II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1555

Liebelei
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Schlesische Zeitung
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lichen Grundton in seiner lebensbejahenden
Artbur Schnibler=Gedenhfeier
Philosophie herausarbeitend. Den Abonnen¬
ten winkt in dieser Woche ein schöner Abend,
im Stadtlbealer.
was man aus der warmen Aufnahme der
Erstaufführung schließen kann.
Eines unerbittlichen Schicksals Fügung
Dr. —r.
wandelte eine beabsichtigte Geburtstagfeier
in eine Gedenkfeier für den repräsentativsten
Dichter des Wienertums, der da um die
Jahrhundertwende das bittersüße Lied von
der Liebe Weh und Leid geschrieben hat, von
dem „Süßen Mädel“ Christine, dem gleich
dem Klärchen Egmonts die Liebe Lebensele¬
ment gewesen ist, während der Erwählte sei¬
nes Herzens nur eine „Liebelei", ein
vorüberhuschendes Stillglück genießen dauf,
obwohl auch er, das sei zu seiner Ehre gesagt,
„ordentlich gepackt und durchbeutelt“ wird.
Das rauhe Schicksal greift ein in die Atmo¬
sphäre von Anmut und Weichheit, zerreißt
das zarte Liebesidyll und läßt nichts zurück
als die erschütternde Erkenntnis der ewigen
Gültigleit von Meister Gottfrieds von Stra߬
burg Wahrwort „von der Liebe Lust und
Leid“ Vielleicht sieht der tiefer Eindringende
trotz einiger lebensbejahender Momente auch
in diesem Stücke noch die höhnische Fratze
des Schicksals, an dessen Fäden die armen
Menschlein zappeln, als Warnung für solche,
die sich „Puppenspieler“ zu sein dün¬
ken und in Wahrheit selbst als zerbrochene
Puppen durch ein ödes Dasein schlendern.
Zwigkeitsprobleme werden also aufgerollt,
darin verwoben ein Lieblingsgedau.e
Schnitzlers, das Spiel „Vom Tod und Le¬
ben“. Wie bitterrecht diese Mahnung, wie
beziehungsreich zu unserer heutigen Zeit, da
sich zu den seelischen Nöten noch die wirt¬
schaftliche Not gesellt, des allein wir es zu¬
schreiben wollen, daß nur Wenige dem Rufe
unseres rührigen Direktors Ziegler zum
ehrenden Gedenken gefolgt sind. Es obliegt
uns bloß, dies mit Bitterkeit festzustellen ob¬
wohl die Versuchung naheliegt, die bitterern¬
ste Stimmung der beiden Stücke für die Si¬
tuation unseres deutschen Theaters symbolisch
auszudeuten. Gleichfalls verbietet es der An¬
laß des Abends, die Aufführung kritisch zu
beleuchten, darum wollen wir nur das übr¬
wiegend Gute hervorheben. Direktor Zieg¬
ler errang sich tiefe Aufmerksamkeit fur
seine großartige Gestaltung eines seelischen
Wracks und erwies sich wie immer als ein¬
dringlicher Maler jeglichen Innenlebens,
Herr Kager ist in seiner sich schmiegsamen
Sprache und seinem ungezwungenem Geha¬
ben der echte Alltagsmensch und Durch¬
schnittsphilister, Frl. Kurz erfreut immer
durch schauspielerische Gewandtheit, mit der
sie sich in jede Gestalt versenkt. Frl. Weber
vereinigt Liebreiz mit keckem Temperament,
dabei kunstlerisches Maß haltend, wodurch sie
dem gedämpften Naturalismus, mit welchem
der Dichter allzu Krassem vornehm aus dem
Wege geht, geschickt Rechnung trägt; Frl.
Walla war ganz Hingabe und besonders in
der Liebesszene von rührender Wirkung, sehr
gut liegen Herrn Reichert die weicheren
Töne, wobei auch der Widerstreit seiner Ge¬
fühle nicht zu kurz kommt. Gedämpft kam bei
Herrn Schüller die Lebens= und Augen¬
blickslust zum Ausdruck, wobei aber die hei¬
teren Momente keineswegs zu kurz kamen,
und Herr Gruber, der auch das Spiel lei¬
tete, gab der der prächtigen Gestalt des Vaters
das richtige Profil, wirkungsvoll den mensch¬
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