Liebelei
5. # box 12/7
Telephon 12.801.
P.
*SME
1
„USSEIVEN
Interr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
n Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf. Kopen¬
#agen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Tosk.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St zburg.
(Guallenengebe ehne dewüss).
Ausschnitt aus:
ES
Der Salon, Wien
vom:
die zweite Antrittsrolle Herrn Girardis
ülter Violinspieler in Artur Schnißler
„„Libelei“ war, mas von #esem-Meister
der Kunst nicht anders zu erwarten war, aus¬
Tgezeichnet. Hier kam Girardis Meisterschafts
in der Charatterisierung wieder zur vollsten
Geltung. Seine entzückende einfache Natür¬
lichkeit stattet den alten Organisten ganz#
glaubwurdig aus und seine Ergriffenheit, die
Tochter auf das schreckliche Ende ihres Gelieb¬
ten vorzubereiten, wirkte erschütternd auf das
Publikum. Zunächst dem Künstler stand wohl
Frau Medelsty als seine Tochter Chri¬
stine, die durch ihr unvergleichliches Spiel dieser
Gestalt alles Interesse einflösst. Herr Ge¬
asch syjelte zum erstenmal den Fritz, u. zw.
nit ganz guter Wirkung. Herr Lackner als
seodor war ganz am Platze. Ein frischer,
ebenslustiger, dabei sehr eleganter Lebemann.
n Fraulein Kutschera fand er eine sehr
würdige Partnerin. Die junge Künstlerin
ntwickelt sich jetzt von Rolle zu Rolle immer
esser und ihr Temperament konnte sich mit
der „Schlager Mizzi“ sozusagen austoben.
Das wieder dichtbesetzte Haus nahm die Lei¬
stung Herrn Girardis wie aller übrigen Mit¬
wvirkenden mit großem Beifall auf.
Schnitzlers „Literatur“ machte den Schluß;
des schönen Abends, welche von Fränkein
Marberg und den Herren Treßler und
Heine slott und virtups gespielt wurde.
— REICHSPOST, WIEN
Theater, Künst, Musik.
Hofburgtheater. Auf der Suche nach Rollen für
Girardi ist man auf den alten Musiker Weiring in
[chnitzlers „Liebelei“ verfallen. Heute hat Girardi
die Rölle zumersten Male gespielt und die beiden Auf¬
tritte, die ihm hier vorgezeichnet sind, mit seiner warmen
Menschlichkeit übersonnt. Sonderlich gut am Platze ist frei¬
lich ein Girardi in einem Schnitzler=Stück nicht, wenngleich
in „Liebelei“ das Bemühen, wienerisches Volksstück vor¬
zutäuschen, verhältnismäßig geglückt erscheint. Frau
Wedelsky als Christine rührt durch ihre schmerzliche
Sanftheit, die Mizzi Schlager macht Frl. Kutschera
zu einan echten vorstädtischen „Schnabel“. Frl. Walbeck
als Frau Binder steht wirklich in Wienerischer Luft da und
gibt dem Meister Girandi eine treffliche Partnerin ab. Den
Fritz spielt Herr Gerasch, der Theodor ist Herrn Lackner
zugefallen. Nachher spielte man Schnitzlers überspitzt
witzigen Einakter „Literatur",
A
#ie D. 2 8
NN
Cheater und Kutst.
b. Burgtheater. „Liebelei“ von Artur
Schnitzler; neu einstudiert. Besonders der
duteben alten, trotz seiner dis¬
kreten Sentimentalität noch gar nicht ranzig
gewordenen Stückes wirkte in dieser guten
neuen Besetzung vortrefflich: eine famos
wienerische, famos grisettenhafte, samos lustige
und nicht einmal zu laute Schlagermizzi
(Fräulein Kutschera), und ein mit
an¬
gut
wienerischem Behagen zynischer,
gegessener, leichtfertiger und doch, wenn es
sein muß, männlich starker Theodor Kaiser
(Herr Lackner) als Chorus und Hintergrund
für die schlanke, schlichte Gestalt Christinens
(natürlich: Frau Medelsky): und die lehnt
sich an einen Vater, den Girardi gibt,
gibt, daß man dem Violinspieler aus dem
Vorstadttheater diese erfrischende, gesunde,
wienerische Vorstadt (und gesundes Theater
mitten in der vornehmen Burg erfreulich an¬
merkt. Es ist nichts Störendes auf der Bühne,
nicht einmal die leidige Gloriole um Girardis
Haupt (obwohl nicht bei jedem Abgang los¬
applaudiert werden müßte; er verdient es zu
gut, als daß man es tun sollte). Nichts
Störendes — denn im dritten Akt hat den
jungen Fritz sein Schicksal schon ereilt; das
heißt: Gerasch ist nicht mehr auf der Bühne.
Schicksal ereilt? Ach, er sah aus, als hätte er
keines haben können. Ach, er betrug sich wie
ein Friseur mit einem Innenleben; und deutete
öfter mit einer seiner gütigst erklärenden Hand¬
bewegungen an: Passet auf, bisher stand ich
nur verführerisch da, jetzt kommt das Innen¬
leben. Aber es kam nur ein Außenreden. Ein
verderbter und untergehender Jüngling von
edler Art sollte das sein? Ach. er war enorm
unverderbt. Einer von der Wiener Jugend#
Von Jugend kein Hauch, von Wien kein Tan.
Wenn ihn diese lebendige Christine an „sich
drückte) erwartete man, die Luft pfeisen zu
hören dis seiner ausgedehnten Leere.
5. # box 12/7
Telephon 12.801.
P.
*SME
1
„USSEIVEN
Interr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
n Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf. Kopen¬
#agen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Tosk.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St zburg.
(Guallenengebe ehne dewüss).
Ausschnitt aus:
ES
Der Salon, Wien
vom:
die zweite Antrittsrolle Herrn Girardis
ülter Violinspieler in Artur Schnißler
„„Libelei“ war, mas von #esem-Meister
der Kunst nicht anders zu erwarten war, aus¬
Tgezeichnet. Hier kam Girardis Meisterschafts
in der Charatterisierung wieder zur vollsten
Geltung. Seine entzückende einfache Natür¬
lichkeit stattet den alten Organisten ganz#
glaubwurdig aus und seine Ergriffenheit, die
Tochter auf das schreckliche Ende ihres Gelieb¬
ten vorzubereiten, wirkte erschütternd auf das
Publikum. Zunächst dem Künstler stand wohl
Frau Medelsty als seine Tochter Chri¬
stine, die durch ihr unvergleichliches Spiel dieser
Gestalt alles Interesse einflösst. Herr Ge¬
asch syjelte zum erstenmal den Fritz, u. zw.
nit ganz guter Wirkung. Herr Lackner als
seodor war ganz am Platze. Ein frischer,
ebenslustiger, dabei sehr eleganter Lebemann.
n Fraulein Kutschera fand er eine sehr
würdige Partnerin. Die junge Künstlerin
ntwickelt sich jetzt von Rolle zu Rolle immer
esser und ihr Temperament konnte sich mit
der „Schlager Mizzi“ sozusagen austoben.
Das wieder dichtbesetzte Haus nahm die Lei¬
stung Herrn Girardis wie aller übrigen Mit¬
wvirkenden mit großem Beifall auf.
Schnitzlers „Literatur“ machte den Schluß;
des schönen Abends, welche von Fränkein
Marberg und den Herren Treßler und
Heine slott und virtups gespielt wurde.
— REICHSPOST, WIEN
Theater, Künst, Musik.
Hofburgtheater. Auf der Suche nach Rollen für
Girardi ist man auf den alten Musiker Weiring in
[chnitzlers „Liebelei“ verfallen. Heute hat Girardi
die Rölle zumersten Male gespielt und die beiden Auf¬
tritte, die ihm hier vorgezeichnet sind, mit seiner warmen
Menschlichkeit übersonnt. Sonderlich gut am Platze ist frei¬
lich ein Girardi in einem Schnitzler=Stück nicht, wenngleich
in „Liebelei“ das Bemühen, wienerisches Volksstück vor¬
zutäuschen, verhältnismäßig geglückt erscheint. Frau
Wedelsky als Christine rührt durch ihre schmerzliche
Sanftheit, die Mizzi Schlager macht Frl. Kutschera
zu einan echten vorstädtischen „Schnabel“. Frl. Walbeck
als Frau Binder steht wirklich in Wienerischer Luft da und
gibt dem Meister Girandi eine treffliche Partnerin ab. Den
Fritz spielt Herr Gerasch, der Theodor ist Herrn Lackner
zugefallen. Nachher spielte man Schnitzlers überspitzt
witzigen Einakter „Literatur",
A
#ie D. 2 8
NN
Cheater und Kutst.
b. Burgtheater. „Liebelei“ von Artur
Schnitzler; neu einstudiert. Besonders der
duteben alten, trotz seiner dis¬
kreten Sentimentalität noch gar nicht ranzig
gewordenen Stückes wirkte in dieser guten
neuen Besetzung vortrefflich: eine famos
wienerische, famos grisettenhafte, samos lustige
und nicht einmal zu laute Schlagermizzi
(Fräulein Kutschera), und ein mit
an¬
gut
wienerischem Behagen zynischer,
gegessener, leichtfertiger und doch, wenn es
sein muß, männlich starker Theodor Kaiser
(Herr Lackner) als Chorus und Hintergrund
für die schlanke, schlichte Gestalt Christinens
(natürlich: Frau Medelsky): und die lehnt
sich an einen Vater, den Girardi gibt,
gibt, daß man dem Violinspieler aus dem
Vorstadttheater diese erfrischende, gesunde,
wienerische Vorstadt (und gesundes Theater
mitten in der vornehmen Burg erfreulich an¬
merkt. Es ist nichts Störendes auf der Bühne,
nicht einmal die leidige Gloriole um Girardis
Haupt (obwohl nicht bei jedem Abgang los¬
applaudiert werden müßte; er verdient es zu
gut, als daß man es tun sollte). Nichts
Störendes — denn im dritten Akt hat den
jungen Fritz sein Schicksal schon ereilt; das
heißt: Gerasch ist nicht mehr auf der Bühne.
Schicksal ereilt? Ach, er sah aus, als hätte er
keines haben können. Ach, er betrug sich wie
ein Friseur mit einem Innenleben; und deutete
öfter mit einer seiner gütigst erklärenden Hand¬
bewegungen an: Passet auf, bisher stand ich
nur verführerisch da, jetzt kommt das Innen¬
leben. Aber es kam nur ein Außenreden. Ein
verderbter und untergehender Jüngling von
edler Art sollte das sein? Ach. er war enorm
unverderbt. Einer von der Wiener Jugend#
Von Jugend kein Hauch, von Wien kein Tan.
Wenn ihn diese lebendige Christine an „sich
drückte) erwartete man, die Luft pfeisen zu
hören dis seiner ausgedehnten Leere.