II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1412

Liebelei
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Ausschnitte
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Schnitzler und Hartleben.
Deutsches Künstler=Theater.
Eigentlich ist es fast verwunderlich, daß Käthe
Dorsch die Christine in Schnitzlers „Liebelei“
nicht längst gespielt hat. Sie mußte ihr erbeblich
näher liegen als etwa ihr norddeutsches Gegen¬
spiel, die Marie in Hirschfelds „Muttern“ und
als manche andere, was sie gebracht hat. Sie ist
ihr bis jest entgangen, hat ihr erst gestern einen
starken bracht.
Von#dentück ist nicht mehr viel zu sagen.
ist Aitercur Schnitzlers „Jugend“, wie die
igend Ha#des Liebeler“. Es liegt viel Staub
und die falschen Töne vor allem des schönen
ssen den Horer oft zusammenzucken. („Es
elleicht Augenblicke, die einen Duft von
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t um sich sprühen“, sagt er beim Abschied
m Sterben und ähnliches.) Aber es ist
=heater und enthält eine Rolle — eben die
Christine, das kleine Mädchen mit dem großen
Gefühl, das nicht begreifen kann, daß der Liebste
nicht dasselbe empfand, sondern um einer
Fremden willen sich totschießen ließ.
Sie
Diese Rolle spielte gestern Frau Dorsch.
# in Rock und Bluse, die Haare tief in die
###irne hängend, lächelnd weich, wie immer. Sie
war freundlich, einfach, ein bißchen in sich versunken
und unbeteiligt — wie immer. Bis zu dem Augen¬
blick, wo der junge Mann sie fragt, ob sie nicht
schon mal jemand lieb gehabt habe. Da sagt sie
nichts, sondern sieht ihn nur an, mit einem langen
schweigenden Blick und schiebt sich, seine Hand
haltend, ein klein wenig näher an ihn heran —
und diesen Moment vergißt man nicht wieder.
Man erlebt einen Menschen, den nur noch eines
erfüllt, sein Gefühl, und der nur noch darin lebt,
ganz ernst ist und darum das Spiel der andern
zwar mitmacht, aber im Grunde gar nicht versteht.
So wird auch der zweite Akt bei aller Feinheit
wesentlich Zwischenspiel — und erst der dritte
bringt das Eigentliche, den Ausbruch dieses Gefühls.
Zuerst nach innen: in der flatternden gebändigten
Unruhe, dem angstvoll beherrschten Hin und Her:
dann nach außen im furchtbaren Ausbruch in
bei der Todes¬
einer Folge von Schreien
nachricht. Da bricht Frau Dorsch einmal ganz aus,
stärker als jemals bisher. Es ist nur für Augen¬
blicke, sie kehrt sofort wieder ins Gedämpfte, Halb¬
laute zurück. In diesem Schrei aber ist kein Theater
mehr, sondern alles unmittelbare Leiden eines
Menschen, dessen Leben zerbricht. Wenn sie, beide
Hände vor der Brust, ganz gedämpft, fast lächelnd
fragt: Und ich? Und ich? so ist in diesen zwei
Worten mehr Leben als in der ganzen Komödie.
Sie muß dann noch ein bißchen zu viel reden,
ihre Lage zu sehr explizieren: sie tut es mit so
viel Dämpfung des Sentimentalen, daß man bis
zum Ende mitgeht. Sie überwindet das Theater
der Innerlichkeit, das Schnitzler aufgebaut hat,
indem sie aus sich ein Stück Innerlichkeit selber
hinstellt. Es läßt sich gegen die Leistung als
Ganzes manches sagen: sie spannt die Rolle nicht,
arbeitet nicht aus der Vorstellung der Gesamt¬
linie: aber sie stellt ein paar Momente des Natür¬
lichen hin, in denen die Welt da oben plötzlich
durchsichtig und kristallen wird. Sie gibt
altend, ein klein wenig näher an ihm heran
— und reißt darum mit. Wie gestern, wo
fühl
die Hörer sie immer wieder herausriefen.
Die übrige Aufführung unter Dr. Linds Regie
war sehr echt und getönt. Sehr hübsch Herr Pröckl
als Theodor, diskret und elegant Herr Edthofer
als Fritz; Herr Lind selbst machte den Vater und
Fräulein Adrienne Geßner war eine lustige Mizzi.
Hinterher gab's Hartlebens „Lore
die dialogisierte Geschichte vom abgerissenen Knopf.
Verschollene Bierbohème treibt ihr Wesen; das
zwischen hindurch huscht eine berlinische Mädchen¬
gestalt, amüsant schwindelnd — belanglos. Frau
Dorsch spielte auch die Lore. Aber zwischen ihrer
süddeutschen Art und diesem Berliner Gewächs
gähnt eine Kluft. Die Lore muß schon mit
Spreewasser aetauft sein — sonst glaubt man sie
nicht. Frau Dorsch war lustig und amüsant; aber
sie war nicht der Typus, an den man hier denkt
Und so verflatterte das kleine Stück, um das sich
neben ihr die Herren Steinbeck als korrekter
Vetter, Bettac als der Kleine, der zum Teufel
wurde, und Klein=Rogge als Hartlebensches Selbst¬
vorträt Fred bemühten. Der Erfolg war auch
Fechter
hier sehr freundlich.