II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1387

Liebelei
box 12/7
e ee ee een
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Zeitung:
Ort:
Datum: —
„Liebelei“
Oper in drei Akten nach dem gleichnamigen Schauspiel von
Arthur Schnitzler.
Mit seinem Experiment, ein Stück mit wirklich psychologischer
Sprechsprache Wort für Wort und ohne jede Auslassung in Töne
zu setzen, hat sich der Komponist Franz Neumann kunsttheoretisch
ein Verdienst von bleibendem Werte erworben; denn er hat so
bündig und strikt den Beweis erbracht, daß die Musik zwar das
llebendige Dialogwort zu töten, aber nicht mit ihm zu
kon¬
kurrieren vermag, daß sie vielmehr bei solchem Unterfangen selbst
nur einen Amoklauf riskiert. Im übrigen ist über diese Musik
nur noch zu sagen, daß sie auch da, wo sie sich, wie in einer ein¬
gelegten Filmduellszene auszubreiten vermag, der eigentlichen
personlichen Note entbehrt und sogar in der Instrumentation
nirgends eine besondere Eigenart zeigt. Das schon 1911 unter
Gregor aufgeführte Werk fand auch diesmal eine hervorragende
Wiedergabe. Den Tenoristen Hans Heinz Bollmann sollten
allererste Bühnen aufmerksam im Auge behalten. Seine Leistung
war darstellerisch, stimmlich und aussprachlich ersten Ranges. Als
„Freund Theydor“ stand ihm Desider Zador in jeder Hinsicht
ebenbürtig zur Seite. Friedel Schwarz stellte eine köstliche Mieze
hin. Margarete Schlemüller als Christine ließ ihre für diese Ge¬
stalt gar nicht passende Erscheinung von Akt zu Akt mehr ver¬
gesten.
Robert Neßzz
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Zeitung:
Ort:
Datum: —
„Lleseten
— Oper in 3 Akten von Franz Neumann.
(Volksbühne.)
* Der seltsame Einfall, das bekannte naturalistische Sprech¬
und zum guten Teil auch Dialektdramg von Arthur Schnitz¬
ler, Wort für Wort, ohne jede Auslassung unter Musik zu
setzen, kann nur als ein Versuch betrachtet werden, die aus einem
historischen Mißverständnis entstandene Kunstform der Oper ein¬
mal gründlichst ad absurdum zu führen. Dieser Versuch muß
denn auch als voll gelungen bezeichnet werden. Nicht nur das
lebendige Dialogwort wird durch solches Unterfangen seiner
psychologischen Ausdrucksfähigkeit, mit der die Tonkunst auf
Grund ihrer Mittel gar nicht zu konkurrieren vermag, völlig be¬
raubt, auch die Musik muß dabei notwendig in lauter abgerissene
rezitativische Phrasen mit begleitender Orchestermelodramatik zer¬
fließen. — Das kühne, aber abzulehnende Experiment, das schon
[1911 unter Gregor über die Bretter gegangen, fand auch diesmal
eine vorzügliche dramatische und musikalische Wiedergabe. Als
das Freundespaar Fritz und Theodor boten Hans Heinz
[Bollmann und Desider Zador darstellerisch, stimmlich
und sprecherisch ebenso glänzende Leistungen wie Friedel
[Schwarz als leichtlebige Mieze und Margarete Schle¬
[müller als Christine. Herzrührend sang und spielte Heil¬
muth Berndsen den alten Musikervater, und auch die klei¬
neren Rollen waren vorbildlich für große und größte Bühnen
besetzt. Ein Bravo endlich sowohl der Regieleitung (Maxi¬
lmilian Morris) wie der musikalischen (Eugen Gott¬
R. R. —
Ilieb).
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschmitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Fache JaC
Zeitung:
Ort:
Datum: —
# IU.
Noch einmal „Liebelei“.
# Neubesetzung in der Volksbühne.
* Es kostete mich keine kleine Ueberwindung, so rasch nach

der ersten Aufführung der „Liebelei“, diese Oper, die keine ist,
keine sein kann, aber um jeden Preis eine sein möchte, noch
einmal anzuhören. Es war eine neue Christine zu beurteilen.
Daß die Darstellerin der ersten Aufführung den Anforderungen
dieser Partie in keiner Weise genügte, hat mein Bericht
(Nr. 361) deutlich hervorgehoben. Durch Lydia Gruber
hat nun die Direktion zwar nicht den Mißgriff ihrer Wahl des
Werkes, aber wenigstens den der Fehlbesetzung seiner wichtig¬
sten Portie gut gemacht. Gesicht und Figur hat die hier uner¬
läßliche Jugendlichkeit und Anmut der Bewegung, und eine
kristallene Sopranglocke schlägt an, wenn Frl. Gruber nur den
Mund auftut. Es ist eine jener Stimmen, bei denen dem
Hörer sofort wohl und heimlich zumute wird, die einen Klang¬
Zauber ausgibt. Im Laufe des Abends zeigte sich auch, wie
diese Stimme in allen Lagen kunstgerecht sitzt und daß sie vom
legato der zärtlichsten Kantilene bis zum dramatischen Aufschrei
des hohen H und C jeder seelischen Regung und Zwischenregung
schmiegsamen Ausdruck zu geben weiß. Das Spiel ist unauf¬

dringlich und doch überall feinfuhlig bestimmt. So war es kein
Wunder, daß diese Christine rasch das Haus gewonnen hatie.
Fast hätte man der jungen Künstlerin grollen wollen, daß sie der
tlerschen „süßen Wiener Mädels“ so¬
flächigen Figur des Schni
viel rund lebendige Anziehungsrraft, ja Unwiderstehlichkeit zu
geben verstand; denn da sie fast während des Abends die
Bühne kaum verläßt, schien plötzlich das ganze in sich un¬
wahre Werk liebenswürdig und gerechtfertigt ... Wie hübsch
müßte es erst sein, Fräulein Gruber wirklich echte Musik aus¬
tönen zu hören.

Wie der Bühnen=Almanach ausweist, kommt Lydia Gruber
vom Stadttheater in Nürnberg. Alle Achtung vor der Nürn¬
berger Oper, wenn auch nur die Hälfte des Ensembles spielerisch
wie gesanglich der jungen Dame ebenbürtig war! Ist aber diese
Begabung bereits nicht viel zu schade für die Provinz? Da die
Volksbühne künftig auch bei Kroll viel gute Opern machen will,
wäre es nicht geraten, ein Talent, das so reizvolle reife
Leistungen verspricht, bei uns festzuhalten?
Der Beifall, der Fräulein Gruber nach den Aktschlüssen
mit steigender Wärme dankte, hatte nichts Gemachtes, war un¬
geteilt und wohlverdient. Nun braucht Herr Moris, der Ober¬
Fr
spielleiter, die Auffuhrung auch nicht länger auf die inhaltlich
unmögliche Biedermeierzeit einzustellen, unzählige Stellen im
Dialog machen den Versuch ja so lächerlich ....! Zum Bei¬
spiel ist einmal von einem „Telegramm“ die Rede — man denke:
anno Kaiser Franz!, und auf dem Ofen des alten Musikus
Weiering prangt eine große Schubert büste, während
Meister Schwamme damals doch noch höchst verkannt und gering
mit wenig Jüngern rund um den Steffel ging... A. Prgr.
gesors