Liebelei
. box 13/1
Nr. 23081
Wien, Montag
Theater= und Kunstnachrichten.
(Vorstellung der Akademie für darstellende Kunst.)
Unter Regie und Leitung Professors Rudolf Beer führten
dessen Schüler im Akademictheater Schnitzlers bedauerlicher¬
weise schon so lange nicht vernommenes Schauspiel „Liehelei“
auf. Vor mehr als einem Menschenalter hat man der Premiere
dieses noch immer in den zartesten, tiefen Farben schimmernden
Schauspieles beigewohnt. Damals gab Sonnenthal den Hans
Weiring, Mitterwurzer gab den fremden Herrn, der Tod selbst
schien mit ihm über die Schwelle zu treten. Mehr als ein
Menschenalter ... und doch sind diese Farben noch nicht verblaßt,
noch wirkt dieses Stück trotz aller geänderten Zeit= und Gesell¬
schaftsverhältnisse, weil es so einfach menschlich ist. Ja, es ist
von genialer Einfachheit, wie ein Volkslied, und darum, weil es
so entfernt ist von allem geklügelt Verstandesmäßigen, greift es
in unser Gemüt. Und vielleicht auch darum, weil ein solcher
Zauber der Jugend darüber gebreitet ist, der zeitlosen Jugend,
dram
und Christine und Mizzi, Fritz und Theodor werden trotz aller
gewechselten Moden doch immer gültige Typen sein; die Jugend
920
selbst spricht, scherzt, träumt und plaudert aus ihnen. Der Reiz
dieses Abends war, daß dieses junge Stück diesmal von jungen,
der
begabten Darstellern gegeben wurde. Aus der naiven Ursprünglich¬
im z
keit ihres Spieles erkannte man, wie sehr dieses Werk auch mit
gebre
der neuen, wienerischen Jugend doch im Innersten verbunden
aufre
ist. Begabte Jugend stellt es, wie wir sagten, dar; Franz Böhm
elem
als Hans Weiring zeigt bereits Züge eines werdenden Charak¬
habe
teristikers, Maria Schnorpfeil als Christine ergreift durch
Schi
unmittelbare Innigkeit, Trude Hanke und Johanna Kurz
auffe
haben den wienerisch reschen und spitzen, Rudolf Sommer und
ganz
Franz Stoß den eleganteren Ton der Wiener Gesellschaft von
näch
ehedem und wohl auch noch von heute. Edmund Schell¬
ange!
hammer ist ein fremder Herr noch ohne Dämonie, aber von
hat i
scharfer Konversationsführung. Der Beifall, der den jugendlichen
Adepten zuteil ward, galt nicht zuletzt ihrer temperamentvollen,
Per
E w.
frischen und kunstsicheren Führung.
manr
O
Wegen Beginnes der Weihnachtsferien an der Miener IIni-
auf D
eben
*
(Schauspielvorstellung der Akademie.) den 2
Schnitzlers „Liebelei“ wurde gespielt, dieses Meisterwerk
daß d
eines Dichters, der auch ein genialer Theatertechniker ist. Je
eine 1
öfter man diese kleine Tragödie aller Menschlichkeiten sieht,
so un
hinter deren Daseinsausschnitt das Leben sperrangelweit
leuchte
seine Tore aufreißt, desto mehr greift sie ans Herz, desto deut¬
Unsch:
licher empfindet man den Ewigkeitswert, der darinnen steckt.
Es ist gerade für werdende Schauspieler nicht einfach, diese fast
saloppe Leichtigkeit des Stiles zu finden, der sonst nur Sache
Te
des Routiniers ist, dieses merkwüdige Schnitzlersche Parlando,
über dem das Schicksal lastet. Die Klasse Beer hat sich im
allgemeinen sehr brav aus der Affäre gezogen. Man fühlte Inns!
überall die für Beer ungemein charakteristische Kleinarbeit, die mit 1
Freude am sauberen, wirksamen Detail, wenn auch geistige Zu= seit
sammenhänge oft zu lose scheinen. Das stärkste Talent ist Stude
zweifellos Maria Schnorrpfeil, deren liebe, tragisch Vater
timbrierte Innigkeit modern erfaßt ist, ökonomisch in den erkan
Mitteln und doch schicksalhaft vom ersten Augenblick an. Sie hat, n
wird ihren Weg machen. Auch Trude Hanke (Schlager=Mitzi)
spruck
ist eine frische Begabung, an der man die Beersche Führung
Die a
spürt: lebensvoll, schmissig und herzenswarm. Johanna Kurz
elemer
bodenständig in der g’schnappigen Diktion der Frau Binder.
haben
Unter den Männern war Franz Böhm als alter Musikus die
Schul
beste Figur, von leisem poetischem Schimmer überglänzt;
spruck
Franz Stoß nur in den komischen Momenten wesensecht.
seiner
H. T.
von 1
77—
und i
klemn
Wiener Radioprogramm.
Kan (7
7. M
au (üfat,
9.3
—7
118.
Kleine Theate. E.9.
Ralph Arthur Roberts spielt in Paris
Ralph Arthur Noberts wurde soeben ein¬
geladen, im Nationaltheater del Odeon in
Paris in „Liebelei“ (Amourette) von Arthur
Schnitzler als Müsiker Weiring in französischer
Sprache zu gastieren. Vöraussichtlich wird auch
die weibliche Hauptrolle der Chiristine von
einer prominenten deutschen Schauspielerin in
französischer Sprache gespielt werden. Die
Uebertragung des Werkes ist
H.
von
Lonormand, für die Inszenierung wurde von
Direktor Gennier Robert Blumverpflichtet.
chzeitig wurde Roberts aufgeforbert, als
„Maske“ in Sternheims „Die Hose“ ebenfalls
in französischer Sprache in Paris zu gastieren.
Da Roberts Tätigkeit als Direktor und Dar¬
steller durch das Gastspiel des Lustspielhaus¬
Ensembles im Theater in der Behrenstraße von
Weihnachten ab für einige Wochen unter¬
brochen wird, wird Roberts der Einladung
Genniers Folge leisten.
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Nr. 23081
Wien, Montag
Theater= und Kunstnachrichten.
(Vorstellung der Akademie für darstellende Kunst.)
Unter Regie und Leitung Professors Rudolf Beer führten
dessen Schüler im Akademictheater Schnitzlers bedauerlicher¬
weise schon so lange nicht vernommenes Schauspiel „Liehelei“
auf. Vor mehr als einem Menschenalter hat man der Premiere
dieses noch immer in den zartesten, tiefen Farben schimmernden
Schauspieles beigewohnt. Damals gab Sonnenthal den Hans
Weiring, Mitterwurzer gab den fremden Herrn, der Tod selbst
schien mit ihm über die Schwelle zu treten. Mehr als ein
Menschenalter ... und doch sind diese Farben noch nicht verblaßt,
noch wirkt dieses Stück trotz aller geänderten Zeit= und Gesell¬
schaftsverhältnisse, weil es so einfach menschlich ist. Ja, es ist
von genialer Einfachheit, wie ein Volkslied, und darum, weil es
so entfernt ist von allem geklügelt Verstandesmäßigen, greift es
in unser Gemüt. Und vielleicht auch darum, weil ein solcher
Zauber der Jugend darüber gebreitet ist, der zeitlosen Jugend,
dram
und Christine und Mizzi, Fritz und Theodor werden trotz aller
gewechselten Moden doch immer gültige Typen sein; die Jugend
920
selbst spricht, scherzt, träumt und plaudert aus ihnen. Der Reiz
dieses Abends war, daß dieses junge Stück diesmal von jungen,
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begabten Darstellern gegeben wurde. Aus der naiven Ursprünglich¬
im z
keit ihres Spieles erkannte man, wie sehr dieses Werk auch mit
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der neuen, wienerischen Jugend doch im Innersten verbunden
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ist. Begabte Jugend stellt es, wie wir sagten, dar; Franz Böhm
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teristikers, Maria Schnorpfeil als Christine ergreift durch
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unmittelbare Innigkeit, Trude Hanke und Johanna Kurz
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haben den wienerisch reschen und spitzen, Rudolf Sommer und
ganz
Franz Stoß den eleganteren Ton der Wiener Gesellschaft von
näch
ehedem und wohl auch noch von heute. Edmund Schell¬
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hammer ist ein fremder Herr noch ohne Dämonie, aber von
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scharfer Konversationsführung. Der Beifall, der den jugendlichen
Adepten zuteil ward, galt nicht zuletzt ihrer temperamentvollen,
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(Schauspielvorstellung der Akademie.) den 2
Schnitzlers „Liebelei“ wurde gespielt, dieses Meisterwerk
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eines Dichters, der auch ein genialer Theatertechniker ist. Je
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so un
hinter deren Daseinsausschnitt das Leben sperrangelweit
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seine Tore aufreißt, desto mehr greift sie ans Herz, desto deut¬
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licher empfindet man den Ewigkeitswert, der darinnen steckt.
Es ist gerade für werdende Schauspieler nicht einfach, diese fast
saloppe Leichtigkeit des Stiles zu finden, der sonst nur Sache
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des Routiniers ist, dieses merkwüdige Schnitzlersche Parlando,
über dem das Schicksal lastet. Die Klasse Beer hat sich im
allgemeinen sehr brav aus der Affäre gezogen. Man fühlte Inns!
überall die für Beer ungemein charakteristische Kleinarbeit, die mit 1
Freude am sauberen, wirksamen Detail, wenn auch geistige Zu= seit
sammenhänge oft zu lose scheinen. Das stärkste Talent ist Stude
zweifellos Maria Schnorrpfeil, deren liebe, tragisch Vater
timbrierte Innigkeit modern erfaßt ist, ökonomisch in den erkan
Mitteln und doch schicksalhaft vom ersten Augenblick an. Sie hat, n
wird ihren Weg machen. Auch Trude Hanke (Schlager=Mitzi)
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ist eine frische Begabung, an der man die Beersche Führung
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spürt: lebensvoll, schmissig und herzenswarm. Johanna Kurz
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bodenständig in der g’schnappigen Diktion der Frau Binder.
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beste Figur, von leisem poetischem Schimmer überglänzt;
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klemn
Wiener Radioprogramm.
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Kleine Theate. E.9.
Ralph Arthur Roberts spielt in Paris
Ralph Arthur Noberts wurde soeben ein¬
geladen, im Nationaltheater del Odeon in
Paris in „Liebelei“ (Amourette) von Arthur
Schnitzler als Müsiker Weiring in französischer
Sprache zu gastieren. Vöraussichtlich wird auch
die weibliche Hauptrolle der Chiristine von
einer prominenten deutschen Schauspielerin in
französischer Sprache gespielt werden. Die
Uebertragung des Werkes ist
H.
von
Lonormand, für die Inszenierung wurde von
Direktor Gennier Robert Blumverpflichtet.
chzeitig wurde Roberts aufgeforbert, als
„Maske“ in Sternheims „Die Hose“ ebenfalls
in französischer Sprache in Paris zu gastieren.
Da Roberts Tätigkeit als Direktor und Dar¬
steller durch das Gastspiel des Lustspielhaus¬
Ensembles im Theater in der Behrenstraße von
Weihnachten ab für einige Wochen unter¬
brochen wird, wird Roberts der Einladung
Genniers Folge leisten.