II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1517

5. Liebelei

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Das alte Herzeleid — von dem die frühesten
Nachtigallen aller Dichtung sangen — aus
diesem Film klingt es wieder.
Man muß es den Autoren Juttke und
Klaren — die bisher wohl noch in keinem
Manuskript enttäuscht haben und auf der
Gewinnseite der Saison zu verzeichnen sind
und den Regisseuren J. und L. Fleck zu
hohem Lobe anrechnen, daß sie jede Ab¬
schweifung vom Sinn ihres Films, von
seiner klaren Linie, von seinen klaren
Charakteren vermieden haben.
Nur ganz wenige Szenen riechen nach
Atelierluft, machen Schauspielerei bemerk¬
bar. Aber diese wenigen Uebertreibungen
werden wettgemacht durch den Ernst, die
Aiagoce
Hingebung, die Liebe, mit der dieser Film
geschaffen wurde. Seltene Tugenden in
dieser Saison.
Was wäre die Hingebung ohne das
Können. Man täte diesen volkstümlichen
Filmschöpfern unrecht, wenn man ihren
guten Willen höher einschätzen wollte als die
vollbrachte Tat.
Die Flecks können nämlich wirklich etwas!
Sie haben eine so abgerundete Leistung
zusammen mit Eduard Hösch (Kamera)
und Jack Notmil (Bauten) — komponiert,
daß man wirklich darüber vergißt, ob der
Film ein Mittelfilm oder ein Superfilm ist.
Er ist ein guter Film. Und damit gut!
Die Flecks haben vor allem Zartsinn genug,
die Fäden der Geschehnisse locker zu spinnen
und dort nur straffer zu ziehen, wo sich das
Schicksal ihrer Helden vollzieht. Man wird
fortgesetzt durch ungewöhnlich treffsichere
Passagen — wie die Duellszene — über¬
rascht. Aehnliches hat man gewiß schon ge¬
sehen — aber das Freudvolle, das Leidvolle
gibt sich so ursprünglich, so frei von Schab¬
lone, daß man den Film getrost neben, wenn
nicht gar über die meisten Filme der letzten
Zeit, die ähnliche Stoffe behandeln, stellen
kann.
Das menschlich rührende Sujet hat den
Ausschlag für den unerhört tiefen Eindruck
gegeben, den der Film auf das große Publi¬
kum machte.
Aber man hat auch die Darsteller so rein
eingestimmt, so natürlich sich bewegen und
ausspielen lassen, daß das Publikum willig
mitgeht.
Mit Evelyn Holt, der zarten, schmalen
Mädchengestalt, in deren Antlitz so viel Ver¬
trauen, so viel Kraft lebt, leidete das
Publikum wie einst bei der Luise Millerin.
Man muß ihr gut sein. Dabei ist die Holt
sacht am Kitsch vorbeigeleitet. Im großen
Augenblick
— wie in ihrem tödlichen
Schmerzensschrei — sprüht echtes Feuer aus
ihr und scherzen und tändeln kann sie, auf
so leichte, heitere Art, daß ihr Anblick ein
Genuß ist.
Ihr Partner Louis Ferch ist kein Un¬
bekannter mehr. Er bewegt sich äußerst
sicher, behende, umsichtig. Man glaubt ihm
die eigene Unentschlossenheit, das Dahin¬
gleiten zwischen zwei Frauen.
Auch Hilde Maroff ist diesmal zu un¬
manirierter Frische aufgelöst, so gilt mit
dem stets sympathischen Henry Stuart
das Freundespaar.
Jaro Fuerthspielt den alten Weyring,
der in der Sterbeszene seiner Tochter an¬
greifend mitleidswert, unsäglich leidend und
einstimmt.
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