iebelei
OK 12
5. L 2
20 /10
Nene Tiroler Stimmen, Innsbrnek
„Licbelel“ von Arthur Schnigler.
Am vergangenen Freita# d man Schüitzlers
Schauspiel „Liebelei“, das einstmals viel gelobt wurde,
heute aber bereits erheblich muffelt. Schnitzter ist
kein Dramatiker. Er hat Stimmung und auch Witz,
ist ein unancenreicher Gestalter, aber eine kräftige,
vorwärtstreibende Handlung vermag er nicht aufzu¬
kauen. In der „Liebeler“ lassen wir die zwei ersten
Szenen, der kleine Bacchanal im Junggesellenlogis
und den plötzlichen Eintritt des Schicksals in der Ge¬
stalt des beleidigten Ehemannes gelten. Aber sobald
die Tüee sich hinter diesen geschlossen hat, ist auch
eigennsh das Stück schon aus. Was noch folgt, ist
Austlang. Stimmungsmalerei, Gegie, Idyll, aber
Drun## #st es nicht mehr. Schnitters Komödien sind
nich leicht zu spielen und zwar deshalb nicht, weil
sie #e# sind. Weil aber auch das heimlich=tragische
bei ihnen nie sich tragödienhaft äußern darf. Und
gerade daran fehlte es bei der Aufführung am Frei¬
tag am allermeisten. Sämtliche Mitwirkenden nahmen
Schn###ters Schauspiel viel zu stark, viel zu kräftig,
zu tragödienhaft, man gia
nSeinahe bei
Hebbel als Gast geladen zu sein. Und nocht an einem
Mangel litt die Aufführung: S mitzters „Liebelei“ ist
ein spezifisch wienerisches Schau Biel; und gerade hie¬
von war in der Wiedergabe nic, eine Spur zufinden.
Frl. Welten — eine Schauspielerin, die etwas kann,
aber bei uns vollkommen kaltgest ilt ist — lieh der
Christine viel zu starte, zu tragödienhafte Töne. Frl.
Mone war alles eher als das hantige Wiener Vor¬
stadtmädel mit der sechsläufigen Goschen, das keine
Antwort schuldig bleibt, immer den Nagel auf den
Kopf treffend und doch ein lieber guter Kerl ist. Herr
Ferstl lief schon vom ersten Augenblick an herum wie
ein Trauerpferd. Auch die Herren Braun und Felda
dürften den Intentionen des Dichters nur halb ent¬
sprochen haben. Am besten war noch Frau Bellau¬
Felda in der illustrierenden Rebenrolle der neuge¬
rigen Klatschbase.
Allein das Publikum war auch mit dieser ver¬
unglückten Liebelei=Aufführung zufrieden, wie es über¬
haupt mit allem zufrieden ist, was man ihm vorsetzt,
und bezeigte seine Zufriedenheit mit starkem Beifall
und viel, viel — Blumen.
Mittmach: Die ##
Btlesia. Tesche
21.M. 1013
Theater und Kunst.
Deutsches Theater in Leschen.
„Liebelei.“
In dem Schauspiele „Liebelei“ von Arthur
Schgitlen das auf unserer Bühne in ausge¬
zeichneter Weise zut Aufführung gelangte, hatte
unser Schauspielperinal wieder eine willkommene
Gelegenheit, sein reiches Können zu zeigen. Zwei
junge Herren, Vertreter-von den Vielen, denen
Eintagsliebrleien nur Abwechtlung bedeuten, fin¬
den, dem ungezügelten Triebe folgend, Anschluß.
Der eine der beiden weiß die Sache von der rich¬
tigen Seite anzufassen und auch seine Partnerin,
eine lustige Modisiin, beurteilt die Liebelei nur
vom Standpunkt des vorübergehenden Genusses.
Anders ihre Freundin, die Tochter eines Musikers.
ie kennt den Unterschied zwischen Liebelei und
Liebe nicht und der bitterste Herzenskummer bleibt
fihr nicht erspart. Ihr Liebster hat einer Frau
glühende Liebe entgegengebracht, die Folge ist ein
Duelt, in welchem jugendlicher Leichtsinn seine:
Sühne findet.
Herr Riedl als der kluge Liebhaber, der alle
Schliche kennt, um nicht in eine Falligzu geben,
spielte mit ausgezeichneter Gewandtheit und Leb¬
haftigkeit, die durch großen Beifall belohnt wurde.
Ebenso gefiel die temperamentvolle und übermütige
Modistin, Frl. Rainert; Herr Fallmann
gab die Rolle des forglosen Liebhabers, dem der
Verstand und die Ueberlegung mir dem Herzen
davongeht, der rat= und bilfles die Konsequenzen
seiner Liebelei über sich ergehen lassen muß. Die
unglückliche Tochter eines biederen Violinspielers
gab zrl Sandorf und traf den sentimentalen
Ton in lobenswerter Weise. Herr Stieber
war ein gutmütiger alter Wiener und Herr Nel¬
ison ein ausgezeichneter Verireter des beleidigten
Ehemanns Frl. Prandan stellte eine schwatt
hafte Wienerin erfolgreich dar. Das Schauspiel,
dessen erster Alt sich durch besondere Frische und
Lebendigkeit auszeichnet, gefiel aufs beste. Neben
der Spielleitung durch Herrn Friedrich hat
(das eifrige Streben der Bühnenkräfte Anteil am
Erfolge.
Epn 19
Tene Wians Taghlatt, Wigg
Burgtheatek. In Schnitzlers WLiebelei“ hat
gestren Herr Emmerich Reimers den jungen Fritz
Lobheimer gespielt; auch diesmal blieb dem jungen
Debütauten freundliche Aufmunterung nicht versagt.
Reimers nimmt durch eine verhaltene, herbe, wohl¬
tuend unsentimentale Innigkeit für sich ein, durch
eine stille, fast schüchterne Einfachhelt; sogar seine
noch etwas schülerhaft eckige Befangenheit wirkt
sympathisch. Eigene Züge, einen eigenen, vollen Ton,
der aufhorchen macht, das darf man von diesem erst
in den verheißenden Anfängen seiner Ent¬
wicklung begriffenen Talente vorläufig nicht ver¬
langen; auch bleibt es, nicht nur für einen Debu¬
tanten, keine loichte Aufgabe, neben einer über¬
ragenden Partnerin wie Frau Medelsky hervor¬
zutreten. Den alten Weiring gab diesmal der ver¬
läßliche Herr Baumgartner; dem beweglichen
Theodor des Herrn Lackner hätte man ein wenig
Zurückhaltung gewünscht; er bringt eine überlaute,
zuweilen billige Note in das vornehm abgestimmte
Eusemble der Vorstellung.
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Nene Tiroler Stimmen, Innsbrnek
„Licbelel“ von Arthur Schnigler.
Am vergangenen Freita# d man Schüitzlers
Schauspiel „Liebelei“, das einstmals viel gelobt wurde,
heute aber bereits erheblich muffelt. Schnitzter ist
kein Dramatiker. Er hat Stimmung und auch Witz,
ist ein unancenreicher Gestalter, aber eine kräftige,
vorwärtstreibende Handlung vermag er nicht aufzu¬
kauen. In der „Liebeler“ lassen wir die zwei ersten
Szenen, der kleine Bacchanal im Junggesellenlogis
und den plötzlichen Eintritt des Schicksals in der Ge¬
stalt des beleidigten Ehemannes gelten. Aber sobald
die Tüee sich hinter diesen geschlossen hat, ist auch
eigennsh das Stück schon aus. Was noch folgt, ist
Austlang. Stimmungsmalerei, Gegie, Idyll, aber
Drun## #st es nicht mehr. Schnitters Komödien sind
nich leicht zu spielen und zwar deshalb nicht, weil
sie #e# sind. Weil aber auch das heimlich=tragische
bei ihnen nie sich tragödienhaft äußern darf. Und
gerade daran fehlte es bei der Aufführung am Frei¬
tag am allermeisten. Sämtliche Mitwirkenden nahmen
Schn###ters Schauspiel viel zu stark, viel zu kräftig,
zu tragödienhaft, man gia
nSeinahe bei
Hebbel als Gast geladen zu sein. Und nocht an einem
Mangel litt die Aufführung: S mitzters „Liebelei“ ist
ein spezifisch wienerisches Schau Biel; und gerade hie¬
von war in der Wiedergabe nic, eine Spur zufinden.
Frl. Welten — eine Schauspielerin, die etwas kann,
aber bei uns vollkommen kaltgest ilt ist — lieh der
Christine viel zu starte, zu tragödienhafte Töne. Frl.
Mone war alles eher als das hantige Wiener Vor¬
stadtmädel mit der sechsläufigen Goschen, das keine
Antwort schuldig bleibt, immer den Nagel auf den
Kopf treffend und doch ein lieber guter Kerl ist. Herr
Ferstl lief schon vom ersten Augenblick an herum wie
ein Trauerpferd. Auch die Herren Braun und Felda
dürften den Intentionen des Dichters nur halb ent¬
sprochen haben. Am besten war noch Frau Bellau¬
Felda in der illustrierenden Rebenrolle der neuge¬
rigen Klatschbase.
Allein das Publikum war auch mit dieser ver¬
unglückten Liebelei=Aufführung zufrieden, wie es über¬
haupt mit allem zufrieden ist, was man ihm vorsetzt,
und bezeigte seine Zufriedenheit mit starkem Beifall
und viel, viel — Blumen.
Mittmach: Die ##
Btlesia. Tesche
21.M. 1013
Theater und Kunst.
Deutsches Theater in Leschen.
„Liebelei.“
In dem Schauspiele „Liebelei“ von Arthur
Schgitlen das auf unserer Bühne in ausge¬
zeichneter Weise zut Aufführung gelangte, hatte
unser Schauspielperinal wieder eine willkommene
Gelegenheit, sein reiches Können zu zeigen. Zwei
junge Herren, Vertreter-von den Vielen, denen
Eintagsliebrleien nur Abwechtlung bedeuten, fin¬
den, dem ungezügelten Triebe folgend, Anschluß.
Der eine der beiden weiß die Sache von der rich¬
tigen Seite anzufassen und auch seine Partnerin,
eine lustige Modisiin, beurteilt die Liebelei nur
vom Standpunkt des vorübergehenden Genusses.
Anders ihre Freundin, die Tochter eines Musikers.
ie kennt den Unterschied zwischen Liebelei und
Liebe nicht und der bitterste Herzenskummer bleibt
fihr nicht erspart. Ihr Liebster hat einer Frau
glühende Liebe entgegengebracht, die Folge ist ein
Duelt, in welchem jugendlicher Leichtsinn seine:
Sühne findet.
Herr Riedl als der kluge Liebhaber, der alle
Schliche kennt, um nicht in eine Falligzu geben,
spielte mit ausgezeichneter Gewandtheit und Leb¬
haftigkeit, die durch großen Beifall belohnt wurde.
Ebenso gefiel die temperamentvolle und übermütige
Modistin, Frl. Rainert; Herr Fallmann
gab die Rolle des forglosen Liebhabers, dem der
Verstand und die Ueberlegung mir dem Herzen
davongeht, der rat= und bilfles die Konsequenzen
seiner Liebelei über sich ergehen lassen muß. Die
unglückliche Tochter eines biederen Violinspielers
gab zrl Sandorf und traf den sentimentalen
Ton in lobenswerter Weise. Herr Stieber
war ein gutmütiger alter Wiener und Herr Nel¬
ison ein ausgezeichneter Verireter des beleidigten
Ehemanns Frl. Prandan stellte eine schwatt
hafte Wienerin erfolgreich dar. Das Schauspiel,
dessen erster Alt sich durch besondere Frische und
Lebendigkeit auszeichnet, gefiel aufs beste. Neben
der Spielleitung durch Herrn Friedrich hat
(das eifrige Streben der Bühnenkräfte Anteil am
Erfolge.
Epn 19
Tene Wians Taghlatt, Wigg
Burgtheatek. In Schnitzlers WLiebelei“ hat
gestren Herr Emmerich Reimers den jungen Fritz
Lobheimer gespielt; auch diesmal blieb dem jungen
Debütauten freundliche Aufmunterung nicht versagt.
Reimers nimmt durch eine verhaltene, herbe, wohl¬
tuend unsentimentale Innigkeit für sich ein, durch
eine stille, fast schüchterne Einfachhelt; sogar seine
noch etwas schülerhaft eckige Befangenheit wirkt
sympathisch. Eigene Züge, einen eigenen, vollen Ton,
der aufhorchen macht, das darf man von diesem erst
in den verheißenden Anfängen seiner Ent¬
wicklung begriffenen Talente vorläufig nicht ver¬
langen; auch bleibt es, nicht nur für einen Debu¬
tanten, keine loichte Aufgabe, neben einer über¬
ragenden Partnerin wie Frau Medelsky hervor¬
zutreten. Den alten Weiring gab diesmal der ver¬
läßliche Herr Baumgartner; dem beweglichen
Theodor des Herrn Lackner hätte man ein wenig
Zurückhaltung gewünscht; er bringt eine überlaute,
zuweilen billige Note in das vornehm abgestimmte
Eusemble der Vorstellung.
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