II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1773

Liebelei
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I. Oesterr.
Observel beneral. konz.
dro für Zeitungsnachrichten
WVIEN I, WOLLZEILE 17
Danzi ger Neuestehacstienen
5.APR. 1933
Filmpalast, Langfuhr.
Zwei weit über den Durchschnitt hervorragende
Filme sind in dem jetzigen Spielplan vereint. Nach dem
Bühnenstück von Arthur Schnitzler haben Hans Wilhelm
und Kurt Alexander den Tonfum „Liebekei“ geschaffen,
den Max Ophüls regielich gestaltet hat. Er verzichtet
möglichst auf die Effekte, die das Original in tenden¬
ziöser und einseitiger Weise enthält, und sucht lediglich
die rein menschliche Seite dieser Tragödie zu betonen:
selbstverständlich kommt er um die Tendenz des Autors
nicht herum. Da hierzu noch die großen realistischen
Möglichkeiten des Tonfilms kommen, ergeben sich Wir¬
kungen, die der Bühne vorenthalten sind. Das Schönste
vomn photographischen Standpunkt aus ist wohl die ent¬
zückende Schlittenfahrt durch den tief im Schnee ver¬
sunkenen Winterwald. Hier ist eine Stimmung in be¬
zaubernder Weise eingefangen, die den Zuschauer völlig
gefangen nimmt. Magda Schneider als Christine
zeigt sich von einer völlig neuen Seite und hat ergrei¬
fende Szenen in diesem melancholischen Spiel. Frisch
und lebendig Wolfgang Liebeneiner und Willi
Eichberger als junge Offiziere, ebenso wirkt Louise
llrich, mit ihrer unbekümmerten Sorglosigkeit. —
Ebenso ernst und ergreifend ist das Geschehen in dem
amerikanischen Tonfilm „Der Champ“, dessen Quali¬
täten wir schon mehrfach gewürdigt haben.
. Oesterr.
Observel Seherel. konz.
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Büro für Zeitungsnachrichten
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Gberösterreich. Mongenblatt, Linli
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19. 5r f. 1933
Aus den Lichtspielbühnen.
Um die Jahrhundertwende hat
Kolosseum-Kina. „L#,
Se
Arthur Schnitzler das „suße Wiener Mäd!“ titerarisch gecdelt
und die Liebestragödie der kleinen, neunzehnjährigen Christine Wey¬
ring ist der größte Bühnenerfolg des Wiener Dichterarztes geblieben.
Es hat eigentlich lange gewährt, bevor sich der Film an „Liebelet“
herangewagt hat, begründet durch die verschiedenartigen Kriterien
von Bühne und Film. Auch Max Ophuels konnte nur bildhaft
den Schnitzlerschen Stoff nicht bändigen, aber seine Bearbeitung
schöpft, was nur möglich ist, aus dem reichen Born und bietet damit
einen der besten Sprechfilme der letzten Jahre. Wundervoll ist schon
die Stimmung jenes Vorkriegs=Wiens festgehalten, das heute nur
noch in der Erinnerung der älteren Generation vorhanden ist, die
schon in den ersten Bildern von der Festvorstellung in der Hofoper
sicher und geschmackvoll skizziert ist. Ebenso wirklichkeitstreu die Sze¬
nen aus dem Exerziergelände und der Offiziersmesse, die altösterrei¬
chische Kameradschaft ohne in jene läppischen Verzerrungen zu ver¬
fallen, welche aus gangbaren Bühnen= und Filmschwänken schoa
nahezu Anspruch auf historische Wahrheit erheben. Es ist nicht ver¬
wunderlich, daß im Film die nach seelischer Richtung intensiver behan¬
delten Gestalten der Christine Weyring (Magda Schneider) und
Leutnant Lobheimer (Wolfgang Liebeneiner) nicht zur gleichen
Wirkung wie im Bühnenschauspiel gelangen können, aber auch diest
beiden tragischen Figuren des Spiels werden in einzelnen Szenen er¬
schütternd glaubhaft. Schade ist aber, daß Paul Hörbiger als
Christinens Vater eine gegen das Schauspiel stark zusammen¬
gestrichene Rolle vorfindet, obwohl gerade der alte Weyring eine det
besten Gestalten dieses vortrefflichen Schauspielers werden konnte
Als Schlager=Mizzi, das „süße Mädl“ hat aber Louise Ullrich
nach ihrer prächtigen Leistung in Trenkers „Rebell“ den zweiten, ver¬
stärkten Großerfolg. Diesem leichtbeschwingten, gutherzigen Geschöpf
fliegen die Herzen im Nu zu. Wesentlich eindrucksvoller, als #
„Audienz in Ischl“ ist Willy Eichberger als Oberleutnant Kaiser,
gleichsam eine Gestalt aus Torresanis „Schöner, wilder Leutnants¬
zeit“. Aus der Episodenfigur des „fremden Herrn“ formt der Sprech¬
film die schicksalhafte Nebenhandlung, in der gleichfalls scharf profi¬
lierte Gestalten erscheinen, der einprägsame Baron Egersdorf Gustaf
Gründgens, die verführerische Baronin der schönen Olga Tsche¬
chowa und die in knappen Strichen gut gezeichneten Stabsoffiziere
Paul Ottos und W. Pledaths. Es ist der beachtenswerteste
Erfolg dieses Filmwerkes, daß er vollends zu fesseln weiß, obwohl
die Zeit seiner Handlung und die bewegenden Probleme nicht mehr
—0r.—
unserer Zeit angehören.