Liebele
asesterste, etetenensetnetenet.
box 13/3
her
es pathetisch: wenn Fritz sich gegen die Dauerhastigkeit
Liebe Christinens wehrt: „Sprich nicht von Ewigkeit!“ Und
da steht auch ein sprachlich seltsam verzeichnetes Bild: „Es
gibt ja vielleicht Augenblicke, die einen Duft von Ewigkeit
um sich sprühen!“
Daß die Schauspieler im Theater in der Josefstadt —
manchmal, leider nicht sehr oft, von Max Reinhardt geführt —
sich jetzt auf Artur Schnitzler besinnen, ist wohl der heimgekehrten
Paula Wessely zu danken, in der man eine ideale Christine zu
finden glaubte. Sie ist es. Sie ist zwar mehr herbes als süßes
Mädel, aber von jener köstlich süßen Herbheit oder zärtlich
herben Süße, wie wir sie einzig richtig finden für die Darstellung
dieses wienerischen Gretchens. Selten mag sich dichterisches
Wollen und schauspielerisches Erfüllen so absolut decken. Ich
kann mir nicht denken, daß die leibhaftige Christine, wie
Schnitzler sie porträtiert oder intuitiv ersonnen hat, eine bessere,
richtigere Verkörperung finden könnte als in Paula Wessely.
Diese junge Tragödin ist über alles Süßliche und Süße hinaus¬
gewachser und darum ist es ganz natürlich, daß sie erst in der
Katastrophe ihre volle Größe erreicht, daß sich erst dort alle
Kräfte dieses Urtalents freispielen. Da erst ist auch das Drama
zeitlos, und da werden Rolle und Darstellerin zu einer wunder¬
bar untrennbaren Einheit; da ist die Leistung von einer Selbst¬
verständlichkeit, die keinen Wunsch mehr offen läßt. Unsere
Generation hat den berühmten Wolter=Schrei nicht mehr ver¬
nommen. Wir stellen uns vor, daß der kleinen Wessely da etwas
Aehnliches gelingt, wenn sie erfährt, daß Fritz für eine andere
Frau im Duell getötet wurde.
Ein entzückender, blonder Kontrapunkt zur sonoren Christine
der Wessely ist die Mitzi Schlager der Chvistl Czepa. Vielleicht
etwas zu zart zwitschernd für die seelisch robuste, lebenspraktische
und leichtsinnige Freundin, aber voll wienerischer Anmut und reiz¬
vollstem Humor. Den Fritz spielt Hans Thimig. Dieser Vorkriegs¬
held wird in seiner Vorkriegstragik das Opfer einstiger Konventionen
einer guten Gesellschaft, in der die Unentrinnbarkeit vor einem Duell
nur den Weg in die Ehrlosigkeit oder in den fast sicheren Tod
offen ließ. Er ist für unser mitteleuropäische Empfinden jetzt
nicht ganz leicht zu verstehen. Die Brutalirät unserer Zeit
bürdet der heuigen Jugend andere Sorgen auf. Sie kann sich
den Gefühlsluxus einer vorläufig abgebauten Duellromantik
nicht mehr leisten. Die Ehebruchstragödien unferer Epoche
beginnen meist am Weekendausflug und enden nicht selten auf
dem Bezirksgericht. Hans Thimig muß also seinem Fritz eine
Art romantischen Vorkviegsidealismus geben, etwas Kleistsche
Todesfurcht des Prinzen von Homburg. Er trifft das wunder¬
bar, wie ihm überhaupt trotz seiner ausgesprochen komischen
Begabung jede ernste Rolle ganz erstaunlich gut gelingt.
Heinrich Schnitzler, der Sohn des Dichters, ist ein aus¬
gezeichneter Theodor von erstaunlicher Natürlichkeit und maßvollster
Beherrschung auch im sonnig heiteren Teil seiner Rolle. Seine
gelten.
als absolut authentisch
Auffassung darf wohl
Den fremden Herrn, der mit einer einzigen kurzen,
aber meisterhaften Szene das ganze Drama exyoniert,
spielt Herbert Hübner. Diese überaus dankbave Figur, einst
von Mitterwurzer kreiert, wird immer wieder als Beispiel dafür
angeführt, wie entscheidend wichtig selbst die allerkleinste Rolle
in einem gut gebauten Drama sein kann. Hübner ist vorschriftsmäß.g
schicksalhaft, drohend, geheimnisumwittert... nur ein kleines bißchen
zu nüchtern. Annie Rosar eine Katharina Binder in echt
wienerischem Schnitzler=Stil. Eine schlechtweg vollendete Meister¬
leistung der Weyring Hugo Thimigs. Wundersame Güte,
sonnige Reife aus den Tiefen einer gefühlsreichen Persönlichkeit.
Den Abend leitet das Marionettenspiel „Der tapfere
Cassian“ ein. Graziöse Puppenkomödie und reizvolle Spielerei
eines Dichters. Tragische Harlekinade, in der es um die Liebe
einer anwesenden Kolombine (Sophie) und einer abwesenden
Pulichinella (Eleonora Lambriani) geht. Eine kleine Commedia
dell' arte von der Vergänglichkeit des Spiels und Liebesglücks.
Auch hier fällt Martin, der eigentliche Held, im Zweikampf.
Noch einmal spielt er die Flöte und reflektiert sinnig sentimental:
„Es ist bitter, allein zu sterben, wenn man eine Viertelstunde
vorher noch geriebt, wohlhabend, der herrlichsten Hoffnungen
voll war. „Wahrlich, es ist ein übler Spaß und ich bin eigentlich
gar nicht gelaunt, Flöte zu spielen.“ Frau Czepa ist eine
graziös artige Sophie mit einem richtigen Puppengesicht und
Marionettenherz. Neugebauer ein lustig bramarbarsierender
Cassian, aber zu schwer, zu klobig, zu materiell. Prachtvoll Hans
Thimig als Martin mit dem brutalen Egoismus ahnungsloser
Jugend. Paul Kalbeck leitet das Spiel mit deutlichem
Stilgefühl für den Wiener Dichter. Er schafft wienerische
Atmosphäre und gibt den stillen Rhythmus dieses nach schöner
Vergangenheit duftenden Vorkriegstheaters. Starker Beifall
bestätigt den starken Erfolg des Abends.
asesterste, etetenensetnetenet.
box 13/3
her
es pathetisch: wenn Fritz sich gegen die Dauerhastigkeit
Liebe Christinens wehrt: „Sprich nicht von Ewigkeit!“ Und
da steht auch ein sprachlich seltsam verzeichnetes Bild: „Es
gibt ja vielleicht Augenblicke, die einen Duft von Ewigkeit
um sich sprühen!“
Daß die Schauspieler im Theater in der Josefstadt —
manchmal, leider nicht sehr oft, von Max Reinhardt geführt —
sich jetzt auf Artur Schnitzler besinnen, ist wohl der heimgekehrten
Paula Wessely zu danken, in der man eine ideale Christine zu
finden glaubte. Sie ist es. Sie ist zwar mehr herbes als süßes
Mädel, aber von jener köstlich süßen Herbheit oder zärtlich
herben Süße, wie wir sie einzig richtig finden für die Darstellung
dieses wienerischen Gretchens. Selten mag sich dichterisches
Wollen und schauspielerisches Erfüllen so absolut decken. Ich
kann mir nicht denken, daß die leibhaftige Christine, wie
Schnitzler sie porträtiert oder intuitiv ersonnen hat, eine bessere,
richtigere Verkörperung finden könnte als in Paula Wessely.
Diese junge Tragödin ist über alles Süßliche und Süße hinaus¬
gewachser und darum ist es ganz natürlich, daß sie erst in der
Katastrophe ihre volle Größe erreicht, daß sich erst dort alle
Kräfte dieses Urtalents freispielen. Da erst ist auch das Drama
zeitlos, und da werden Rolle und Darstellerin zu einer wunder¬
bar untrennbaren Einheit; da ist die Leistung von einer Selbst¬
verständlichkeit, die keinen Wunsch mehr offen läßt. Unsere
Generation hat den berühmten Wolter=Schrei nicht mehr ver¬
nommen. Wir stellen uns vor, daß der kleinen Wessely da etwas
Aehnliches gelingt, wenn sie erfährt, daß Fritz für eine andere
Frau im Duell getötet wurde.
Ein entzückender, blonder Kontrapunkt zur sonoren Christine
der Wessely ist die Mitzi Schlager der Chvistl Czepa. Vielleicht
etwas zu zart zwitschernd für die seelisch robuste, lebenspraktische
und leichtsinnige Freundin, aber voll wienerischer Anmut und reiz¬
vollstem Humor. Den Fritz spielt Hans Thimig. Dieser Vorkriegs¬
held wird in seiner Vorkriegstragik das Opfer einstiger Konventionen
einer guten Gesellschaft, in der die Unentrinnbarkeit vor einem Duell
nur den Weg in die Ehrlosigkeit oder in den fast sicheren Tod
offen ließ. Er ist für unser mitteleuropäische Empfinden jetzt
nicht ganz leicht zu verstehen. Die Brutalirät unserer Zeit
bürdet der heuigen Jugend andere Sorgen auf. Sie kann sich
den Gefühlsluxus einer vorläufig abgebauten Duellromantik
nicht mehr leisten. Die Ehebruchstragödien unferer Epoche
beginnen meist am Weekendausflug und enden nicht selten auf
dem Bezirksgericht. Hans Thimig muß also seinem Fritz eine
Art romantischen Vorkviegsidealismus geben, etwas Kleistsche
Todesfurcht des Prinzen von Homburg. Er trifft das wunder¬
bar, wie ihm überhaupt trotz seiner ausgesprochen komischen
Begabung jede ernste Rolle ganz erstaunlich gut gelingt.
Heinrich Schnitzler, der Sohn des Dichters, ist ein aus¬
gezeichneter Theodor von erstaunlicher Natürlichkeit und maßvollster
Beherrschung auch im sonnig heiteren Teil seiner Rolle. Seine
gelten.
als absolut authentisch
Auffassung darf wohl
Den fremden Herrn, der mit einer einzigen kurzen,
aber meisterhaften Szene das ganze Drama exyoniert,
spielt Herbert Hübner. Diese überaus dankbave Figur, einst
von Mitterwurzer kreiert, wird immer wieder als Beispiel dafür
angeführt, wie entscheidend wichtig selbst die allerkleinste Rolle
in einem gut gebauten Drama sein kann. Hübner ist vorschriftsmäß.g
schicksalhaft, drohend, geheimnisumwittert... nur ein kleines bißchen
zu nüchtern. Annie Rosar eine Katharina Binder in echt
wienerischem Schnitzler=Stil. Eine schlechtweg vollendete Meister¬
leistung der Weyring Hugo Thimigs. Wundersame Güte,
sonnige Reife aus den Tiefen einer gefühlsreichen Persönlichkeit.
Den Abend leitet das Marionettenspiel „Der tapfere
Cassian“ ein. Graziöse Puppenkomödie und reizvolle Spielerei
eines Dichters. Tragische Harlekinade, in der es um die Liebe
einer anwesenden Kolombine (Sophie) und einer abwesenden
Pulichinella (Eleonora Lambriani) geht. Eine kleine Commedia
dell' arte von der Vergänglichkeit des Spiels und Liebesglücks.
Auch hier fällt Martin, der eigentliche Held, im Zweikampf.
Noch einmal spielt er die Flöte und reflektiert sinnig sentimental:
„Es ist bitter, allein zu sterben, wenn man eine Viertelstunde
vorher noch geriebt, wohlhabend, der herrlichsten Hoffnungen
voll war. „Wahrlich, es ist ein übler Spaß und ich bin eigentlich
gar nicht gelaunt, Flöte zu spielen.“ Frau Czepa ist eine
graziös artige Sophie mit einem richtigen Puppengesicht und
Marionettenherz. Neugebauer ein lustig bramarbarsierender
Cassian, aber zu schwer, zu klobig, zu materiell. Prachtvoll Hans
Thimig als Martin mit dem brutalen Egoismus ahnungsloser
Jugend. Paul Kalbeck leitet das Spiel mit deutlichem
Stilgefühl für den Wiener Dichter. Er schafft wienerische
Atmosphäre und gibt den stillen Rhythmus dieses nach schöner
Vergangenheit duftenden Vorkriegstheaters. Starker Beifall
bestätigt den starken Erfolg des Abends.