II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1553

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Liebelei

M.
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ARGUS SUISSE ET INTERNATIONALI
DE LA PRESSE S. 4.
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Extrait du Jourm
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24 N0U. 129
J

Berner Stadttheater
Neubesetzungen in den Kammer¬
spielen
M. Die Wiederaufnahme der beiden Einakter
„Der Kammersänger“ von Wedekind und
„Literatur“ von Schnitzler in den Spielplan
der neuen Saison rechtfertigt sich durchaus; denn
##am Schluß der letzten Spielzeit waren sie in ihrer
Pub.ikumswirkung noch keineswegs erschöpft, das
bewies der lebhafte Besuch am Freitag abend in
der Aula des Neuen Gymnasiums. Uns führte,
über den wiederholten Anlaß hinaus, das Inter¬
lesse für die Neubesetzungen einiger Hauptrollen
in die Aufführung; als Gewinn verzeichnen wir
dankbar zwei sehr beschwingte Wiedergaben (un¬
ter der Spielleitung von Carl Weiß) und einige
vorzügliche Leistungen der Hauptrollenträger.
Ulrich Folkmar spielte mit wacher Intelligenz
und auffallender Gestaltungskraft den illusions¬
losen Kammersänger, dessen wertvolle Zeit ver¬
rinnt, während er schwärmende Backfische abwim¬
melt, hoffnungslosen Komponisten den Star sticht
und die Liebe einer Frau zerpflückt. Vortrefflich
war bei ihm die Mischung von fast zynischer Ge¬
schäftskälte und wahren Schmerzenstönen über
ein verkauftes Eigenleben. Die grenzenlos, bis
zur Selbstaufgabe ernüchterte Geliebte spielte
Margrit Weiler mit starker Leidenschaft; ihre
wie Folkmars Mittel schienen in diesen Nollen
so glücklich wie möglich eingesetzt zu sein.
Thekla Ahrens war im Schnitzlerschen Ein¬
akter, der ja wesentlich geringeres Gewicht hat
als Wedekinds Charakterstudie, das zwischen
sicherer Bürgerlichkeit und etwas schmieriger Bo¬
heme schwankende Weibchen, hirnkokett und blut¬
schlau, am Ende doch die zuverlässigere Offerte
wählend — nämlich die des Barons, den Gustav
Pichler mit spielerischer Ueberlegenheit im öster¬
reichischen Ton an der Grenze zwischen Grazie
und Trottelhaftigkeit ganz entzückend verkör¬
perte.
.
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Extrait du journal:
Kcprichren oter
SIER
6.1929
Adresse:
1
Date:
Basel.
Theater= und Konzertab ad des Kaufmännischen Vereins.
Am Donnerstag veranstaltete der Kaufmän¬
ische Verein (Literarische und Orchestersektion)
ingan Saal der Mustermesse einen wohlgelungenen
Theater= und Konzertabend, zu dem sich ein
großes Publikum eingefunden hatte. Die Orchestersektion
sunter ihrem Leiter, Herrn A. Windi, brachte zwei Sin¬
fonien, die eine von Haydn (Nr 85, La Reine) und die
andere von Mozart (Nr. 38 in B-dur), zwei durchweg
auf heiteren Charakter eingestellte Werke, deren graziöse
Heiterkeit und beschwingte Anmut von den strebsamen
Mitgliedern dieses ansehnlichen Orchesters mit viel Kön¬
nen vorgetragen wurden. Die literarische Sektion brachte
zwei dramatische Werke „Die letzten Masken“ von
Schnitzler und den ausgelassenen Einakter „Die Taube in
der Hand—von Kurt Goetz. Das erstere, auf tragischen
Tan eingestellte, in seiner psychologischen Idee mit echt
Schnitzlerischem Feingefühl ersonnene Werk von dem tod¬
kranken, im Spital liegenden Journalisten Rademacher,
der seinen Feind Weihgast zum letztenmal sehen möchte,
um ihm gründlich seinen Haß zu erklären, dann aber als
dieser kommt, in Anbetracht von dessen Ruhe, Freund¬
lichkeit und last not least in der Erkenntnis der Gleich¬
gültigkeit der beiderseitigen Schicksale kein Wort mehr
herausbringt, war, wenn man die Schwierigkeit der Rol¬
len in Betracht zieht. die oft nicht einmal Berufsbüh¬
nen zu meistern verstehen, ganz vortrefflich zur Geltung
gebracht. An erster Stelle mag der Darsteller der Haupt¬
figur Edwin Kubli) genannt sein, der dem Rademacher
ein sehr starkes und glaubhaftes Relief verlieh, nament¬
lich in der Dynamisierung der psychologischen Linie. Da¬
neben war der Alex Weihgast durch Otto Müller in sei¬
ner vornehm=ruhigen und überlegenen Art nicht minder
eindrucksvoll gestaltet. Eine vorzügliche Charakterstudie
bot I. Manta als Schauspieler Jackwerth und in kleine¬
ren Rollen (Arzt und Warterin) gefielen Ernst Siefert
und Reli Biedermann. — Das zweite Stück war ganz
auf den heitern und lustigen Ton eingestellt und er¬
zielte durch frisches Tempo große Heiterkeit. Es ist ja bei
uns schon bekannt, dieses übers Kreuz liebende Frauen¬
und Männerquartett, das den Kern dieses Stückchens ab¬
gibt. Vorzüglich war wiederum die Abstimmung der
verschiedenartigen Gestalten; die Alice der Elisabeth
Schäublin, der Valthasar des I Manta und ihnen gegen¬
über das lustig gegebene Paar Beatrice (Alice Gysin)
und Adolar (Adrian Friedrich). Beide Stücke waren in
der Spielkeitung von Ed. Heß (Stadttheater) sehr soig¬
niert vorbereitet.