II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1510

in
Liebelei
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Neue Freie Presse.
E Pianistin Erna Gäl veranstaltet Klavierkurse für
Kinder und
Erwachsene. Vierhändigspiel Ensembleübungen,
theoret. Vorbildung, Korrepetition. I., Wipplingerstraße 14,
Telephon 62917.
Neue Filme.
[„Liebelei“.] Nach dem Schauspiel von Arthur Schnitzler.
Manuskript Herpert Juttke und Georg C. Klaren. Regie J. und
L. Fleck. Hegewald=Film, Leipzig. — Vor vielen Ihren schon ist
Schnitzlers „Liebelei“ verfilmt worden. Wir haben jene ältere
Verfilmung leider nicht gesehen. Sie soll gut gewesen sein. Die
neue, die jetzt in Wien gezeigt wird, ist jedenfalls mehr als gut.
Sie ist ausgezeichnet. Bis auf einen einzigen prinzipiellen und
darum um so schwereren Regiefehler. Doch davon später. Auf das.
Inhaltilche hier einzugehen, mag sich wohl erübrigen. Unserer
Bewunderung für Schnitzlers Meisterwerk Ausdruck zu geben,
hieße Eulen nach Athen tragen. Darstellerisch hält sich die Ver¬
filmung, die sich all die dem Bühnenbild versagten Möglichkeiten
des Filmns klug zunutze macht, auf sehr ansehnlicher Höhe. Zumal
die Christine der Evelyn Halt ist eine wahre Glanzleistung. Auch
die übrigen spielen durchwegs sehr gut: Louis Lerch (Fritz Lob¬
heimer), Henry Stuart (sein Studiengenosse), Jaro Fürth
(der alte Weyring
ganz ausgezeichnet), Robert Stolz (als der
Bankier), Vivian Gibson in der „Vamp“=Rolle, auch Karl
Platen (als Diener) und Hilde Maroff (als Schlager Mizzi).
Die Regie ist sehr einfallsreich und zeigt eine Menge delikater,
Feinheiten. Aber — der Gedanke, dieses Stück aus dem Zeitalter
des „süßen Mädels“ in die gegenwärtigste Gegenwart zu trans¬
ponieren, ist zweifellos verfehlt. Bar, Jazz, Bubikopf, kniefreie
Mode — nein. Wir wollen ja nicht behaupten, daß das süße
Wiener Mädel ausgestorben ist. Vereinzelte Exemplare gibt es
wohl noch immer, aber der Typus ist verschwunden und hat dem
„Pupperl Platz gemacht. Und so wirkt diese Tragödie in der
modernen Aufmachung nur als singulärer Einzelfall. Was gewiß
nicht im Sinne Schnitzlers liegt.
*
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Dr. Max Goldschmidt
Süro für Zeitungsausschnitte
ATRLIN N4
Teleion: Norden 3051
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*
27. Sen 1921.
Fümschau.
Schnitzlers „Liebelei“ im Palast=Thegter.
Seit—einiger—Ze#te# des Palast¬
Theaters besondere Sorgfalt bei der Auswahl des
großen Films ihre Programme an den Tag, das muß
anerkannt werden. So bringt sie von Sonntag ab den
Hegewald=Fism „Liebelei“ nach Schnitzlers gleich¬
namigem Bühnenwerk. Schon vor vielen Jahren hatte
die „Nordische“ Schnitzlers „Liebeiei“ mit Pfilander
verfilmt. Wenn man heute aber den Hegewald=Film
sieht, erkennt man erst, wie sehr sich die Filmkunst auf¬
wärts entwickelt hat. Gerade Schnitzlers so dialektisch
feinpointierter Dialog voller Ressentiments ist für die
Verfilmung eine höchst undankbare Aufgabe. Aus
Schnitzlers „Liebelei“ kann nur ein guter Film wer¬
den, wenn die im Bühnenwerk allzu spärliche Handlung
nach Möglichkeit ausgebaut und die Reflexionen mög¬
lichst beschnitten werden. Im Hegewald=Film ist ein
ausgezeichneter Bildstreifen gelungen, der freilich von
Schnitzlers „Liebelei“ nur noch den äußeren Gang der
Landlung behalten hat. Aus der Unterhaltung der
beiden Freunde Fritz und Theodor über die Leidenschaft
des Ersteren zu einer verheirateten Frau wird im Film
eine eingehende und fesselnde Darstellung dieser von
kenia Desni fabelhaft elegant und verführerisch ge¬
spielten Weltdame, die immer wieder die Leidenschaft
es jungen Studenten aufzustacheln versteht. Ganz
prächtige Szenenbilder werden hier für den Film ge¬
bonnen. Auch im Film wird dann Fritz durch Theodor
und seine Freundin Mizzi mit Christine, die hier
Tochter eines Cellisten am Stadttheater anstatt Violin¬
spielers am Josephstädter=Theater
ist, zusammen¬
gebracht. Es fehlt aber im Film die so markante Be¬
gründung dieses Zusammenführens.. Im Schanspiel
empfiehlt Theodor dem Fritz die Christine als Mädel
zum Erholen nach allen Aufregungen, nicht interessant,
aber angenehm, als Mädchen aus jenen Kreisen, wo es
keine großen Szenen und keine Gefahren (für den Lieb¬
haber!) und keine Verwickelungen gibt, wo man lächelnd:
den ersten Kuß empfängt und mit sehr sanfter Weh¬
mut scheidet“, mit einem Wort als Gegenstand einer
„Liebelei“. Im Film fehlt darauf jede Anspielung.
Fritz lernt Christine kennen und lieben. Er betont so¬
gar im Film am Abend vor dem Duell, er glaube, er
hätte mit Christine sein Glück gefunden, während er im
Schauspiel von der Abschiedsstunde sagt: „Gott, wie
lügen solche Stunden!“
Hier im Film ist also die
„Liebelei“ das Verhältnis Fritzens zur Fabrikbesitzers¬
gattin Doris geworden und nicht das zur Christine.
Frei behandelt ist auch der Schluß. Im Schauspiel ist
Fritz schon begraben und das Geschick Christines bleibt
zweifelhaft (der alte Weirirg: „Sie kommt nicht wieder,
sie kommt nicht wieder). Der Film führt Christine
in den aufgebahrten Sarg des im Duell Gefalleneng
ind zeigt ihren Liebestod nach Art der Luise Millerin.
Ind doch ist Evelyn Holt Schn#le¬
Das diese junge Darstellerin in ihrem schlichten und
och so wundervollen Spiel an weiblicher Anmut und
ungfräuliche: Unberührtheit bietet, ist direkt be¬
gundernswert. Ihre Darstellungskunst ist der Zauber,
er mehr als alle interessante Handlung und schöne
zzenen, den Kinobesucher fesseln. Man wird sich nach
ieser Probe feinempfundenen, tief innerlichen Er¬
ebens der Rolle der „Christine“ den Namen Evelyn
solt merken müssen. Aber auch die übrigen Haupt¬
ollen liegen bei Robert Scholz, Henry Stuart und
ouis Lerch in guten Händen. Die gut zusammen¬
estellte Musikbegleitung zum Film verdient erwähnt zu
zenden.
Es kann nach alle dem den Lesern der „Offenbacher
eitung“ selbst wenn sie sonst nicht für das Kino
swärmen, nur geraten werden sich die „Liebelei“
im Palast=Theater anzusehen. Sie werden er¬
staunt sein, wie kluge Regie und künstlerisch vollendetes
Spiel hier einen wirklich hervorragenden Film ge¬
schaffen haben.
E. Sch.