II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1251

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Darsteller nur in ihrer Wirklichkeit zu erfassen
brauchen, um den Intentionen des Autors gerecht zu
werden. In der Rolle der Christine erschien Frl.
Nelli Dahlmann mehr herb, als süß, aber in
schauspielerischer Beziehung bedeutsam. Ihr Spiel
ist von einer imponierenden Kraft durchdrungen, die
der Figur wohl manche ihr gebührende Weichheit be¬
nimmt, aber ein umso größeres Interesse an der Art
ihrer schauspielerischen Verkörperung erweckt. Wäh¬
rend ein Paar großer, sprechender Augen hinge¬
bungsvolle Neigung und bereitwilliges Vertrauen
beredt auszudrücken wissen, eignet sich das zuweilen
tief klingende Organ besonders dafür, die Vermitt¬
lung jener Gefühle, die vorwurfsvolle Zweifel und
znlege dillere Eupörung zu enthülen bestimmt sind,
herbeizuführen und dieselben zu starker Wirkung zu
befähigen. Herr Fischer gibt den alten Weiring
umso ergreifender, als er ihn mit einer außerordent¬
lichen Natürlichkeit der Empfindung spielt, die nicht
nur in der rührenden Zärtlichkeit des Vaters, son¬
dern auch in der schlichten und doch so überzeugenden
Art sich geliend macht, mit der der alte Musiker
seiner Auffassung vom Leben und der Jugend Worte
verleiht. Frl. Medelskys „Schlager Mizzi“ ist
der Inhegriff des Wirklichen. Dieses ersteht aus
einem Talente, das die Kunst der Darstellung im
Bilde einer lebensvollen Interpretation betätigt und
dieser den Vorrang vor allen Außerungen techni¬
scher Natur einräumt. Der Fritz Lobheimer des
Herrn Louis Böhm ist von Haus aus etwas schwer¬
mütiger, als dem jungen Menschen zuträglich ist,
aber sein Spiel erregt dafür umso größere Teil¬
nahme, wenn sich die Situation derart zuspitzt, daß
die peinigende Unruhe in der Brust des jungen
Mannes die Oberhand gewinnt. Den Theodor gab
die
Herr Hennig mit teilnahmsvoller Wärme,
denfürfarelichen Freund erkennen ließ. Frl.
Jelly (Katharine Binder) und Herr Schich (ein
Herr) wirkten verdienstlich mit. Das Publikum rief
die Darsteller nach jedem Aktschluß stürmisch. — Am
Abend bildete der Einakter von Salten „Schöne
Seelen“ den Beschluß. Salten ist vor allem ein geist¬
reicher und zugleich humorvoller Plauderer,
und diesem Umstande ist es zu danken,
daß das kleine Stück, dessen Handlung
sich in einem Separé abspielt, trotz man¬
cherlei Längen unterhalten kann. Gespielt wurde es
ganz vorzüglich. Frl. Medelsky war in einer
Rolle, die ein ziemlich delikates Anfassen voraus¬
setzt, bei aller Ungeziertheit und Natürlichkeit
äußerst diskret und von einer bezwingenden Heiter¬
keit. Herr Böhm gab den simplen Neuling in der
Lebewelt mit urkomischer Beschränktheit, Herr
Hennig einen gewiegten Oberkellner mit dem
Ernst eines Mannes, der ein Lebensziel vor Augen
hat, und Herr Karl Fischer in zutreffender Kopie
die bekannte Gestalt des Klavierspielers in solchen
Restaurants. Die gelungenen szenischen Bilder, die
Herr Oberregisseur Karl Fischer sowohl in „Lie¬
belei“ als auch in dem Einakter stellte, zeigten, was
Inszenierungskunst auch mit beschränkten Mitteln,
wie sie hier zur Verfügung stehen, zu leisten ver¬
mag. Das übervolle Haus — selbst das Orchester
war wieder zur Aufstellung von Sitzplätzen benützt
worden — spendete den Gästen, wie bereits bemerkt,
X.
lebhaften Beifall.
[Der Opernsänger von dem Bruch)
vom Chemnitzer Zentraltheater wurde für das
deutsche Landestheater in Prag verpflichtet.