5.
Liebe
ei
etenene enehenenenen
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denen wirkliches, nicht gezwungen erwecktes Leben steckt. Ist er doch auch aus
des Dichters Heimatboden gewachsen. Und wie dieses Werk, hat uns die so¬
genannte Heimatkunst noch mehrere gute Romane geschenkt, auf die wir hin¬
weisen können, wenn man fragt, was denn bei der ganzen modernen Entwick¬
lung herausgekommen sei. Da sind zwei oder drei Werke von Wilhelm
von Polenz („Der Pfarrer von Breidenbach“, „Der Büttnerbauer", „Der
Grabenhäger“), da ist wenigstens der „Silvester Geyer“ von Georg von
Ompteda, da ist Wilhelm Weigands feiner Roman „Die Franken¬
thaler“ da ist Walter Siegfrieds in seiner Art immerhin bedeutender
Künstlerroman, „Tino Moralt“, der zugleich auch eine Art modernen, aller¬
dings sehr „singulären" „Werthers“ ist. Das sind Dichter, die alle erst empor¬
gekommen sind, als der eigentliche neuere Sturm und Drang vorüber war,
aber sie beginnen nun die älteren Romanschreiber zurückzudrängen. Von diesen
will ich Hermann Heiberg wegen seines unzweifelhaft besten Buches, des
„Apothekers Heinrich“, Max Kretzer, insbesondere wegen des „Meister
Timpe“ und Wilhelm Walloth wegen des geradezu unheimlichen Romans
„Im Bann der Hypnose“ erwähnen.
Sehr groß ist ja die Zahr der romanschreibenden Damen — wie ich an
dieser Stelle schon öfter erwähnt habel, sind sie den Männern im Durchschnitt
oder besser: sind sie den Durchschnittsmännern hier „über“. Manche von
ihnen, Helene Böhlau, Ida Boy=Ed, Ilse Frapan, Marie Janitschek, Emil
Marriot, Charlotte Niese, Gabriele Reuter kommen auch smit einigen sihrer
Werke für den Weihnachtstisch in Betracht, und zwar eher mit ihren Novellen¬
und Skizzensammlungen, als mit ihren Romanen. Hier tritt eben der Ge¬
sichtspunkt der Heimatkunst wieder in den Vordergrund. Helene Böhlaus
„Ratsmädelgeschichten“, die Hamburger Novellen von Ilse Frapan, diehu¬
moristischen Skizzen der Niese oder um eine [noch weniger bekannte Holstei
nerin zu nennen, die von Helene Voigt ziehen ihre beste Kraft aus dem
Heimatboden und wirken denn auch mächtig auf das immer mit poetischen
Empfindungen verbundene Heimatgefühl. Deshalb wollen wir die realistische
Kunst dieser [Damen Inicht unterschätzen. Uebrigens beginnen jetzt auch die
Männer mehr und mehr aus der Großstadt zurück auf das Land zu flüchten:
Beispielsweise mögen hier Karl Söhles Musikantengeschichten (denen sdas
Musikalische noch einen allgemeineren Reiz gibt), Timm Krögers „Die Woh¬
nung des Glücks" und Max Bittrichs „Spreewaldgeschichten“ genannt sein.
Ich bezweifle nicht, daß es noch mehr gute Sammlungen dieser Art gibt; um
sie alle richtig zu bewerten, muß man eben Lokalkenntnis haben.
Das Hauptinteresse unter den modernen Lyrikern nehmen bekanntlich
zur Zeit Liliencron und Dehmel in Anspruch. Ich bedauere, daß es nock
keine gute Auswahl aus ihren Gedichten gibt, die man „ohne weiteres“ ffür
den Weihnachtstisch empfehlen könnte; so wie die Dinge jetzt liegen, muß man
sagen: Kauft alles sund sucht euch, das Beste heraus! Im Gegensatz zu den
genannten hat Avenarius“ in seiner letzten Sammlung „Stimmen und Bil¬
Herausgefordert darf ich zu diesen Worten wohl auch zwei sagen.
Ich lese, was Bactels da schreibt, mit einem heitern Auge, das dem Ver¬
gnügen über seine gute Meinung entspricht, und einem traurigen, weil hier
einter Brauch des Kunstwarts durchbrochen ist. Bin ich doch überzeugt,
daß manche unsrer Leser von meiner Dichterei noch heutigen Tages so wenig
wissen, daß Bartels sie selbst durch den Hinweis auf seine vielen Gesinnungs¬
gekossen nicht ganz von einer gewissen Beirrung befreien könnte, als handle
1. Dezemberheft 1898
155 —
Liebe
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denen wirkliches, nicht gezwungen erwecktes Leben steckt. Ist er doch auch aus
des Dichters Heimatboden gewachsen. Und wie dieses Werk, hat uns die so¬
genannte Heimatkunst noch mehrere gute Romane geschenkt, auf die wir hin¬
weisen können, wenn man fragt, was denn bei der ganzen modernen Entwick¬
lung herausgekommen sei. Da sind zwei oder drei Werke von Wilhelm
von Polenz („Der Pfarrer von Breidenbach“, „Der Büttnerbauer", „Der
Grabenhäger“), da ist wenigstens der „Silvester Geyer“ von Georg von
Ompteda, da ist Wilhelm Weigands feiner Roman „Die Franken¬
thaler“ da ist Walter Siegfrieds in seiner Art immerhin bedeutender
Künstlerroman, „Tino Moralt“, der zugleich auch eine Art modernen, aller¬
dings sehr „singulären" „Werthers“ ist. Das sind Dichter, die alle erst empor¬
gekommen sind, als der eigentliche neuere Sturm und Drang vorüber war,
aber sie beginnen nun die älteren Romanschreiber zurückzudrängen. Von diesen
will ich Hermann Heiberg wegen seines unzweifelhaft besten Buches, des
„Apothekers Heinrich“, Max Kretzer, insbesondere wegen des „Meister
Timpe“ und Wilhelm Walloth wegen des geradezu unheimlichen Romans
„Im Bann der Hypnose“ erwähnen.
Sehr groß ist ja die Zahr der romanschreibenden Damen — wie ich an
dieser Stelle schon öfter erwähnt habel, sind sie den Männern im Durchschnitt
oder besser: sind sie den Durchschnittsmännern hier „über“. Manche von
ihnen, Helene Böhlau, Ida Boy=Ed, Ilse Frapan, Marie Janitschek, Emil
Marriot, Charlotte Niese, Gabriele Reuter kommen auch smit einigen sihrer
Werke für den Weihnachtstisch in Betracht, und zwar eher mit ihren Novellen¬
und Skizzensammlungen, als mit ihren Romanen. Hier tritt eben der Ge¬
sichtspunkt der Heimatkunst wieder in den Vordergrund. Helene Böhlaus
„Ratsmädelgeschichten“, die Hamburger Novellen von Ilse Frapan, diehu¬
moristischen Skizzen der Niese oder um eine [noch weniger bekannte Holstei
nerin zu nennen, die von Helene Voigt ziehen ihre beste Kraft aus dem
Heimatboden und wirken denn auch mächtig auf das immer mit poetischen
Empfindungen verbundene Heimatgefühl. Deshalb wollen wir die realistische
Kunst dieser [Damen Inicht unterschätzen. Uebrigens beginnen jetzt auch die
Männer mehr und mehr aus der Großstadt zurück auf das Land zu flüchten:
Beispielsweise mögen hier Karl Söhles Musikantengeschichten (denen sdas
Musikalische noch einen allgemeineren Reiz gibt), Timm Krögers „Die Woh¬
nung des Glücks" und Max Bittrichs „Spreewaldgeschichten“ genannt sein.
Ich bezweifle nicht, daß es noch mehr gute Sammlungen dieser Art gibt; um
sie alle richtig zu bewerten, muß man eben Lokalkenntnis haben.
Das Hauptinteresse unter den modernen Lyrikern nehmen bekanntlich
zur Zeit Liliencron und Dehmel in Anspruch. Ich bedauere, daß es nock
keine gute Auswahl aus ihren Gedichten gibt, die man „ohne weiteres“ ffür
den Weihnachtstisch empfehlen könnte; so wie die Dinge jetzt liegen, muß man
sagen: Kauft alles sund sucht euch, das Beste heraus! Im Gegensatz zu den
genannten hat Avenarius“ in seiner letzten Sammlung „Stimmen und Bil¬
Herausgefordert darf ich zu diesen Worten wohl auch zwei sagen.
Ich lese, was Bactels da schreibt, mit einem heitern Auge, das dem Ver¬
gnügen über seine gute Meinung entspricht, und einem traurigen, weil hier
einter Brauch des Kunstwarts durchbrochen ist. Bin ich doch überzeugt,
daß manche unsrer Leser von meiner Dichterei noch heutigen Tages so wenig
wissen, daß Bartels sie selbst durch den Hinweis auf seine vielen Gesinnungs¬
gekossen nicht ganz von einer gewissen Beirrung befreien könnte, als handle
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