelischen Erregungen mit all ihren Uebergängen, das Herauf¬
dämmern und Abklingen der Stimmungen ist auf die Sprache der
Geste nicht zurückzuführen. Die geniale Technik, die durch
Synthese der Momentbilder die äußere Bewegung neu
erschafft, kann in ihrer heutigen Entwicklung — ohne Hilfe der
Sprache — die innere noch nicht wiedergeben. Es handelt sich
auch in dieser neuen Vorführung, zu der der Dramatiker selbst bei¬
getragen hat, doch nur um sehr hübsche bewegte Illustrationen zum
Stücke, nicht um das Stück selbst. Das sehenswerts Kino und das
seelisch ergreifende Drama bleiben bis auf weiteres durch eine starke
Kluft getrennt. —r.
Ausschnitt gL-INER AGBLATT
—
3-M7
vom:
/XX „Liebelei“ im Film. Arthur Schnitzlers Wiener¬
Flegie „Liebelei“, dieses anmutreiche Schäuspiet, bäs vor
einigen Jahren schon veropert wurde, ist nun auch verfilmt wor¬
den. Der Dichter hat an dieser Metamorphose mitgewirkt. und
auf seinen Angaben fußen nun alle Veränderungen, welche nötig
waren, um ein dichterisches Wort in ein bildliches Ereignis um¬
zusetzen. Ihn selbst mag nun der Film interessieren und erfreuen,
wie eine nachträgliche Illustration zu dem Entwurf, den er vor
zwanzig Jahren dem Stück zugrunde gelegt hat. Wer aber das
fertige Schauspiel kennt, und gut kennt, und aus den Händen der
Sorma und der Niese als ein Werk voll milder Rührung ent¬
gegengenommen hat, der wird nun in dem Film kaum mehr als
einen blinden Spiegel dessen sehen, was ihm an dem Sprach¬
künstler Schnitzler besonders lib geworden iste#s ch¬
hier, was immer geschieht: der besonders poetische Wert fällt unter
den Tisch, und es bleibt nur das harte Nebeneinander der Aeußer¬
lichkeiten bestehen. Dabei darf man diesem Film, den eine dänische
Fabrik hergestellt hat und den man gestern zum erstenmal in
einem Kinopalast der Potsdamer Straße sah, nachrühmen, daß er
alle Geschmacklosigkeiten vermeidet. Auch die Effekte werden mit,
knallosem Pulver ins Publikum geschossen, und wenn man die
Geschichte des Wiener Dichters im stummen Spiel nacherzählt
behält, man dabei immer den Hut respektvoll in der Hand.
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schnitt aus:
Der Dag, Wansin
3-52
vom:
Eine Schnißler-Premiere
im Jum.
Eine Wiyur=Schnitzler=Filmpremiere gab es
gestern im Biophon=Theater=Lichtspiel in der Poté¬
damer Straße, wo man vor einem geladenen
Publikum „Liebelei“, das erste erfolgreiche Büh¬
nenwerk des Wienes Dramatikers aufführte. Wie
es zu den Schnitzler=Premieren im großen Stil
„literarisch“ in den Theatern auszusehen pflegt,
so war es gestern im kleinen im Biophon=Licht¬
spiel; denn viele bekannte Größen der Berliner
Literaturwelt hatten sich eingefunden. Der Wie¬
ner Dichter hat das bekannte dreiaktige Schau¬
spiel für die Filmbearbeitung einschneidenden
äußerlichen Aenderungen unterzogen. Die Technik
forderte das, und so sah man eigentlich eine neue
Dichtung, die um den alten Kern entstanden war.
Neben den Zimmerszenen des Schauspieles gab es
echte Kinoszenen mit Ausflügen in die freie Got¬
teswelt, und man muß sagen, daß diese Umarbei¬
tung der alten Dichtung nicht geschadet hat. Ein
echter Filmstoff in der ganzen Idee. gewann das
Stück im Zusammenhang, da man, was sonst als
schon gewesen der Szene fern gehalten wird, sich
hier im Kinostück vor den Augen der Zuschauer
entwickeln sah. Der Inhalt wurde dadurch klarer.
Die Liebesgeschichte des jungen Wiener Studen¬
ten Fritz Lobhaimer mit Christine Weiring, die
das von dem jungen Mann oberflächlich ange¬
krppfte Verhältnis ernst nimmt, da sie zu ihm
eine wirkliche tiefe Liebe faßt, geht ebenso wie
im Stück tragisch aus. Auch im Filmspiel stirbt
Christine, nachdem Fritz in einem Duell, das um
einer anderen Liebesgeschichte willen ausgefochten
werden muß, gefallen ist. Man muß hier zur
Ehre der Filmbearbeitung sogar sagen, daß das
tragische Moment durch die bewegtere Szenen¬
folge, durch die von einem Hause zum anderen
Hause übergreifende sichtbare Handlung noch
stärker in die Erscheinung tritt. Der rührhafte
Schluß, der im Theater schon stark wirkte kam
denn auch im Lichtspiel, das von der Nordischen
Film=Kompagnie, nach Angabe des Dichters, auf¬
genommen worden ist, noch mehr heraus. Im
ganzen machte sich ein einheitlicher Zug angenehm
bemerkbar, und dort wo die Naturaufnahmen aus
der Umgegend Wiens und dem Prater mitsprachen,
gab es sogar reiche, stimmungerweckende Wir¬
kungen, die das Auge erfreuen konnten. W. C. G.
Husschnitt ausy unel. Zeituntg, Berhie
Vom:
3-MR7
Schfltzlers „Liebelei“ im Film.
Die—gerste internandnae Filmzeitung“ führte gestern im
Biophontheater in der Potsdamer Straße Schnitzlers
Liebelei“ deren Verfilmung an dieser Stelle schon ausführlich
besprochen wurde, einem großen Kreise geladener Gäste als Kino¬
drama vor. Nach dem Programm hat der Dichter selbst seine
meisterhafte Gesellschaftsstudie für das Kino bearbeitet,
und man merkte es der Bilderfolge wohl an, daß ein
feiner, mit den Forderungen verschiedenartiger Technik ver¬
trauter Kopf sich bemüht hat,
das Drama in die
Filmsprache zu übersetzen. Alle sichtbare Aktion ist heraus¬
gedrängt, der Ausdruck feelischer Bewegung dagegen so knapp wie
möglich behandelt. Aehnlich wie in den illustrierten Ausgaben von
Dramen werden bildlich drastische Momente vorgeführt, die im
Stücke selbst nur erzählt oder vorausgesetzt werden. So der ver¬
hängnisvolle Flirt des Helden mit der vornehmen Mondaine, der
in einer Theaterlogen= und Restaurant=Szene anschaulich gemacht wird,
so die Entwicklung des Liebesverhältnisses mit dem volkstämlichen
Mädchen, die sich in stimmungsvollen Landschaften der WienerUm¬
gebung vollzieht, so die Vorbereitungen zum Duell und der Zweie
kampf selbst, die schauerlich höfliche privilegierte Totschlägerei mit
starker Zylinderabnützung wie sie jüngst Sternheim in seinem
Bürger Schippel“ recht glücklich parodiert hat. Mit einiger Kom¬
binationsgabe konnte man, unterstützt durch die transparenten Vor¬
hanginschriften, aus diesen und ähnlichen Bildern die äußere Hand¬
lung des Stückes herauslesen, und für deujenigen, dem das Drama
vertraut ist, hatte es immerhin Reiz, die Situationen und die von
Ort zu Ort führenden Zwischenvorgänge in zumeist geschmackvollen
Bildern aufgerollt zu sehen —
zumal die Darsteller, na¬
imentlich die Herren Psilander und Reenberg und die Damen
Fritz=Petersen und Holch als Vertreter der beiden Liebespaare
und Herr Jacobsen als alter Musikus, ihr Bestes getan hatten, in
Maske und Bewegung zu charakterisieren. Eine Vermittlung der
inneren Handlung ist trotzdem nicht erreicht worden. Das Wesent¬
liche der psychologischen Studie Schnitzlers, die Feinheit der
seelischen Erregungen mit all ihren Uebergängen, das Herauf¬
dämmern und Abklingen der Stimmungen ist auf die Sprache der
Geste nicht zurückzuführen. Die geniale Technik, die durch
Synthese der Momentbilder die äußere Bewegung neu
erschafft, kann in ihrer heutigen Entwicklung — ohne Hilfe der
Sprache — die innere noch nicht wiedergeben. Es handelt sich
auch in dieser neuen Vorführung, zu der der Dramatiker selbst bei¬
getragen hat, doch nur um sehr hübsche bewegte Illustrationen zum
Stücke, nicht um das Stück selbst. Das sehenswerts Kino und das
seelisch ergreifende Drama bleiben bis auf weiteres durch eine starke
Kluft getrennt. —r.
Ausschnitt gL-INER AGBLATT
—
3-M7
vom:
/XX „Liebelei“ im Film. Arthur Schnitzlers Wiener¬
Flegie „Liebelei“, dieses anmutreiche Schäuspiet, bäs vor
einigen Jahren schon veropert wurde, ist nun auch verfilmt wor¬
den. Der Dichter hat an dieser Metamorphose mitgewirkt. und
auf seinen Angaben fußen nun alle Veränderungen, welche nötig
waren, um ein dichterisches Wort in ein bildliches Ereignis um¬
zusetzen. Ihn selbst mag nun der Film interessieren und erfreuen,
wie eine nachträgliche Illustration zu dem Entwurf, den er vor
zwanzig Jahren dem Stück zugrunde gelegt hat. Wer aber das
fertige Schauspiel kennt, und gut kennt, und aus den Händen der
Sorma und der Niese als ein Werk voll milder Rührung ent¬
gegengenommen hat, der wird nun in dem Film kaum mehr als
einen blinden Spiegel dessen sehen, was ihm an dem Sprach¬
künstler Schnitzler besonders lib geworden iste#s ch¬
hier, was immer geschieht: der besonders poetische Wert fällt unter
den Tisch, und es bleibt nur das harte Nebeneinander der Aeußer¬
lichkeiten bestehen. Dabei darf man diesem Film, den eine dänische
Fabrik hergestellt hat und den man gestern zum erstenmal in
einem Kinopalast der Potsdamer Straße sah, nachrühmen, daß er
alle Geschmacklosigkeiten vermeidet. Auch die Effekte werden mit,
knallosem Pulver ins Publikum geschossen, und wenn man die
Geschichte des Wiener Dichters im stummen Spiel nacherzählt
behält, man dabei immer den Hut respektvoll in der Hand.