II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1569

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Wien, Montag
Seite 4.
leider nur a priori und nicht aus Erfahrung mit einer eigenen
Baronin — daß man in einem solchen Falle in bloß zwei Monaten
ausgibt:
80 fl. — kr.
Für Fiaker
(Man wird mir doch nicht bestreiten, daß andere Vehikel
überhaupt nicht in Betracht kommen. Oder muthen Sie einer
Baronin, die Sie liebt, zu, mit der Tramway nach Hause zu
fahren?)
120 fl. 10 kr.
Blumen
(Da man sonst nichts schenkt, muß man doch wenigstens
fedes zweite Mal einige hochseine, saisonungemäße Blumen über¬
reichen. Die zehn Kreuzer sind das Trinkgeld, das man dem über¬
bringenden Mädchen aus der Blumenhandlung für den Schluß
versprochen hat und erst auszahlt, wenn man keine Blumen mehr
braucht — ohne diesen Truck käme die Sache noch höher.)
150 fl. — kr.
Veränderungen im Mobiliar
(Solche blonde und andere Bestien finden bald dies, bald
jenes in der Einrichtung nicht nach ihrem Geschmack, der beachtet
sein will. Bald ist ein hübsches Oelgemälde in vergoldetem Rahmen
nicht echt genug; dafür muß wenigstens ein feiner, moderner
Kupferstich mit dunklem Rahmen her; bald muß ein praktisches,
aber banales „Stockerl“ gegen eine dramatische Canseuse umge¬
tauscht werden. Die obige Ziffer ist sehr niedrig gegriffen, setzt also
schon ein besonders stylvolles Interieur voraus.)
Andere Ausgaben (Sherry, Biscuit, Malagatrauben,
1 Flasche Champagner, frische Krägen, Trinkgeld
100 fl. — kr
dem Hausmeister und anderes mehr).
Summe . .. 450 fl. 10 kr.
war. Dazu konnte er ruhig zu Hause in seiner bequemen Sofa¬
ecke bleiben; er zog sich einen weichen, warmen Schlafrock an,
entzündete seine lange Pfeife — und schon war ihm die Welt
zuwider, und nun konnte es losgehen. Wie bequem wurde doch
damals gedichtet!
Mit solchen Dingen darf man heute gar nicht anfangen
wollen. Heute muß der Dichter vor Allem hinaus in's theuere
Leben — und theuer ist es ja, wo ihr es anpackt.
Von Dichtungen, die in der Sofaecke, im Schlafrock und
bei einer langen Pfeife entstanden, wollen wir nichts mehr wissen.
Wir reflectiren nur auf die theuer erlebten Sachen. Ich will an
einem hervorragenden Beispiel einen sehr beiläufigen Ueberschlag
der Kosten versuchen, um den Nachweis zu erbringen, wie viel
Geld in so einem modernen Kunstwerk begraben liegt.
Und dabei hat das hiemit abgeschätte Verhältniß erst die
Vorfabel zu der Dichtung geliefert!
Das eigentliche Stück stellt uns zwei liebe Wiener Mädchen
in ihren artigen Verhältnissen dar.
Verhältnisse aber müssen erlebt sein, ehe man in ihre
Psychologie eindringt. Man hört nun alle Tage den Ausruf: „O,
wie haben sich die Verhältnisse geändert!“ Dies ist nur allzu wahr.
Von welcher idyllischen Anspruchslosigkeit früher die lieben Mädchen
waren, möge man aus Bürger's Huldigungslied entnehmen, wo
der Dichter meint:
Fehlen sollt' es Dir im Jahte
Nie an Spielen froher Lust,
Nie an Blumen in die Haare,
Nie an Blumen vor die Brust.
fine Angebete von heute würde auf ein solches Anerbieten
wahrf zeinlich mit den Worten des Oberpriesters aus der „Schönen
Helena“ erwidern: „Blumen, nix wie Blumen!“
Nein, heute muß man den Mund und leider meistens auch
die Hände viel voller nehmen. Nicht umsonst nennen die Allzu¬
schlauen ihre Verehrer „Freunde“ denn sie wollen damit andeuten,
daß die kleinen Geschenie die Freundschaft erhalten. Berücksichtigen
wir ferner, wie billig — oder besser: wie theuer — ihre Wünsche,
öfter zum Stalehner zu gehen, das Theater zu besuchen, beim
Zuckerbäcker zu naschen, die Landpartien in der guten Jahreszeit,
das Weihnachts= und Neujahrsfest in der schlechten, # (aus¬
genommen, man ist so vorsichtig, principiell jedes Verhältniß am
23. December abzubrechen), so wird man die unten ausgeworfenen
Zahlen sicher gerechtfertigt finden. Dabei sind besonders ungünstige
EXTRAPOST.
725 fl. — kr.
Also Uebertrag
Hiezu der oben berechnete Betrag per . . . . 450 „ 10 „
addirt, so erhalten wir die Totalsumme von . . 1175 fl. 10 kr.
Solche und ähnliche Summen werden — wie hier an einem
illustren Exempel statuirt wurde — durch die Tendenz der neuesten
Dichtung, aus dem Leben zu schöpfen, dem Güterumlaufe
zugeführt.
Die früheren Schriftsteller saugten ihre Schöpfungen, trivial
gesprochen, aus dem Finger.
Schiller brauchte keine andere Anregung als den Geruch
faulender Aepfel, die in seiner Schreibtischlade lagen.
Die Modernen sind volkswirthschaftlich weit nützlicher. Man
bedenke, daß ihre Schriften in diesem Sinne belebend auch auf
das lesende Publicum wirken müssen, man bedenke, daß manche
Dichter — jene, die in luxuriösen, ausgesuchten Sensationen
schwelgen — Handel und Wandel noch mehr fördern, und man
wird unsere Hoffnung theilen, daß alle Gewerbe= und Industrie¬
zweige bald die segensreichen Folgen der modernen Literatur¬
tendenz fühlen werden.
Bloß ein einziges Gewerbe wird diesen volkswirthschaftlichen
Aufschwung leider vermissen: die Friseure. Das literarische junge
Wien wenigstens hält nämlich auf Vollbärte, die bloß unten
methodisch zugestutzt sind, und auf längere Haare, wenn auch die
ganz langen Dichterhaare nicht mehr üblich sind. Die Friseure
sollten daher flehentlich rufen: „Wann wird eine Literaturrichtung
mit Schnurrbärten und Haaren à la Fiesco aufkommen?“
Möge Gott sie erhören!
Emil Rechert.
Stimmen aus dem Pnoltcum
Dunkle Ehrenmänner.
Löbliche Redaction!
Der Wucher blüht in allen Formen, nur sind die Vampyre
vorsichtiger geworden und die Zutreiber theuerer. Die neueste
Fagon des Wuchers ist die Verbindung zweier oder mehrerer leicht¬
sinniger Leute als Solidarschuldner. Der Eine acceptirt, die Anderen
giriren. In der Regel muß dann Einer für Alle büßen. Hier eine kleine
Probe: Der Sohn einer wohlhabenden Witwe ist ein leichtsnniger,
vor einem Monat majorenn gewordener Bursche. Er wird mit einem
stark verschuldeten Baron, der auf sein Accept nicht 5 Kreiizer ge¬
borgt erhält, und einem älteren Herrn, der ein Strohmann und
Genosse der Wuchererbande zu sein scheint, zusammengeführt. Alle
Drei kaufen nun gegen einen Wechsel bei einem Juwelier, einem
dunklen Ehrenmanne, einen Schmuck um 3000 fl., welcher effectiv
vielleicht 1000 fl. werth ist. Der junge Mann acceptirte, die beiden
Anderen girirten einen Wechsel per 3000 fl., der am Verfallstage
dem Acceptanten als relativ sichersten Schuldner zur Zahlung
präsentirt wird. Zahlt er nicht, so wird der armen Mutter das
Geld unter allen möglichen Androhungen herausgepreßt. Und was
hatte der junge Mann thatsächlich erhalten? Kaum 10 Percent der
Wechselsumme! Der Schmuck wurde gegen das höchstmögliche Dar¬
lehen von 900 fl. versetzt. Jeder der Wechselschuldner erhielt 300 fl.
Davon mußte der Accepiant dem Agenten noc) 50 fl. abgeben, so
daß ihm statt 3000 fl. bloß 250 fl. geblieben sind. Der Agent hat sich
natürlich vom Juwelier außerdem 100 fl. Provision bezahlen lassen. Die
Witwe übergibt die Sache ihrem Advocaten. Dieser will erst gegen
die beiden Giranten vorgehen, welche erklären, daß sie in der
Sache vor Fälligkeit des Wechsels überhaupt keine Antwort geben.
Der Juwelier erklärt, daß er den Schmuck auf Credit um 3000 fl.
verkauft — die Einrede wegen Verletzung über die Hälfte des
wahren Werthes läßt er nicht gelten, da der Schmuck auch einen
Amateurwerth habe — und die Valuta aus Gefälligkeit zinsen¬
frei auf 3 Monate gestundet hat. Dabei muß der versetzte Schmuck,
falls er nicht ausgelöst wird, am Verfallstage in sein Eigenthum
übergehen. Trotzdem hier ein Wuchergeschäft in optima forma
vorliegt, kann man weder den Juwelier, noch den Agenten oder
die Giranten fassen — und das Ende vom Liede wird wie Ein¬
gangs bemerkt, sein, daß die alte Dame, wenn sie den Sohn nicht
einsperren lassen oder im eigenen oder im Interesse der Zukunft
ihres Kindes den Scandal verhüten will, den Wechsel einlöst.
Um solchem von den Behörden nur schwer faßbaren, aber
doch klar zu Tage liegenden Wucher nach Möglichkeit entgegen¬
zutreten, gibt es nur ein Mittel: die Veröffentlichung der Namen
derartiger Geschäftsleute und Vermittler.
Hochachtungsvoll
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