II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1403

Liebelei
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BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
Verias
Die große nationale Tageszellung
Ausschnitt aus der Nummer vom
IKr. 922
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geenerssen
„Liebelei“ und „Lore“.
Deutsches Künstler=Theater.
Und wieder Käthe Dorsch! Sie war das
A und O, oder eigentlich das J und O des Abends:
Zuerst als Christine, dann als Lore. Dort in
Schnitzlers von unbeschreiblich leiser Schwer¬
mitt durchwehter Tragödie war sie ganz das liebe
süße Mädel — wie der Dichter es verstanden hat,
mit scheinbor einfachsten Mitteln ein in seiner Art
großes Kunstwerk zu gestalten, mit äußerlich
loser und kaum sichtbarer Handlung eine
tief menschliche Tragödie zu schaffen, so war
Käthe Dorsch ihm ebenbürtig. Denn auch ihre
Wirkungen scheinen völlig ungesucht und natür¬
lich, so daß man nicht im Theater zu sitzen glaubte,
daß man alles wahrhaft mit erlebte. Welch'
scheinbar ohne Kunst zu
eine große Kunst,
spielen! Es erschütterte Käthe Dorsch hier
Hartlebens
So
unser
Herz.
„Lore“ unser Zwerchfell. Sie sprühte und spru¬
delte, dieses quecksilberne, kleine Luderchen von
Uebermut Lebenslust. Hier wie dort ein Schöpfen
aus dem frischen Vorn einer kerngesunden unge¬
wöhnlichen Natur. Der Erfolg war groß, was mehr
ist, er war tief und ohne jede Nachhilfe. Noch als
wir das Haus verließen, brausten im Hörraum
die Beifallsstürme.
Nicht, daß es der Käthe Dorsch Verdienst allein
gewesen wäre. Beide Stücke, „Liebelei“ von Emil
Lind, „Lore“ von Hubert Heinich geleitet, het¬
vorragend gespielt, so gut, daß man über dem
Ganzen fast die Einzelleistung vergaß. Die Damen
Geszner und Hartmunn, die Herren Edthofer,
Pröckl, Steinbeck, Klein=Rogge und Bettac boten
ein Zusammenspiel, daß eine wahre Erquickung
war in dieser ensemblelosen, so schrecklichen Zeit.
k. Str.
Zeit.
BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-.
Bearbeitet die deutsche und ausländische Presse auch auf Insernte.
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Festlichkeiten usw.
Berliner Börsen=Zeitung
Abendänogabe — Berlin W. 8
Ausschnitt aus der Nummer vom¬
2 7 0Kr. 182.
Häthe Dorsch weint und lacht ...
Schnitzler: „Liebekei“. — Hartleben: „Die Lore“.
Deutsches Künstlerthegter.
Worin ist Käthe Dorsch größer? Oder wann muß man
sie mehr lieben (daß man sie lieben muß, stoht außer
Frage), wenn sie weint oder lacht? Vielleicht käme das
noch auf die dichterische Gestalt an, als welche sie weint
oder sacht. Wenn Schnitzler ihr Gelegenhoit gibt zum
Weinen (in der „Liesolei") und Hartleben zum Lachen (als
Love mit dem abgerissenen Knopf), dann ist die Ent¬
scheidung nichg schwers Als Schnitzlersche Weinende gibt
sie ein volles enenschtches, im besonderen: mädchenhaftes
Erlehen, als Hartleh#sche Pflanze eine lustige auskdotische
Begebenheit¬
Das liebe, füße Mädel Schnitzkers. Sie tritt in das
Zimmer ihres Fritz. Und es wird hell, ehe die Kerzen zum
fröhlichen Souper entzündet werden. Es steht ihr an der
Stirn. in den Augen, in den Mundwinkeln, geschrieben,
daß sie aus vollem Herzen, mit ganzer Seele muß lieben.
all feinem Erleben teilzunehmen, in sein
Sie sucht
Inneres einzudringen
und bleibt doch in mädchenhafter
Scheu fern allem Sschaufdrängen. Nur Schatten huschen
flüchtig drüber hin, wenn sie sein Sichverschließen fühlt.
Eine leise Angst steigt in ihr auf und schnürt ihr für einen
Augenblick die Kehle zu. Aber ein mildes, begütigendes
Wort, und Sonnenschein leuchtet wieder. Ihr eigentliches
Wesen ist es, dem Geliebten mehr fein zu wollen als nur
das liebe, süße Mädel, der Zeitverteib. Nichts anderes ist
ür sie auf der ganzen weiten Welt (trotz aller Liebe zum
liebenden Vater) als er, der Eine, dem sie alles sein will.
Und der Eine wird ihr entriffen. Fallt im Zweikampf
um einer andern willon. Sein Tod ist ihr Toh. Wie
Käthe Dorsch dies seelischo Sterben — man muß parador.
sagen: sebt, erlebt, — es gibt nichts Erschütternderes in der
Kunst der Menschengestaltung. Vielleicht werden einmal
Mütter ihren Kindern erählen: ihr hattet die Käthe Dorsch
als Weinende, Schluchzende, Schreiende erseben follen.
(Wie man heute schon sagt: ihr hätte die Stimme des
Der dritte Akt der
Jofef Kainz hören, erleben sollen.)
„Liehekei“: durch Käthe Dorsch wird er zur bitteren, tragi¬
schen Ironie des Titels. Ach, dieses Mädchen weiß nichts
von Liebelei, kennt nur die eine, große, himmlische Liebe,
die zugleich feligste Wonne und leidvollste Qual, der einzige,
erfüllende Inhaft des Lebens ist. Die ergreifendste bürger¬
liche Tragödie, die alle mytbischen, heroischen Tragödien
abgrundtief unter sich käßt.
Käthe Dorsch lacht. Faft schmerzt es, sie nach diesem
erschütterndsten Weinen, Schluchzen, Schreien lachen
hören. Hart in der kurzen Spanne eines Theaterabends
stoßen die Gefühle aufeinander. Eine faft gewaltfame Um¬
ftellung ist schon nötig, nach der Schnitzkerschen Chriftine
die Harttebensche Lore zu ertragen. Die Seelenkünderin
muß sich in die lustige Epifodistin verwandeln. Sie wäre
nicht zugleich die auf velen Registern spielende Schau¬
spielerin, wenn ihr nicht auch das gelänge. Herzhaft,“
schnippisch, nie verlegen, den Mund auf dem rechten Fleck:
köstlich das alles.
Und macht uns dach nicht vergeffen, wie sie als füßes
Mädel, des Lebensinhaltes beraubt, weinend, wimmernd
zusammenfinkt, trostlos verzweifelt davonjagt ....
Emil Lind als der liebende Vater gleichwertig in
der Kunst der Diskretion, Zurückhaltung. Das Beste, was
man von diesem Künstler seit lainger fah. #luch sonst eine
ause Schnitzler= Aufführung. Edthofer als Fritz sehr
seife, Pröckl als Theodor der Genießer des Aug.n¬
blicks, in der tragischen Stuation voll Poinlichkeit, und
Adrienne Geßners Migzi von keckem 5umor.
Bei Hartiohen Steinbeck ein köstiicher Typ des
korrekten Affessorismus
Und man jubelt doch unter Weinen und Lachen nur
den einen Namen: Käthe Dorsch, Käthe Dorsch. Käthe
Dorschl
Franz Köppen.