II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1302

Liebelei
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Deutsches Theater, 3. September 1917.
Arthur Schnitzlerz Liebelel. Ludwig Thoma: Lott¬
Wehuristag.
Der vierte Abend des Deutschen Theaters-wies äußerlich das
gleiche Bild auf wie die vorhergehenden. Auch diesmal ein
gefülltes Haus, auch diesmal eneben dem Feldgra# dei Uni¬
formen das Zivil — vielleicht ein wenig stärker vertreten als
an den drei anderen Abenden. Aber ein einschneidendes Er¬
eignis särbte den Ton dieses Abends fast zu einer Feier. Es
war ein frohes, glückverheißendes Zwischenspiel, als Direktor
Wagner mit einem Extrablatt der „Deutschen Warschauer Zei¬
tung“ in der Hand von der Rampe herunter verkündete, daß
Riga genommen sei und sich das Publikum, an dessen Spitze
Generalgouverneur von Beseler der Vorstellung bein ohnie, ich
zu begeisterter Huldigung für seinen Kaiser zusamn #fand.
Dieser Abend, äußerlich hierdurch heraus###, verhieß
eines zarten, lieben Dichters seines Werk: „Liebelei' von Ar¬
thur Schnitzler: jenes heiter beschwingte und doch tiefbe¬
schattete Schauspiel vom Liebeln und Leichlsinn, vom Lieben¬
müssen und Nichtlassenkönnen. Zwei so ungleiche Paare treten
zur leisen Wiener Quadrille an, tanzen; doch nur zwei der vier
Menschen drehen sich heiter und sorgenlos bis zum letzten Tatty
das andere Paar tanzt schwer und traurig in den Tod.
Es verdient hohe Achtung, daß der Direktor und Regisser
mit seiner mutigen Truppe gleich im Anfang zu diesem leiten
seinen Stücke griff. Und auch die Aufführung selbst zeigle
Qualitäten. Erst das gewiß ständig ineinanderwachsende En¬
semble wird diese zu einer schönen Einheit binden, der min l
dann noch einen weichen, alles aunschmeschelnden Hauch vom
Wonetum wünscht. Zur lustig=wehmütigen Quadrille traten
an Willy Dietrich und die herzhaft frische Erna Schöller
und als das schwermütige Paar Lotte Heydrich, die be¬
sonders im zweiten und dritten Akt (ähnlich wie in Suder¬
manns „Johannisfeuer") die allmähliche Steigerung vom Zwei¬
fel zur Ungewißheit, Angst, zum Verzagen und schließlich zur
sich selbst verlierenden Verzweif###g zu vollem, tiefeindringlichen
Ausdruck brachte. und Richard Salzmann. Am reisten
sprach der Dichter zu uns aus dem alten Weiring Sieg¬
fried=Rüthlings, eine unendlich gütige, weiche, musika¬
lische Seele lächelte jenseits aller lodernden oder bösen Mensch¬
lichkeiten aus diesem alten, veczehrtem Körper. Neben dieser
liebevoll #irtgestalteten Figur stand in einer Szene die kräftige,
stichelnde Strumpfflickersfrau von Agnes Wagner=Wer¬
ner. Gedacht sei auch noch der Episode des „Herrn“ im An¬
fangsakte, die Herr Eugen Klimm ungenöhnlich nachdrucks¬
voll, als Sonderdrama des betrogenen Gatten wenn auch um
ein Bedeutendes zu schwer in Ton und starker Geste, spielte.
Dem Wiener Poeten Schnitzler folgte der forsche Bäher
Ludwig Thomat der sehr drollige Einakter „Lottchens Geburts¬
tag“ der bis zu der ein wenig matten Pointe die Hörer in stür¬
mischste Laune warf. Eine samose, lachende Satire auf beichen¬
klappte Professoren eint sich mit freier, doch stets geschmack¬
voller, herzlicher Verspottung des Problems der geschlechtlichen
Aufklärung. Fritz Schäfer gal lustig den alten, Willy
Gade den jungen Kathederpedanten. Und dazwischen kicherten
herzhaft und überlegen zwei Frauen, verkörpert von Agnes
Wagner=Werner und der geschmackvoll schlichten He¬
lene Rosner.
Dieser Abend erwies, daß man Warschan zu seinom
Deutschen Theater und dem Deutschen Theater zu einer hof¬
entlich währenden, stetig reifendem Zukunst schon jetztbrück
wüghen darf.
E. R.
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Arteiler-Zeilung, Wer
Theater und Kunst.
Volksbühne. Wie dem Schauspieler Sein und Schein
ineinanderfließen, daß er nicht mehr weiß, wo das eine auf¬
hört und das andere anfängt, wie ihm seine Einbildungskraft
und seine Eitelkeit das Spiel zur Wirklichkeit, das Leben zur
Komödie machen und ihn jedes Maß der Dinge verlieren
lassen, das stellte Moissi gestern meisterhaft in zwei
Vollen dar. In „Talmas Ende“, einem Scherz von Alfred
Polgar und Armin Friedmann, bot er eine mit dem
feinsten Humor durchgeführte Charakterstudie. Sehr lustig spielte
Grete Jakobsen in diesem Stück eine kleine Theater¬
närrin. In Schuitlons Groteske „Der grüne Kakadu“
überraschte Moissi die Zuschauer durch den Uebergang von
elegischer Zartheit zur wildesten Leidenschaft. Im übrigen ließ
in diesem Stück die Darstellung und vor allem die Spiel¬
leitung manches zu wünschen übrig. Gut waren Hans
Ziegler als Strolch und Ida v. Norden in der Rolle
einer nach Aufregungen gierenden Dame. Moissi wurde natüt¬
lich wieder bejubelt.
j. St.