II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1761

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Liebe
een 1. 1
„OBSERVER“
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
K. Z. am Hitias, Seris
vom:
„Liebelei“ als Film ( im Atriam und Titania-Palast
m
Noble Passion, dieses noble Dichterwerk zu
Kurt Alexander sind die betontere Erotisierung
vertonfilmen. Seine zarte Klugheit, sein zer¬
des Paars Mizzi=Theodor und die Erweiterung
brechlich feiner Schmelz, sein bitterwahrer Aus¬
der Partie des „Herrn“. Diese Minutenrolle
klang ist nicht die kernledrig unverwüstliche
von zwölf Sätzen, die einmal von Mitterwurzer
Filmware unserer Tage. Das Unternehmen, kost¬
zur Dominante emporgehoben worden sein soll,
spielig und riskant, zeigt einen guten, starken
ist hier, mit Gründgens, tragende Partie,
Glauben an die Wertbeständigkeit eines dichte¬
ein kalter Diplomatenlurch, der in eisiger Wut
rischen Wurfs. Und verdient schon darum das
zittert, wenn er der Untreue nachspürt. Auch
Lächeln und die Träne, die es gestern, neben
hat sie nun einen Namen, Baron von Eggers¬
großem Beifall, in allen Teilen des Saales
dorf, und Partnerrollen, Olga Tschechowa
fand.
als die verführende Gattin, und Paul Otto
Liebelei“ ist die süßeste und schmerzlichste
als korrekter Denunziant. Glänzend seine Ab¬
schiedsszene am Bahnhof.
Ballade vom jügendlichen Herzen. In seinen
Szeien schwingt und klingt alles zusammen,
Das Quartett der Liebenden gehört der
was es im Alter des erwachten und hungrigen
jungen Garde. Den Mädels Luise Ullrich und
Gefühls an Reinheit und Gemeinheit, an Glück
Magda Schneider, die verwunderlicherweise
und seelischer Verfinsterung gibt. In seinen
die Fächer tauschten. Denn die Ullrich, die
vier Figuren, den zwei Paaren, spannt sich die
innige, spielt das Flittchen Mizzi, die keck¬
Erlebnisskala von der Gleichgültigkeit bis zum
kapriziöse Magda Schneider die stille, noch in
Absturz.Schnitzler, der Arzt, hat vier Seelen
der Leidenschaft scheue Christine. Umgekehrt wäre
geröntgt. Iebis Bild zeigt einen „Fall“; im
es wirklich besser. Denn nur die Ullrich, blen¬
Schauspiel zusammenfließend umfassen sie ganz
dende Schauspielernatur, quirlt und schnattert,
den Begrifft jugendliche Liebe. Und zwischen
wiegt und liebelt die Mizzi in bestechender
dieses psychische Panorama bäumt sich das
Natürlichkeit herunter, Christine aber bleibt nur
Drama einer Ehebruchs= und Duell=Katastrophe
das unpersönliche Bild eines schönen unglück¬
auf. Und über alle liegt und zerstäubt sich
lichen Fräuleins. Man sieht, mit Freude, die
Duft und Luft, Sprache und Melodie des alten
Bemühung einer sonst weit weniger ergiebigen
Wien, der Stadt der melancholischen Liebe.
Darstellerin um Verinnerlichung und gesammelten
Wie stellt sich der Film zu diesem feinst¬
Ausdruck. Doch wo ein Gefühl aus dem Körper
faferigen, diffizilen Stimmungsspiel, das so
lodern, ein Herz schlagen und eine Seele zer¬
sehr des lebendigen Fluidums bedarf? Er wäre
springen muß, bietet sich immer nur
nicht Film, wenn er nicht verdeutlichte und ver¬
und nur ein
freundliches Bild und
stärkte, erweiterte und umrahmte. Seine räum¬
ein anmutiges
Gesicht. Dieses Gesicht
lich=optischen Vorteile nützt er, indem er die
spricht, lächelt, weint aber nichts, nichts
Liebenden schlittenklingelnd durch schneever¬
scheint aus dem Innern zu kommen. Es ist halt
zauberte Landschaften fahren läßt, die Kulissen¬
schwerer, Schnitzler zu spielen als Wassermann
und Schlee.
welt der Oper aufklappt, in der der alte Wei¬
ring in der gütigen Gestalt Hörbigers
Ausgezeichnet die jungen Männer, Offiziere
geigt, und die düstere Szenerie des Duells mit
von Alt=Oesterreich und Rekrulen der Filmkunst:
Kutschen im Morgengrauen und einer lieblos
Willi Eichberger als Theo, ein Windhund
grauen Waldlichtung einfügt. Stärkere Nach¬
vom reinsten Donauwasser, frech, leichtsinnig und
kilfen des Manuskripts von Hans Wilhelm und sympathisch und Wolfgang Liebeneiner,
mit blassem Kadettengesicht, dekadent, verhemmt
und doch — nicht ganz schnitzlerisch — sich ganz
und voll Glück der neuen, reineren Liebe öffnend.
Max Ophüls führt die Regie, ohne völ¬
ligsten Stimungszauber, doch als treuer Nach¬
schöpfer eines großen Geistes und überlegen in
der Darstellerführung.
Starker Beifall, der die Hauptdarsteller an
die Rampe zog. Unter den Anwesenden die
Witwe Schnitzlers.
#. S—y.

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I. Oesterr.
OBSERVER Senerel. konz.
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Büro für Zeitungsnachrichten
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WIEN I, WOLLZEILE 77
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Lokalanzeiger, Berlin
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18.3.1933
Te
Atrium: „Liebelei“.
Regisseur Max Ophüls hat nach dem bekannten
Schauspiel von Artur Schnitzler und einem Manu¬
skript von Wilhelm und Alexander einen Film ge¬
dreht, der sich von der überwiegenden Mehrzahl —
der Wien=Filme wohltuend unterscheidet. In der
„Liebelei“ werden die Wiener einmal härter und
klarer angefaßt; Probleme von später gewittern
bereits am fernen Horizont, und man fühlt jeden
Augenblick, daß die zur Schau getragene Fröhlich¬
keit und Leichtlebigkeit aus bedrücktem Herzen
kommt. Auf diesen schwermütigen Moll=Ton ist
die Landschaft und die in ihrer Mitte lebende
Menschheit gestimmt. Daß er trotzdem nur leise
das Gemüt des Zuschauers durchzieht, ist ein
neuer Beweis für die feinnervige Hand, mit der
Ophüls die seelische Lautstärke seiner Schauspieler
reguliert. Die beiden Liebhaber werden von
Willi Eichberger und Wolfgang Lieben¬
einer ausgezeichnet verkörpert, die Mizzi Schla¬
ger ist die reizend plappernde Luise Ulrich, den
Baron spielt Gustaf Gründgens außerordent¬
lich eindrucksvoll. Magda Schneider befrem¬
det als Christine. Sie ist zu sehr auf „Püppchen“
zurechtgemacht und läßt kein eigenes, sondern nur
ein von der Regie verliehenes Innenleben ahnen.
Paul Hörbiger, die Tschechowa und Paul Otto
tragen die übrigen Rollen. Verdienter Beifall für
alle. Der Film läuft auch im Titania=Palast.