II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1563

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Liebelei
een eneen en eenene
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GROSSMANN.
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Blick fällt die Ahnlichkeit des Conflictes mit dem der - Liebeleig auf, worin
die weibliche Hauptgestalt auch eines Tages bewusst wird, dass sie
nicht das Object einer grossen Liebe, sondern nur einer. Liebelei
gewesen ist. Beide Stücke sind dreiactig, und Beide sparen sich ihre
höchste dramiatische Spannkraft für die vorletzte Scene auf, worin der
Heldin, plôtzlich, wie vor Blitze einer Erkenntnis getroffen, das
Bewusstsein ihrer Situation aufdämmert. In der -Wares ruft die
Heldin „Hansis aus:
Ausgeraubt haben sie mich, ich hab’ gegeben und gegeben
und gegeben, und wie ich einmal denk’, ich könnt’ auch einmal
etwas verlangen, kennen sie mich nicht. Eine schöne Rolle hab’ ich
gespielt. Und hab’ mir eingebildet, weiss Gott, was ich
denen bin... Jetzt bin ich eine Bettlerin .. Was soll
denn aus mir werden! Ich hab’ mich ja verloren! Ich hab'
keinen Halt mehr und keine Heimat, u. s. w. u. s. w.
In der -Liebeleis ruft in der entsprechenden Scene die
„Christiner aus:
Auch von mir hat er gesprochen! Auch von mir! Und von
was denn noch? Von wie viel andern Leuten, von wie viel andern
Sachen, die ihm g'rad so viel gewesen sind wie ich!
Ich bin ihm nichts gewesen als ein Zeitvertreib — und
für eine andere ist er gestorben.“
Man sieht vielleicht schon aus diesen Citaten, um wie viel discreter,
indirecter, gegenständlicher dieser Conflict in der -Liebeleie dargestellt
ist, wie viel mehr Worte, Deutlichkeit, programmatische Rede in der
„Wareg vorherrschen. Es ist schon charakteristisch, dass die Heldin
der -Liebeleis Christine, die Hauptfigur der -Wares, damit man nur
das Wienerische immer vor Augen hat. Hansi heisst. Die - Liebeleie
versuchte das Schicksal eines Wiener Mädels darzustellen, aber deshalb
sagt keine Figur im Stück: -Liebe Christine, Du bist ein Wiener
Mädel. Die Autoren der-Waree wollen uns zweifelloser, directer
beibringen, was Hansi ist. In einem Gespräch der beiden Männer, der
Zerstörer (auch in der -Liebeleis treten die Verführer paarweise auf),
sagt der eine, Friedland:
.Das Kind ist exquisit. Das ist eine kleine Con¬
fectioneuse mit dem Wuchs einer griechischen Göttin.
Der andere antwortet:
„Das Wiener Mädel.
Nun dürfen wir an ihrem Wienerthum natürlich nicht mehr
zweifeln. Obzwar es uns nicht ganz glaubwürdig erscheint, dass das
Wiener Mädel eine ernsthafte Liebschaft mit einem rothlockigen Herrn
Rabinowicz aus Lemberg eingeht. Obzwar wir meinen, dass dieser
Rabinowicz ein natürlicheres Localcolorit trägt, und die Autoren dieses
vielleicht besser kennen .. .. Ja, aber da es uns ausdrücklich gesagt
wird, dass die-Wares ein Wiener Stück, die Hansi ein - Wiener