II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1613

5. Liebelei
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beamten mit der Wach# —
Teilnehmern zu stürmischen Protestrufen
durch seine Berliner Kritiker gestört worden. Aber tiker wissen nicht, wie schwer es ist, ein gutes Stück Anlaß. Konzipist Slaviëek wandte sich an den
Gerhart Hauptmann hat viel mehr Fehlschläge zu
zu schreiben. Sudermann war 33 Jahre alt, bis er Vorsitzenden Spatny und verbot aus forma¬
verzeichnen, als Hermann Sudermann. Sudermann
seinen Erfolg hatte. Vorher befaß er wahrhaftigslen Gründen die weitere Abhaltung
keinen Ueberfluß. Wie viel Arbeit, wie viel Ge=des Kongresses. Die Versammlung entsprach
hat jedoch einen herausfordernden, glänzend schwar¬
zen, großen und breiten Vollbart, während Haupt= danken, wie viel vortreffliche Werke werden erst durch nicht den Vorschriften des Versammlungsgesetzes,
da sie nicht angemeldet war und viele Teilnehmer
mann in glatt rasierter Bescheidenheit einhergeht.
einen Erfolg bezahlt! Durch den Erfolg oft eines
minderwertigen Werks! Schnitzler, der Dichter auf Verlangen der Beamten keine Einla¬
Sudermann empört sich wider die Verrohung der
Schnitzler hat zwanzig Stücke geschrieben und dochsdungskarte vorweisen konnten; über¬
Theaterkritik, während Hauptmann, die eine Hand
auf dem Herzen, die andere auf einer entgegengesetz¬
hat sich erst ein einziges, „Liebelei“ wirklich einge= dies war das Programm des Kongresses ungesetz¬
ten Stelle, sich für die gnädige Strafe bedankt.
bürgert. Man hat vorgestern in Wien sein drama=lich. Bei Verkündigung des Verbotes des Kon¬
artr
gresses wurde neuerlich gelärmt — Abg. Choc suchte
Wir Deutschen fürchten Gott und sonst noch
tisches Erstlingswerk „Das Märchen“ wieder aufge¬
die Unordnung. Bei uns muß alles nummeriert
vergebens beim Konzipisten zu intervenieren —,
nommen. Als ich es vor vierzehn Jahren las, und
Uhr
so daß es nicht möglich war, die einzelnen Teil¬
und richtig eingekastelt sein. Ein Dichter muß in
zur Aufführung empfahl, da verbot der Polizeizensor
nehmer sicherzustellen. Sie wurden deshalb in
einem wenigstens ehemals weißen Talar einhergehen.
die Aufführung. Warum? Das hab ich bis heute
[Trupps zu 30 bis 40 Mann unter
lnicht verstanden. Vielleicht hätte Schnitzlers Auf¬
Und hungern muß er. Man kann ruhig sagen, daß
Polizeibewachung in das Sicher¬
Hermann Sudermann Sardou nicht viel nachsteht.
stieg ein schnelleres, entschiedeneres Tempo gewon¬
Sardou, der nach der Nomenklatur der deutschen
heitsdepartement gebracht, wo sie in
nen, wenn er damals gleich drangekommen wäre.
Fürchtegotts ein Sensationsdramatiker ist, der jede Wer weiß? Diese Woche bekommen wir im Neuen
Haft belassen wurden. Die Eskorte der einzelnen
Tagesfrage dramatisch ausschrotet, trägt den Val=Theater auch ein altes Erstlingswerk zu hören:
Trupps durch die zur Polizeidirektion führenden
menfrack des Akademikers und alle Franzosen ohne
Hebbels Judith. Ach, armer Hebbel! Wenn die Straßen erregte natürlich die Aufmerksamkeit der
Ausnahme schätzen den Mann, der so außerordentlich
lebenden Dichter alle an Dich denken, wie zufrieden Passanten, die sich den Grund dieser Massenver¬
müssen sie mit ihrem Schicksal werden! Es geht haftungen nicht erklären konnten. Unter den Teil¬
viel kann. Kein Mensch in Frankreich frägt, ob
nehmern, die alle rote und weiße Nelken im Knopf¬
Sardou ein Dichter ist, denn jedermann ist über= eben so: Manchem Dichter wird nicht nur sein eigener
zeugt davon. Aber in Deutschland ist es keiner, da
Erfolg, sondern auch die Arbeit seines Kollegen be¬
loch trugen, befanden sich meistens junge Leute im
zahlt. Die Theatereinnahmen, das was ein Volk
ist er nur ein Mann, der zu viel Tantièmen bezieht.
Alter von 17 bis 20 Jahren, — einer der Teil¬
für seine Dichter ausgibt, bleiben sich immer unge¬
Die Franzosen lassen Corneille, Molière, Racine,
nehmer war 14½ Jahre — und zwei Damen.
ful
fahr gleich. Nur die Verteilung ist ungleich. Bei
sogar Voltaire und Rostand leben. aber sie wissen
Die jungen Leute wurden im Departement IV
Hebbel, der leider erst nach dem Tode auflebt, ist die
auch Sardou, Lavedan und Bernstein zu schätzen.
bezüglich ihres Namens und ihrer Wohnung sicher¬
Ich bin kein Verehrer von Sudermann, aber
Sache noch schlimmer. Seine Tantiemen nimmt
gestellt. Es zeigte sich hiebei, daß außer Prager
vermutlich ein Theateragent für sich in Anspruch.
doch ein Ehrer. Ich verzeihe ihm nicht nur seine
Delegierten der einzelnen Organisationen aus ganz
Tantièmen, ich gönne sie ihm. Die Berliner Kxi¬
Bob. Böhmen, ferner Delegierte aus Wien, Klosterneu=2#