II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1267

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Liebelei
6. S
-1,91916
Reichenberger Tagespost,
Reichenberg.
Reichenberger Stadttheater.
„Liebelei". Schauspiel in drei Auf¬
zügen von Artyur Schnitzler¬
Die Modelle zu seinenk besten und erfolg¬
reichsten Stück, das am Mittwoch unter der vor¬
züglichen Führung des Direktors Karl Krug auf
unserer Bühne zur Aufführung gelangte hat
Schnitzler dem Wiener Boden entnommen. Wie
in den meisten seiner Dichtungen, so steht er auch
in diesem Werke, dlem Trauersspiel eines lieben¬
den Mädchenherzens, mitten im Loben. Gili jun¬
ger Mann, Fritz Lobheimer, lernt durch seinen
Freund ein armes, aber bildhübsches Mädchen
dennen, mit dem er eine Liebelei beginnt. Chri¬
stine Weiring aber liebt Fritz tief unsd innig, und
glaubt, ihn ganz zu besitzen; sie mag und kann
nicht daran denken, daß die Seligkeit, die sie in
ihrer ersten Liebe empfindet, einmal ein Ende
nehmen müßte. Lobheimer aber hat zugleich ein
Verhältnis mit einer verheirateten Frau, das
einen tragischen Ausgang nimmt. Der betrogene
Ehemann fondert den Geliebten seines Weldes
und tötet ihn im Duell. Als Christine den Tod
Fritz Lobheimers erfährt, bricht in ihr die schmerz¬
liche Erkenntnis durch, daß sie dem Manne, den
sie mit ganzer Seele geliebt, nur ein Spielzeug
in müßigen Stunden gewesen. Ein Erwachen,
das sie niederschmettert und zur Verzweiflung
treibt. Das Stück machte auf das überaus stark
besuchte Haus tiefen Eindruck. Rosa Kadlé
brachte alle Züge der bescheidenen, in ihrer jun¬
gen Liebe überglücklichen Christine ergreifend zum
Ausdruck. Packend und erschütternk wirkte sie im
dritten Aufzuge, als die enttäuschte Mädchen¬
seele gegen die Mißhandlung der heiligsten Ge¬
fühle aufschreit, die ihr angetan worden ist. In
Eduard Gebhard hat die Rolle des Fritz
Lobheimer einen Darsteller gefurklen, der mit
Gefühl und Empfindung seine Aufgabe erfüllte.
Ottokar Klang und Fwitzi Lian waren
als Gegenpaar tadellos. Das gleiche Lob ver¬
dienen Stafan Martin in der Rolle des
Violinspielers Weiring, Friederike Schwartz
als Katharina Binder und Oskar Sima als
der den Geliebten seiner Frau zur Rechenschaft
ziehende Ehemann. Die Aufführung der „Liebe¬
lei“ gehört mit zu den besten Theaterabenden die¬
ser Spielzeit und verdient eine Wiellerholung.
phon 12801.
„OBSERVER‘
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(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
331 Länzer Zeitung
vom:
Dem Bilde aus der Zeit französischer Galanterie folgte:
ein solches aus dem modernen Wiener Leben: Schnitzlers
„Liebelei“. Das im Dialog und in Bezug auf Bühnentechntr
sbrillante Stück des geistvollen Cynikers wurde hier schon in
mannigfacher Besetzung gegeben. Die gestrige Besetzung
war nicht die glücklichste. Die beiden „jungen Leute“ waren
verkehrt besetzt. Es soll damit durchaus nicht gesagt sein,
daß Herr Frieberg den Fritz und Herr Anthony den
Theodor nicht gut gespielt hätte; aber der Illusion wäre
mehr gedient gewesen, wenn Fritz Herr Anthony und Theo¬
dor Herr Frieberg gewesen wäre. Frl. Seldorf war die
diskreteste Mizzi Schlager, die die Linzer Bühne gesehen.
Bei Schnitzler darf man aber nicht allzu diskret sein und es
ist schade um jede Pointe, die verloren geht. Frl. Rigo
hat als Christine enttäuscht; durch zwei Akte allzu larmoyant,
erhob sie am Schlusse ein eintöniges, unangenehmes Ge¬
schrei. Einfach, natürlich und von guter Wirkung war Herr
L. F.=C.
Ehmann als Weiring.