II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1332

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8. enenn
7400 1978
Der Tiroler Bozen
Liebelei. Schauspiel in 3 Akten von Arthur
SchnitlenSpielleitung: Leo Bowacz. Eine gar all¬
tägliche Geschichte ist es, die Schnitzler in diesem seinem
Drama uns vorstellt, die Geschichte einer ersten Liebe, 1
welche ein armes, liebes tiesveranlagtes Wienerkind er¬
faßt. Und diese Geschichte erzählt von süßer Maien¬
seligkeit, von kummervoller Angst vor dem Verlust des
Geliebten und von den herzzereißenden Folgen dieses
Verlustes. „Sie kommt nicht wieder — sie kommt nicht
wieder,“ meint laut aufschluchzend der alte Weiring, da

er sein Kind, die Christin' davoneilen sieht, nachdem sie
vom Tode ihres geliebten Fritz erfahren. Eine alltüg¬
liche Geschichte, aber wie fein und zart und süß, wie
einfach und schlicht wird sie uns vom Dichter geboten.
Fein, süß und zart die Stimmung, in welche die Hand¬
lung eingesponnen ist; einfach, schlicht und doch so wahr
die Worte, mit denen diese Handlung erzählt und die
Charaktere klar umrissen und lebensvoll gezeigt werden.
Ein Meisterwerk moderner dramatischer Kleinkunst. 2
Dieser Schnitzler=Abend hat schier durchwegs türhtige
Einzelleistungen gezeigt. Da nenne ich vor allem Frl.
Smereker als einfache, stille Christine, die ihre rüh¬
rende Herzensgeschichte mit schlichten, doch eindringlichen
darstellerischen Mitteln vor uns hinstellt. Wenn jedoch
die Darstellerin am Schlusse bei ihrem Schrecken und in
ihrer Verzweiflung statt der Schriftsprache die warme, sel
liebenswürdige Wiener=Mundart gesprochen hätte,
hätte sie da wohl noch rührender und erschütternder ge¬
wirkt. Leo Bowacz war ein lieber Fritz, der still „8
schöffes, keusches Liebesglück genießt und still und w
schmerzlich bewegt von ihm und dem Leben Abschied
nimmt. Heinz als sein stärkerer, nüchterner Freund
Theodor und Frl. Heimberger als possierliches
Poussierkätzchen Mizzi haben ebenfalls Hübsches gebo¬
ten. Ueberragendes jedoch Kneidinger als Weiring,
der die zärtliche Vatersorge um sein über alles geliebtes
Kind, um dessen Jugendglück und Liebesschmerz herzens¬
warm und lebenswahr gestaltet hat. Also wie gesagt: tüch¬
tige Einzelleistungen, die aber aneinander vorbeigespielt
worden sind, so daß keine einheitliche Stimmung auf¬
kommen konnte, auf der Bühne nicht und nicht im Zu¬
schauerraum. Es fehlte die sorgsame Vorbereitung —
man sah das auf den ersten Blick —, die gerade hier un¬
bedingt nötig gewesen wäre, um ein gegenseitig abge¬
stimmtes Zusammenspiel zu schaffen. Deshalb wohl fan¬
den Drama und Aufführung beim leider schwach be¬
suchtem Hause nicht den Anklang, dessen dieses Dichtwerk
sonst so sicher ist.
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29 M. 18 18
Grazer Tagblatt, 8#
Abendblatt
Theater und Kunst.
Schauspielhaus.) ArturSch####
enging wieder mit sichtlicher Wirkung über
dühne. Als verdienstvoll für diesen Erfolg ist !
b#föndecs das Spiel Herrn v. Pindos zu nen¬ c
nen, Fr ein lebenswahr besorgter Vater Weiring!
war, sowie die gute und teilweise sogar starke Ge¬
staltung der irregegangenen Liebe durch Grete
Imle. Frau Imle ist heute noch keine vollendete
Christine, aber in Ansätzen ist jedenfalls zu diesem
schönen Endziel vieles bereits vor####den. An der
Auffüihrung nahmen auch zwei Gäste teil: Frau
Kovacs=Schürmann, die uns ihre samose
Mizi Schlager abermals in unterhaltender Weise
zum besten gab, und ein Herr Huber vom Wie¬
ner Hofburgtheater, der als ein ziemlich unbedeu¬
tender und farbloser Fritz Lobheimer zwar nichts
verdarb, aber ebensowenig die Aufführung zu för¬
dern wußte. Man fragte sich verwundert und un¬
befriedigt, wozu dieses Gastspiel nötig sei, da man
ja doch in Graz einen mindestens gleichwertigen
Darsteller der Rolle hätte aufbringen müssey
Dr. J. 91,
Hamburger Nachrichten
RAUdie Hamburg.
(Kunst, wissenschaft, Theater und munik.
Th. H. Schiller=Theater. „Liebelei", Schauspiel in drei
Akten von Arthur Schnitzler. „Liebelei“ ist vielleicht unter
den Gaben, die uns der WienerBühnendichter geschaffen hat, die
reichste. Die beiden Paare, die uns zeigen, wie Liebelei und
echte Liebe zwei getrennte Welten sind, hat er meisterlich aus dem
Leben gegriffen und auf die Bühne gestellt; und hai damtt eine
Saite unseres sozialen Lebens angerührt, derem Klange wir neu¬
zeitlichen Kulturmenschen unser Ohr nicht verschließen sollten.
Unsere altonaische Bühne hat sich ein Verdienst erworben, indem
sie dieses Schauspiel in ihren Spielplan einstellte. Und sie cat auch
unter der Leitung von Julius Haller, eine Aufführung zustande
gebracht, die sich sehen lassen kann. Es wird durchweg ganz aus¬
gezeichnet gespielt. Die beiden Gegenpole, die beiden jungen
Paare, werden hier durch Herrn Endlein und Frl. Zorn, dort
durch Herrn Schmitz und Frl. Döscher überaus lebenswahr,
aber ohne jede unkünstlerische Aufdringlichkeit, verkörpert. Nur,
daß namentlich Frl. Zorn den nicht sehr günstigen Schallverhält¬
nissen des Theaters ausgiebiger Rechnung tragen müßte, ohne na¬
türlich die Innigkeit ihres schönen Spieles zu beeinträchtigen. Den
prächtigen Vater Christinens stellte der Spielleiter Julius
Haller warm und mit großem Bühnengeschick dar; auch die
Nebenrollen (die Klatschbase und der beleidigte Ehegatte, finden in
Frau Karl und Herrn v. Roggenhausen untadelige Vertreter. Und
so verdient die ganze Aufführung uneingeschränkte Anerkennung.
Doch sei eine Bemmerkung noch gestattet: Es tst richtig, daß die Dar¬
steller, die die Wiener Mundart nicht beherrschen, gar nicht erst
den Versuch machen. Man kann es ohne Störung des Gesamt¬
einduucks hinnehmen, daß Herr Haller, Frl. Döscher und Frau Karl
ein tadelloses Wienerisch sprechen, während z. B. die Tochter des
alten Musikers, Frl. Zorn, bei ihrer natürlichen Sprache bleibt.
Aber dan sollte man da, wo nicht Wienerisch gesprochen und,
auch die eigentlich wienerischen Ausdrücke durch norddeutsche er¬
setzen; wo das unterlässen wird, merkt man die Unstimmigkeit.
wäre gut, wenn Herr Haller (für diese Besetzung) den Text
des Fritz LLovheimer einmal durchavbeitete.
„„ „ OlEETAmi.