febele
5. 11
Ausschnitt aus: Köchische Zeituare
vom: 19 GUN
—
Theater und Musik. /4
Liebelei.
* Im Deutschen Theater ging am Samstag Arthur
chanptel Liebelei über die Bühne. Von den
beiden Liebespaaren wurde das oberflächliche Paar, das
mit nüchterner Lebensklugheit die Liebe als einen ver¬
von
Zeitvertreib betrachtet,
pnüglichen, jederzeit kündbaren
Rudolf Blanckarts und Mizzi Korth Halper sehr flott,
mit trefflichem Humor und echter Wiener Lokalfarbe gespielt; das
andere Paar machte nur hier und da schüchterne Versuche in der
Wiener Mundart. Auch fehlte es Wolfgang Bartels, der sich
übrigens viel natürlicher gab als in den Stücken von Strindbeig, ein
wenig an lebemännisch reichter Eleganz und einem Anhauch öster¬
reichischen Dandytums. Die Rolle der Christine, des süßen Mädels,
das es so bitter ernst mit der Liebe nimmt, war einer Anfängerin,
Else Lesebore, übertragen. Im äußern Auftreten, in den Be¬
wegungen, ist die Darstellerin noch nicht über die angelernte Schablone
der Theaterschule hinaus; sie spielte auch kein Wiener Mädchen son¬
dern eine sentimentale Liebhaberin, wie der Fachausdruck heißt, schlecht¬
weg. Aber über diese Mängel, welche Zeit und Arbeit tilgen können,
sieht man gern hinweg, da die Künstlerin, die durch ein ansprechendes
Außere unterstützt wird, über eine gute Sprechtechnik verfügt und in
den tragischen Szenen eine bemerkenswerte Kraft der Empfini##ng
offenbarte, so daß man an ihr Auftreten Hoffnungen knüpfen darf.
Der Vater Christlnes wurde von Kurt Marx, die Frau Binder von
Erna Geschwandner recht befriedigend gespielt. Wir glauben,
einem Wunsch des Publikums zu entsprechen, wenn wir dem Theater
eine etwas größere Pünktlichkelt empfehien.
1 „l
(QuelienAphr Gie (wind. eitung
Ausschnitt aus:
vom: 2500A 1976
Eeßelei, von Arthur Schnlhlex. Castspiel des 6e4.
Grete Reiul vom Kleinen Theater in Berlin.
Es gibt eine Anzahl Kritiker, bei denen Schnitzler
nicht gut wegkommt. So wird er anläßlich der Urauffüh¬
rungen seiner letzten drei Einakter. „Stunde des Erkennens“
„Das Bachusfest“, „Große Szene;, die in Wien und Frank¬
furt zu gleicher Zeit über die Breiter gingen, als der müde,
#trontsche Skeptiker, den jeder Schwung und alle Begeisterungs¬
fähigkett fehlt, genannt. Jeder Mensch hat Freunde und
Feinde und die schlechtesten Frichte sind es nicht, woran
die Wespen nagen. Daß Schnitzler, der Seelenarzt Schnitzler,
in vielen seiner Werke eine Mischung von lüsterner Sinn¬
lichkeit und bedenklicher Grotik mit Sentimentalität uni
blasiertem Philosophieren mischt, ist ja jedem bekannt. Ich
verweise nur auf seine literarischen Erzeignisse, die nicht
für die Bühne geschrieben sind. Wenn man ihn aber in
seinen Bühnenwerken einen ähnlichen Vorwurf machen
wollte, so wäre dieses Generalisieren verfehlt. In, Liebelel“
lernt man Schnitzler als Dichter von innerer Wahrheit
kennen. Seine Seelenanalyse des Weides ist von psycho¬
logischer Tiefe, der Aufbau des Werkes selbst von Virtuosität.
Mon verstehe mich nicht falsch, wenn ich Schnitzler das
Wort rede; aber einige seiner Werke können Anspruch auf
g rechte und gute Wertung machen. Und hieher gehört
„Liebelei“.
Das Stück ist ja so bekannt, daß eine Inhaltsangabe:
wohl nicht nötig ist. Also die Aufführung: Der Gast, Grete
Reinl, ein Franzensbader Kind, hatie natürlich ein aus
verkauftes Haus und wurde mit Blumen fast überschüttet.
Der überaus große Beifall. der ihr als „Mizzi Schlager“
gezollt wurde, ist aber „ganz“ auf das Konto ihrer Leistung 1
zu schreiben. Frisch, sprudelnd, ohne krankhafte Moderni¬
täten, war ihre „Mizzi“ einfach köstlich. Das größte Lob
dürfte wohl darin gipfeln, wenn wir dem Wunsch: Ausdruck
verleihen, sie möchte bei einer anderen Gelegenheit nochmals
gastieren. Daß eine so geschlossene Vorstillung zustande (
kam, ist der zielbewußten Arbei: unseres ganz vorzüglichen z
Regisseurs Leo Bowacz zu danken. Man sieht aus der
Darstellung der einzelnen Rollen, daß er das Empfinden
des Schauspielers nicht vergewaltigt, sondern belebt durch
sein Wort und nicht zuletzt durch sein eigenes brillantes
Spiel. Daß Bowacz auch Klavier spielt, wie c., die Rolle
als Fritz Lobheimer verlangt, macht die Figur des Fritz erst
recht nalürlich. Wir hatten seit Jahren keinen so tüchtigen
Schauspieler und Spielleiter wie Bowacz. Georg Seide¬
mann als Weiling und Tha Burkhart als Katharina
Binder waren sehr gut. Franz von Kirsch war ein
richt guter Theodor, der mit seinem süßen Weaner
Madl, der Mizzi, das Leben nimmt wie es ist.
Als Christine stellte sich Hertha von Franken vor. Die
sinnige ernsthafte Natur dieses Mädchens wurde durch
v. Franken besonders gut zum Ausdruck gebracht. Die
Szene, wo Fritz ein Stündchen stillen Glückes genießt und
dann Abschied nimmt, war einsach überwältigend schön.
Bowacz und v. Franken war ein Paar, das an dem großen
Erfolge des Abends, nächst dem Gaste, reichsten Anteil
hatte. R. Volker gab den betrogenen Herrn der unbe¬
kannten Dame, um derentwillen der arme Fritz sein Leben
lassen mußte.
Die Vorstellung war wie aus einem Guß. Jeder
der Darsteller gab sein Bestes. Der Beifall war denn auch
ein sehr stürmischer und galt sowohl der „lieben Gastin“ in
erster Linie als auch unseren heimischen tüchtigen Kräften.)
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Ausschnitt aus: Köchische Zeituare
vom: 19 GUN
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Theater und Musik. /4
Liebelei.
* Im Deutschen Theater ging am Samstag Arthur
chanptel Liebelei über die Bühne. Von den
beiden Liebespaaren wurde das oberflächliche Paar, das
mit nüchterner Lebensklugheit die Liebe als einen ver¬
von
Zeitvertreib betrachtet,
pnüglichen, jederzeit kündbaren
Rudolf Blanckarts und Mizzi Korth Halper sehr flott,
mit trefflichem Humor und echter Wiener Lokalfarbe gespielt; das
andere Paar machte nur hier und da schüchterne Versuche in der
Wiener Mundart. Auch fehlte es Wolfgang Bartels, der sich
übrigens viel natürlicher gab als in den Stücken von Strindbeig, ein
wenig an lebemännisch reichter Eleganz und einem Anhauch öster¬
reichischen Dandytums. Die Rolle der Christine, des süßen Mädels,
das es so bitter ernst mit der Liebe nimmt, war einer Anfängerin,
Else Lesebore, übertragen. Im äußern Auftreten, in den Be¬
wegungen, ist die Darstellerin noch nicht über die angelernte Schablone
der Theaterschule hinaus; sie spielte auch kein Wiener Mädchen son¬
dern eine sentimentale Liebhaberin, wie der Fachausdruck heißt, schlecht¬
weg. Aber über diese Mängel, welche Zeit und Arbeit tilgen können,
sieht man gern hinweg, da die Künstlerin, die durch ein ansprechendes
Außere unterstützt wird, über eine gute Sprechtechnik verfügt und in
den tragischen Szenen eine bemerkenswerte Kraft der Empfini##ng
offenbarte, so daß man an ihr Auftreten Hoffnungen knüpfen darf.
Der Vater Christlnes wurde von Kurt Marx, die Frau Binder von
Erna Geschwandner recht befriedigend gespielt. Wir glauben,
einem Wunsch des Publikums zu entsprechen, wenn wir dem Theater
eine etwas größere Pünktlichkelt empfehien.
1 „l
(QuelienAphr Gie (wind. eitung
Ausschnitt aus:
vom: 2500A 1976
Eeßelei, von Arthur Schnlhlex. Castspiel des 6e4.
Grete Reiul vom Kleinen Theater in Berlin.
Es gibt eine Anzahl Kritiker, bei denen Schnitzler
nicht gut wegkommt. So wird er anläßlich der Urauffüh¬
rungen seiner letzten drei Einakter. „Stunde des Erkennens“
„Das Bachusfest“, „Große Szene;, die in Wien und Frank¬
furt zu gleicher Zeit über die Breiter gingen, als der müde,
#trontsche Skeptiker, den jeder Schwung und alle Begeisterungs¬
fähigkett fehlt, genannt. Jeder Mensch hat Freunde und
Feinde und die schlechtesten Frichte sind es nicht, woran
die Wespen nagen. Daß Schnitzler, der Seelenarzt Schnitzler,
in vielen seiner Werke eine Mischung von lüsterner Sinn¬
lichkeit und bedenklicher Grotik mit Sentimentalität uni
blasiertem Philosophieren mischt, ist ja jedem bekannt. Ich
verweise nur auf seine literarischen Erzeignisse, die nicht
für die Bühne geschrieben sind. Wenn man ihn aber in
seinen Bühnenwerken einen ähnlichen Vorwurf machen
wollte, so wäre dieses Generalisieren verfehlt. In, Liebelel“
lernt man Schnitzler als Dichter von innerer Wahrheit
kennen. Seine Seelenanalyse des Weides ist von psycho¬
logischer Tiefe, der Aufbau des Werkes selbst von Virtuosität.
Mon verstehe mich nicht falsch, wenn ich Schnitzler das
Wort rede; aber einige seiner Werke können Anspruch auf
g rechte und gute Wertung machen. Und hieher gehört
„Liebelei“.
Das Stück ist ja so bekannt, daß eine Inhaltsangabe:
wohl nicht nötig ist. Also die Aufführung: Der Gast, Grete
Reinl, ein Franzensbader Kind, hatie natürlich ein aus
verkauftes Haus und wurde mit Blumen fast überschüttet.
Der überaus große Beifall. der ihr als „Mizzi Schlager“
gezollt wurde, ist aber „ganz“ auf das Konto ihrer Leistung 1
zu schreiben. Frisch, sprudelnd, ohne krankhafte Moderni¬
täten, war ihre „Mizzi“ einfach köstlich. Das größte Lob
dürfte wohl darin gipfeln, wenn wir dem Wunsch: Ausdruck
verleihen, sie möchte bei einer anderen Gelegenheit nochmals
gastieren. Daß eine so geschlossene Vorstillung zustande (
kam, ist der zielbewußten Arbei: unseres ganz vorzüglichen z
Regisseurs Leo Bowacz zu danken. Man sieht aus der
Darstellung der einzelnen Rollen, daß er das Empfinden
des Schauspielers nicht vergewaltigt, sondern belebt durch
sein Wort und nicht zuletzt durch sein eigenes brillantes
Spiel. Daß Bowacz auch Klavier spielt, wie c., die Rolle
als Fritz Lobheimer verlangt, macht die Figur des Fritz erst
recht nalürlich. Wir hatten seit Jahren keinen so tüchtigen
Schauspieler und Spielleiter wie Bowacz. Georg Seide¬
mann als Weiling und Tha Burkhart als Katharina
Binder waren sehr gut. Franz von Kirsch war ein
richt guter Theodor, der mit seinem süßen Weaner
Madl, der Mizzi, das Leben nimmt wie es ist.
Als Christine stellte sich Hertha von Franken vor. Die
sinnige ernsthafte Natur dieses Mädchens wurde durch
v. Franken besonders gut zum Ausdruck gebracht. Die
Szene, wo Fritz ein Stündchen stillen Glückes genießt und
dann Abschied nimmt, war einsach überwältigend schön.
Bowacz und v. Franken war ein Paar, das an dem großen
Erfolge des Abends, nächst dem Gaste, reichsten Anteil
hatte. R. Volker gab den betrogenen Herrn der unbe¬
kannten Dame, um derentwillen der arme Fritz sein Leben
lassen mußte.
Die Vorstellung war wie aus einem Guß. Jeder
der Darsteller gab sein Bestes. Der Beifall war denn auch
ein sehr stürmischer und galt sowohl der „lieben Gastin“ in
erster Linie als auch unseren heimischen tüchtigen Kräften.)