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box 12/6
5. ei
Tade onne Gewahr.
ttc (Canlagleter
vom:
B
Theater, Kunst und Literatur.
Dr. G. G. „Die Mächtigen“ ein Akt von
Terramare, erwies sich als eine langatmige ge¬
sprächige Renaissanzetragödie mit Römerdramen¬
pathetik, Shakespeare'schen Lyrismen, Hebbeln¬
der Kraftmaierei, Ibsenscher Symbolistik und
kalter Dialektik. Das Thema der Macht, die über
Liebe und Leichen geht, wird in technisch
sorgloser Weise und in oft genug holprigen Ver¬
sen, die mitunter in Alltagsprosa sprechen, er¬
örtert. Auch Herrn Kutscheras Brusttöne
konnten nicht überzeugen. Schmer
belei"folgte in glänzender Tarstellung. Frl.
Graf bot als Christine ihre bisher weitaus
beste Leistung. Das Jnnige ihrer so lieben Na¬
türlichkeit kam in restloser Weise zur Geltung
und erreichte im Schmerza tsbruch des letzten
Aktes in Wort und Spiel schlechthin schauspiele¬
rische Vollendung. Jede ihrer Gefühlsäußerun¬
gen war echt, wahr und zu tiefst ergreifend. Eine
kleine Näherung an den Dialekt wird dieser rüh¬
renden Gestalt die letzte Wiener Bodenständig¬
keit geben. Frl. Graf gebührt volles, uneinge¬
schränktes Lob. Ihr Gegenstück, die lebensklügere.
Mizzi, wurde von Tilly Kutschera resch,
fesch und springlebendig, wit Gesten und Mimit
von frappierender Naturechtheit dargestellt. Dies
erwies sich auch im stummen Spiel, das keinen
leeren Augenblick hatte. Als Christinens Vater
fand sich Kutschera mit seiner ruhig gestaltenden
Kunst/in eigenster Domäne. Jeder Blick, jedes
Wort fügte sich ganz selbstverständlich in diese
ausgereifte Gestalt, in ihr tiefes Verstehen, ihre
langsauf aufbrechende, hütende Liebe, ihr gütiges
Verzeihen. Neben diesen drei gleichwertigen Ge¬
stalten, die alles bloß Spielerische gänzlich abge¬
streift hatten, bestanden auch die anderen recht“
gut. Frl. Wiesners knappe, sichere Zeich¬
nung, Herrn Reckes sympathische Liebenswür¬
digkeit und Herrn Rehbergers Frische, die
sich allerdings mitunter als forzierte Lustigkeit
mit allzu schlenkernden Bewegungen gab. Es gab¬
viel Blumen und Beifall vonseiten des splendid
besetzken Hauses, dem Schnitzlers „Liebelei“,
üher ein Theaterereignis hinaus zum erschüt¬
inden Erlebnis wurde.
Ausschnitt aus:
" Drünner Anrüige
74 00N. 1913
vem:
memceruneremen
des Thronrates war sehr durftig. Es wurde Kark applandiert.
ea. Die Mächtigen. Tiebelei. Zum Besten des öster¬
reichischen Bühnenvereines, gastierten Diktor Untschera und seine
Tochter Tilly. Zuerst eine Kraufführung „Die Mächtigen“.
Georg Terramare ¼ ein Name, der uns mit diesem Stücke
zum ersten Male aufstößt hat schon so äsiches geschrieben.
Wir konstatieven das Dorhandensein von Romanen und Novellen.
Und auch dieses Aktes' „Die Mächtigen“ Als Renaissancedrama
ist es durch seine breitausgesponnene Epik an scharfer Kon¬
tourierung der Charaktere verhindert. Die Mächtigen sind die
die ihre Schwächen zu ihren Stärken machen, will wahrscheinlich
Terramare sagen. Das was er dazu an Handlung dietet sind
pathetische Mono=Dialoge (die Personen sprechen ohne aneinan¬
der Anteil zu nehmen) und bildhafte Spmbolik. Dilettanten
halten Dathos für Dramatik. Es gehört doch etwas mehr dazu,
wie Schiller bewiesen hat. Herr Kutschera schuf etwas ungemein
Massives in der Gestalt des Messer Ludovico. Frl. Graf sah
sehr hübsch aus, blond steht ihr gut. Herr Bing war süßlich
und flötete wie gewöhnlich. — „Tiebelei“ ist reizend in seiner
leichten Unmodernität. Das Wien von vorgestern, das Makari¬
Wien ist da zum Stil erhoben. Die Natürlichkeit strömt Duft
aus und die sanfte Sentimentalität erhebt sich zu erschütternder
ig
Seite 3
Cragik. Kleine Episoden geben die Zeit. Wie zum Beispiel die
Schlager Mizzi den „Doppel=Adler“ am Klaviere verlangt, sie
si gt ihn dann auch; Herrgott, wie unmodern klingt dieser
Militärmarsch!. Frl. Kutschera hat Temperament, ist drollig
und völlig unaffektiert. Das macht ihr Spiel spmpathisch und
entscheidet für ihr Calem. Herr Kutschera gab den seelenguten
Dapa Weiring. Frl. Graf spielte die Heldin, Heer Recke den
Belden (als unmoderner Elegant in seinem Element), dann war
noch Hrr Rehberger etwas aufdringlich vorhanden und Herr
Strauß. Es wurde stark applandiert.
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Tade onne Gewahr.
ttc (Canlagleter
vom:
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Theater, Kunst und Literatur.
Dr. G. G. „Die Mächtigen“ ein Akt von
Terramare, erwies sich als eine langatmige ge¬
sprächige Renaissanzetragödie mit Römerdramen¬
pathetik, Shakespeare'schen Lyrismen, Hebbeln¬
der Kraftmaierei, Ibsenscher Symbolistik und
kalter Dialektik. Das Thema der Macht, die über
Liebe und Leichen geht, wird in technisch
sorgloser Weise und in oft genug holprigen Ver¬
sen, die mitunter in Alltagsprosa sprechen, er¬
örtert. Auch Herrn Kutscheras Brusttöne
konnten nicht überzeugen. Schmer
belei"folgte in glänzender Tarstellung. Frl.
Graf bot als Christine ihre bisher weitaus
beste Leistung. Das Jnnige ihrer so lieben Na¬
türlichkeit kam in restloser Weise zur Geltung
und erreichte im Schmerza tsbruch des letzten
Aktes in Wort und Spiel schlechthin schauspiele¬
rische Vollendung. Jede ihrer Gefühlsäußerun¬
gen war echt, wahr und zu tiefst ergreifend. Eine
kleine Näherung an den Dialekt wird dieser rüh¬
renden Gestalt die letzte Wiener Bodenständig¬
keit geben. Frl. Graf gebührt volles, uneinge¬
schränktes Lob. Ihr Gegenstück, die lebensklügere.
Mizzi, wurde von Tilly Kutschera resch,
fesch und springlebendig, wit Gesten und Mimit
von frappierender Naturechtheit dargestellt. Dies
erwies sich auch im stummen Spiel, das keinen
leeren Augenblick hatte. Als Christinens Vater
fand sich Kutschera mit seiner ruhig gestaltenden
Kunst/in eigenster Domäne. Jeder Blick, jedes
Wort fügte sich ganz selbstverständlich in diese
ausgereifte Gestalt, in ihr tiefes Verstehen, ihre
langsauf aufbrechende, hütende Liebe, ihr gütiges
Verzeihen. Neben diesen drei gleichwertigen Ge¬
stalten, die alles bloß Spielerische gänzlich abge¬
streift hatten, bestanden auch die anderen recht“
gut. Frl. Wiesners knappe, sichere Zeich¬
nung, Herrn Reckes sympathische Liebenswür¬
digkeit und Herrn Rehbergers Frische, die
sich allerdings mitunter als forzierte Lustigkeit
mit allzu schlenkernden Bewegungen gab. Es gab¬
viel Blumen und Beifall vonseiten des splendid
besetzken Hauses, dem Schnitzlers „Liebelei“,
üher ein Theaterereignis hinaus zum erschüt¬
inden Erlebnis wurde.
Ausschnitt aus:
" Drünner Anrüige
74 00N. 1913
vem:
memceruneremen
des Thronrates war sehr durftig. Es wurde Kark applandiert.
ea. Die Mächtigen. Tiebelei. Zum Besten des öster¬
reichischen Bühnenvereines, gastierten Diktor Untschera und seine
Tochter Tilly. Zuerst eine Kraufführung „Die Mächtigen“.
Georg Terramare ¼ ein Name, der uns mit diesem Stücke
zum ersten Male aufstößt hat schon so äsiches geschrieben.
Wir konstatieven das Dorhandensein von Romanen und Novellen.
Und auch dieses Aktes' „Die Mächtigen“ Als Renaissancedrama
ist es durch seine breitausgesponnene Epik an scharfer Kon¬
tourierung der Charaktere verhindert. Die Mächtigen sind die
die ihre Schwächen zu ihren Stärken machen, will wahrscheinlich
Terramare sagen. Das was er dazu an Handlung dietet sind
pathetische Mono=Dialoge (die Personen sprechen ohne aneinan¬
der Anteil zu nehmen) und bildhafte Spmbolik. Dilettanten
halten Dathos für Dramatik. Es gehört doch etwas mehr dazu,
wie Schiller bewiesen hat. Herr Kutschera schuf etwas ungemein
Massives in der Gestalt des Messer Ludovico. Frl. Graf sah
sehr hübsch aus, blond steht ihr gut. Herr Bing war süßlich
und flötete wie gewöhnlich. — „Tiebelei“ ist reizend in seiner
leichten Unmodernität. Das Wien von vorgestern, das Makari¬
Wien ist da zum Stil erhoben. Die Natürlichkeit strömt Duft
aus und die sanfte Sentimentalität erhebt sich zu erschütternder
ig
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Cragik. Kleine Episoden geben die Zeit. Wie zum Beispiel die
Schlager Mizzi den „Doppel=Adler“ am Klaviere verlangt, sie
si gt ihn dann auch; Herrgott, wie unmodern klingt dieser
Militärmarsch!. Frl. Kutschera hat Temperament, ist drollig
und völlig unaffektiert. Das macht ihr Spiel spmpathisch und
entscheidet für ihr Calem. Herr Kutschera gab den seelenguten
Dapa Weiring. Frl. Graf spielte die Heldin, Heer Recke den
Belden (als unmoderner Elegant in seinem Element), dann war
noch Hrr Rehberger etwas aufdringlich vorhanden und Herr
Strauß. Es wurde stark applandiert.