II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1609

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„Wenn sich die Majorität der Stadtvertretun
von Hinterrucksgeschäften und Winkelzügen und zwar
# den lathölischen Mückerkehranstalten zu Tisis,
lich beifallen ließe, einseitig und parteiisch v#
nur, um, wie das officiöse Organ des Auswärtigen
Strebersdorf und Währing abgehalten wurden,
Machtmitteln Gebrauch zu machen, dann wür
Amtes kopfschüttelnd bemerkt, einer einzigen Partei
von nun auch an den k. k. Staats=Lehrerbildungsan¬
das Ende der Macht selbst bedeuten; denn
die Herrschaft über die Hauptstadt auszuliefern? Einer
stalten abgehalten werden und solche zu den vorge¬
eine Grenze, die Niemand ungestraft über
Partei auszuliefern, deren Unfähigkeit aufgelegt dasteht
schriebenen religiösen Uebungen an diesen
darf.“ Wenn die Christlichsocialen die neuer
vor aller Welt, während, wie die Officiöse bedauert,
Anstalten gehören!! Der Lehrernachwuchs soll also
nicht mit Maß und Vernunft anwenden, wen
das stets gemäßigte, österreichische und steuerkräftige
mit aller Gewalt ins Jesuitenpferch hineingezwungen
Bogen zu straff spannen, dann werden die Fo
Bürgerthum niedergetreten wird?“ Selbst dieses officiöse
werden! Der aalglatte, aber bei aller Höflichkeit und



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auch eine sehr heikle Frage, die man jetzt, dä
und zitterig dahingekritzelt erscheinen. Die anonyme
904Die Sitzengebliebenen.
Heiutze geschmiedet wird, zu bejahen fürchtet,
Schreiberin dieses Brieschens ist ein Mädchen, ein ver¬
hiedurch den Verdacht heraufbeschwören könnte,
bittertes, altes Mädchen; wie sie selbst gesteht, und die
Die Bühnendarsteller, die vor der Rampe agiren
man der freien Liebe das Wort reden wollte.
im Namen vieler „Sitzengebliebenen“ in einer intimen
und durch das lebendige Wort wirken, kosten ein wonniges
ein kategorisches Nein mag mir nicht aus der Feder#
Gewissensfrage Bescheid haben möchte.
Hochgefühl aus, um das sie die Männer der Feder be¬
Und so bleibt denn nichts Anderes übrig, als i
neiden. Sie sind in unmittelbarem Rapport mit dem
Besonnenheit im Leben Umschau zu halten und ei
Um was handelt es sich also? Die Sitzengebliebene
Publikum. So rasch auch ihre Leistung vorüberrauschen
in jenen Dichtungen herumzuspüren, aus denen
hat ein Büchlein des Münchener Universitätsprofessors
mag, sie haben jederzeit die sichere Empfindung, ob und
derungen der Zeit hervortönen. ##
Haushofer, das die Ehefrage behandelt, in die Hand be¬
inwieweit es ihnen gelungen, die Masse unter ihren
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kommen, sie hat es gelesen, und diese Lectüre hat sie tief
Bann zu schlagen. Unter den Schriftstellern genießen nur
Was ghen wirnun im Leben? Daß
erregt, ergriffen, ja erschüttert. Denken Sie sich: dieser
die Dramatiker diese Empfindung, allerdings in sehr
derung Glücksantheils für die Sitzengeblic
kühle Mann der Wissenschaft, dem jeder frivole Gedanke
gedämpftein, sehr abgeschwächtem Maße, denn zwischen
den und Volksschichten ihre Erfüllung finden
fernliegt, hat den Muth, eine Forderung zu erheben, die
ihnen und dem Publikum steht ja immer der Darsteller.
was uns so ungeheuerlich den't, ist hier
einen geradezu verblüffenden Eindruck macht. Er bespricht
Die Anderen aber sprechen zu einer unsichtbaren Menge.
scheinung. Die Proletarierin darf sicht
unter Anderem auch die Lage der alten Mädchen und
Finden ihre Worte ein Echo oder verhallen sie ins
dem Zug ihres Herzens und ihres Temp
erklärt ungescheut, daß es an der Zeit sei, mit dem
Leere? Sie wissen es nicht. Daher die stille, freudige
ohne hiebei, wie ihre Schwester aus den best
alten Vorurtheil zu brechen, wonach ein Mädchen, das
Genugthnung des Schriftstellers, wenn er in der stummen,
einen socialen Boykott, die gesellschaftliche Aech
sitzengeblieben, sein Recht auf Glück, auf Liebe für
unsichtbaren Masse, an die er sich wendet, dann und
befürchten. Daher denn auch im Hinterhau
immer verscherzt habe. Und wissen Sie, was der Herr
wann ein Lebenszeichen wahrnimmt.
Sudermann in der „Ehre“ gezeigt hat, der
Professor verlangt? Man möge jedem Mädchen, wenn
Das geschieht gewöhnlich in der Form eines
einen ganz anderen Inhalt hat als im V
es ein gewisses Alter überschritten, ohne unter die Haube
Briefchens, das ihm ins Haus fliegt. Es ist gemeiniglich
gerade deshalb wurde ja der Gesell
gelangen zu können, das Recht gönnen, sich ihren An¬
eine Leserin, die ihren Beifall oder ihr Mißbehagen be¬
gemacht! Gerade deshalb hat man
theil am Glück in der Weise zu sichern, wie es
kundet. Manchmal ist es auch eine intime Herzensfrage,
gegen sie hoben! Man stellte die sit
ihr beliebt. Und diese Weisheit verbirgt sich nicht
die ihm zur Entscheidung vorgelegt wird. Solch ein
der Mädchen aus den niederen Voll
in einem weitschichtigen philosophischen Werk, sie predigt
Brieschen liegt jetzt vor mir, Schon der Briefbogen macht
wendige Folgeerscheinung des Elends
mit keckem Wagemuth blühende Lebensfreude in einer
einen etwas seltsamen Eindruck: er schillert blaugrün,
Niemand hat dies nachdrücklicher verki
dünnen Flugschrift, die auf Massenabsatz berechnet ist.
zeigt an den Rändern arabeskenartig geschwungene
seinem „Volksfeind“, wo der Doctor Stockman
Das ist in der That überraschend. Man begreift nun,
Linien, und oben an der Schmalseite blickt mir irgend
deutsamen Sätze ausspricht: „Armuth und Elend
warum ein altes Mädchen hiedurch in Aufregung geräth.
ein fabelhaftes Unthier entgegen, ein Greif oder ein
Ursachen aller Verderbtheit. In einem Hause,
Man versteht auch die bange, bebende Frage der Sitzen¬
nierkwürdig geformter Pegasus — also das Erzeugnis
Fußboden nicht täglich gefegt wird, verliert der A
gebliebenen: „Hat dieser gute Mann Recht? Ist seine
irgend eines sezessionistisch empfindenden Papierfabrikanten.
zwei, drei Jahren die Fähigkeit, moralisch zu de
Forderung wirklich ein Gebot jener neuen Moral, von
Aber noch seltsamer ist das, was aus dieser wunder¬
zu handeln. Der Mangel an Sauerstoff schw
der heutzutage so viel gesungen und gesagt wird?“ Es
lichen Umrahmung zu mir spricht mit Schriftzügen, die
bald kräftig und keck aufgetragen und dann wieder fahrig ist, wie man sieht, eine sehr interessante, aber gleichzeitig Gewissen.“