II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1516

Liebele

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Mialst=Keitik.
Liebelei.
(Primus=Palast.)
Die Anschauung vieler Regisseure, man
solle die Menschen mit ihren kleinen Leiden
und Freuden so filmen, als drehe man eine
Wochenschau, in der die Ereignisse d
Herzens genau so von der Kamera se
gehalten werden wie Straßenbahn¬
zusammenstöße oder Naturkatastrophen,
feiert in diesem Film durch die Regie von
J. und L. Fleck einen Triumph.
hne
Krampf, ohne Stilisierung, ohne effekt¬
haschende Stimmungsmalerei wird hier der
Geschichte einer Liebelei nachgegangen.
Ein Student aus gutem Hause flirtet
leidenschaftlich mit einer verheirateten Frau
und hat nebenbei mit einem kreuzbraven
Mädchen Bekanntschaft gemacht; für ihn be¬
deutete diese Liebelei nur eine Zerstreuung,
eine Ablenkung, für das kleine Mädel aber
das große Erlebnis, an dem sie scheitern
muß, als ihr Geliebter an seiner großen
Passion zugrunde geht, das heißt im Duell
erschossen wird.
Das ist eine einfache Begebenheit — aber
das Schauspiel Schnitzlers ist eben auch nur
so eine alltägliche Geschichte, aber sie besitzt
eben ihre ewige Gültigkeit, weil sie wahr
im Film nicht weniger als im Schau¬
spiel, obwohl beide Formen selbstverständ¬
lich mit völlig konträren Mitteln arbeiten.
die
Aber die Wirkung bei Schnitzler ist
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gleiche wie bei der verfilmten „Liebelei
tiefster Anteil an der bitteren Melodie, die
einem liebesenttäuschten Herzen entströmt.
Das alte Herzeleid — von dem die frühesten
Nachtigallen aller Dichtung sangen — aus
diesem Film klingt es wieder.
Man muß es den Autoren Juttke und
Klaren — die bisher wohl noch in keinem
Manuskript enttäuscht haben und auf der
Gewinnseite der Saison zu verzeichnen sind
und den Regisseuren J. und L. Fleck zu
hohem Lobe anrechnen, daß sie jede Ab¬
schweifung vom Sinn ihres Films, von
seiner klaren Linie, von seinen klaren
Charakteren vermieden haben.
Nur ganz wenige Szenen riechen nach
Atelierluft, machen Schauspielerei bemerk¬
bar. Aber diese wenigen Uebertreibungen
werden wettgemacht durch den Ernst, die
TrR-Niogodte
Hingebung, die Liebe, mit der dieser Film
geschaffen wurde. Seltene Tugenden in
dieser Saison.
Was wäre die Hingebung ohne
Können. Man täte diesen volkstümlichen
Filmschöpfern unrecht, wenn man ihren
guten Willen höher einschätzen wollte als die
vollbrachte Tat.
Die Flecks können nämlich wirklich etwas!
Sie haben eine so abgerundete Leistung
zusammen mit Eduard Hösch (Kamera)
und Jack Notmil (Bauten) — komponiert,
daß man wirklich darüber vergißt, ob der
Film ein Mittelfilm oder ein Superfilm ist.
Er ist ein guter Film. Und damit gut!
Die Flecks haben vor allem Zartsinn genug,
die Fäden der Geschehnisse locker zu spinnen
und dort nur straffer zu ziehen, wo sich das
Schicksal ihrer Helden vollzieht. Man wird
fortgesetzt durch ungewöhnlich treffsichere
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