II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1316

Liebelei
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8. —
2 Mn2 1978
Tenee Waner Ingkeat, Wien
Theater, Kunst und Tileratur.
Burgtheater. Die Zeit der Sensationen scheint
glücklich vorüber zu sein. Anstatt eines durchtobten
Girardi=Abends erlebten wir gestern ein paar
ruhigere Schnitzlen
. Nicht nur der
dichterische, sond
auspielerische Geist,
der in „Liebelei
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Spieler seiner Umgebung an und entsprach den Ab¬
sichten des Dichters ohne Zweifel besser als der edle
eldendarsteller und Père noble, der sich von olym¬
vischen Höhen zu dem im Orchesterdienst ergrauten
Musikanten herabließ, als Schnitzler mit der
„Liebelei“ seinen Einzug ins Burgtheater hielt. Wer
es nicht wüßte, möchte kaum glauben, daß dieses wahr¬
haft erfreuliche, folgen= und erfolgreiche Burg¬
theuterereignis schon 23 Jahre alt ist. Es hätte keiner
andern Verjüngungskur bedurft, als des erneuten
Studiums mit frischen Kräften, um so stark zu wirken
wie je. Wenn die Kräfte nur noch ausgeglichen ge¬
wesen wären. Fräulein Kutschera will der leichten
Person der Schlager=Mitzi nichts schuldig bleiben und
tut des Guten manchmal zu viel. Um so schwerer
fällt das andre „süße Mädel“, die Christine der Frau
Medelsky, mit ihrer zarten, von Wehmut ge¬
dämpften, zuletzt aber explodierenden Tragik ins
Gewicht Ein ähnliches Verhältnis waltet zwischen
dem aufgezäumten, trockenen Taugenichts des Herrn
Lackner und dem sentimentalen Tagedieb
des Herrn Gerasch. In dem furchtbaren „fremden
Herrn" Devrients und der ergötzlichen Strumpf.
wirkersgattin des Fräuleins Walbeck — zwei aus¬
gezeichnete Chargen — begrüßten wir gerngesehene
alte Belannte wieder. Der sich vom Lustspiel durchs
ma zur Tragödie entwickelnden „Liebelei“ folgte
übermütige Schwank „Literatur“ als graziöses
irspiel Fräulein Marberg sing den losen
metterling ein, Herr Treßler fixierte ihn mit
Nadel, Herr Heine spannte seine schimmernden
Flügel auf und der Geist des Dichters sorgte dafür,
raß der schöne Falter unter Glas und Rahmen des
Burgtheaters wohl erhalten bleibt.
M. K.
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2 tls 1873
Missiriertes Wiener Extrabtatt 19.
(Hosburgtheater. Von det ersten Besezung der
„Liebelei, die vor dreiundzwanzig Jahren das
Rainvenlicht erblickte, kann man mit dem alten Geiger
Weung sagen: „Ste kommt nicht wieder!“ Uebrig
blieb nur die Strumpfwirkerin, das ist Fränlein
Walbick die auch gestern so brav war, wie ehedem.
Das Schauspiel Schulple#eigt keine Runzel es
wirkt noch immer, troß seiner Vielgegebenheit. Den
zuerst von Sonnenthal gespielten Geiger Weiring
wählte Girardi als seine zweite Antrittsrolle. Er
gab dem Vater des füßen Mädels die unerläßliche
Volkstümlichkeit. Man vorte das echte Wiener
Herz schlngen, nicht
das Coupletgerz,
das
man gemeiniglich das goldene nennt. Ein schlichter.
führender Menich stand da, der den leisen Humor
seiner Lebeneerfahrung ebenso einfach ausdrückte, wie
den ergreifenden Schmerz über den Verlust der
Tochter. Reicher Beifall lohnte die fesseinde
Leißtung. Neu waren noch Fläutein Kutschera
als sorglos fröhliche, nur ein wenig zu zappelige
Sch agermitzt. Herr Lackner als pointen¬
schleudernder Theodor und Herr Gerasch als Lob¬
heimer. Von diesem verstand ich keln Wort. Um ihm
den nnrecht zu tun, beichtaptie ich die Almie
des Hauses. Als aber Girardi weithin“ ver¬
nehmlich war, leistete ich ihr reuig Abbitte.
brterer Telung,
Theater und Kunst.
Burgtheater. Man sucht jetzt Röllen für Girardi.
Das ist jedenfalls besser, als wenn man Rollen hätte und
seinen Girardi. Auf der Suche nun ist man auf den alten
Musiker in Schui#lers „Liebelei“ verfallen. Nicht so un¬
eben der Gedanke; die Figur ist zwar dem Dichter etwas
schattenhaft geraten; doch Girardi hat ja schon so oft Gestalten
mit seinem Blut erfüllt. Diesmal wollt' es nicht recht gelingen.
Der Künstler nahm den Musiker gewissermaßen zu hochdeutsch,
zu papierdeutsch, er hatte hochachtungsvolle Angst vor der
Rolle. Nur einmal sagte er unbefangen „Uebertrettung“ mit einem .
dreifachen „4“ und ein Wiener Lächeln ging über seine starre
Gestalt. Den Ton dieses wienerischen Schauspiels, den geistigen
und den lautlichen, trifft in der neuen Besetzung nur Herr
Lackner (Theodor). Frau Medelsky (Christine)
ist noch immer gut, aber bei Gelegenheit der Neu¬
studierung hätte nicht versäumt werden sollen, auch
diese Rolle neu zu besetzen. Die Jugend allein macht es natür¬
lich nicht, auch für die Schlager=Mizzi genügt es nicht allein,
jung zu sein Fräulein; Kutschera ist nichts als jung.
Warum Heir Gerasch den Fritz mit all dem Leid eines ver¬
wöhnten reichen Judenjungen belastet, bleibt unerfindlich, so
ganz im Cottage und ausschließlich dort spielt die „Liebelei“
denn doch nicht. — Weit besser wurde „Literatur“ gespielt;
Frau Marberg, die Herren Treßler und Heine unter¬
hielten sich und das Publikum aufs beste. Man grauste sich
vor dieser Art Literatur und empfand innige Sympathie mit
dem freiherrlichen Trottel, der zu wohlerzogen ist, um
literarisch zu sein.
D. B.