II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1273

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Liebelei
5. Sn
Frankfurter Nachrichten
und Intelligenz Blatt
Frankfurt a. M.

21. MERZ 1916
Neues Theater.
Mit der „Liebelei“, jenem Stücke. das
Arthur Schnitsers dramatischenSichter¬
ruhm begründete, hat das Neue Theater am Mon¬
tag einen Zyklus der Werke dieses modernen
Wiener Arztes begonnen, der sich zur Zeit neben
seinem gleichfalls in Wien lebenden Fachgenossen
Schönherr einen der erheblichsten Anteile an den
Erträgnissen der Theater in der Kriegszeit gesichert
*
Nicht alle Stücke Schnitzlers sind einge¬
schlagen, aber sein Schaffen wird stets mit Teil¬
nahme verfolgt, weil er ernst mit den Erschei¬
nungen des zeitgenössischen Lebens ringt und es
besonders auf dem Gebiete des Einakters ver¬
standen hat, in fesselnden Bildern Menschen zu
zeichnen, wie sie der Alltag hervorbringt und
Schicksale zum Nachdenken aufzustellen, an denen
jeder Zuschauer schon Bekannte hat scheitern oder
sich wieder hat herausfinden sehen. Die den
Flattersinn der Lebewelt einfangenden Anatol¬
streiche haben länger gebraucht, sich durchzusetzen,
als die zwei Jahre später erschienene tragische Be¬
handlung des gleichen Stoffes in der Liebelei, die
nun bereits zwei Jahrzehnte alt ist und sich seit¬
dem als echte Komödie des Lebens und der Worte
fest in der Gunst gehalten hat. Die neue Ein¬
studierung durch Dkrektor Hellmer mit Eugen
Klöpfer, Maria Leiko, Poldi Sangora, Ernst
Laskowski und K. v. Möllendorf in den Haupt¬
rollen stellte das Stück gut und stimmungsvoll
heraus. Da am Mittwoch die Steinrück=Gastspiele
beginnen, wird bis zum zweiten Abend eine Woche
pausiert.
—I.
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Ausschnitt aus: Frankfurter Zeitung
—.— —
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Zhlla#e das Neue Theateskmit Reo¬
Dichlers „Tihbevei“ Das tief an die Seelen greifende
Stück, in dessen Gestalten neben der vom Wiener nun ein¬
mal nicht zu trennenden innerlichsten Leichtfertigkeit so viel
wahre Menschlichkeit verschlossen liegt, gibt den Darstellern
reiche Gelegenheit, das hinter dem äußeren Mantel
Figuren stehende Leben der Seelen über das gesprochene
Wort hinaus aufzutun und ihre Schicksalswege den Zu¬
hörern zu eröffnen. Die geserige Aufführung versuchte unter
einer feinhörigen Spiel=Leitung Herrn Hellmers, tiefer
zu schürfen als es die tragische Begebenheit äußerlich vor¬
zeichnet, sie bekundete sichtlich den Willen, die Handlung
zurücktreten zu lassen hinter das innere Erleben und
brachte so mit dem Versuch das rein Theatermäßige abzu¬
streifen, viel Anerkennendes zu Stande. Eines nur fehlte,
das organisch in alle und besonders in dieses Stück
Schnitzlers eingewebt ist: Das Wienerische. Sonst war das
Zusammenspiel glatt und erwuchs zu einem harmonischen
Ganzen. Herr Klöpfer gab dem alten, vom Dichter so
quellendlebendig erschauten Musiker das Herz des liebenden
Vaters, der, zerschellt am eigenen Leben, hilflos liebend neben
seiner Tochter steht und ihrer Not nur sein Mitleid geben
kann. Frau Leito hatte die Rolle der Tochter zu ihrer Art
des Spielens hinübergeleitet: sie war eine deutsche Christine,
sie erfaßte und steigerte das „Greichen“ in der Gestaltung,
aber sie war nicht die wienerische Christin', wie sie der Dichter
wohl gedacht. Und doch rührte sie in ihrer Einsamkeit. Dem
leichtsinnig=schwermütigen Fritz wurde Herr Laskowski
vollauf gerecht. Er wußte in seiner Herzensangst, in seinem
haltlosen Lieben, in seiner tiefen Schuld zu rütteln und zu
packen. Besonders eindrucksreich geriet ihm der Abschied von
seiner Liebsten: da war alles edie Beherrschtheit, inniges,
weinendes Lebewohl. Herr v. Möllendorf als leicht¬
lebiger, strupelloser Freund Theodor war aufgeräumt und
resch, wußte aber doch auch den ernsten Szenen Haltung und
Würde zu geben. Ein echtes Weaner Madel stellte Frl.
Sangora als Mizzi auf die Bretter. Ohne an Zukunft
und eine ewige Liebe zu denken, flattert sie durchs Leben und
steht doch ratlos ver Christinens großem Sehnen. In kleineren
Rosten schlossen sich Frau Bronsgeestlu Herr Heding
han Mahmed Ar Muffvhrnht
w. u.