II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1961

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F. M. S.
London, 5. Augrst.
In Londoner Theaterkreisen herrscht bereits Hoch¬
betrieb. Die meisten Direktoren bereiten ihre Herbst¬
novitäten vor von denen nicht weniger als fünszig in
den ersten Wochen der kommenden Saison aufgeführt
werden sollen.
Es ist für Londons Theaterkonjunktur bezeichnend, daß fast
alle Bühnen des Westends über den ganzen Sommer vergeben
sind, und auch in diesen Tagen noch zahlreiche Premieren statt¬
finden. Tatsächlich ist der durch das schlechte Wetter geförderte
Theaterbesuch gegenwärtig noch öesser als in den Monaten der
Hochsaison. Das englische Theater lebt nicht von den Parterre¬
beiuchern, sondern von dem Galeriepublikum, das sich gegenwärtig
eher entschließt, ein Theater aufzusuchen als im Winter. Es fehlen
nur die „oberen Zehntausend“, die elegante Gesellschaft, die dem
gesellschaftlichen Leben den glanzvollen Hintergrund bietet, die
Mitglieder des Hofes, die jedem Ereignis das festliche Gepräge
geben.
Wiener Operettenkonjunktur.
Die Jazzoperette hat sich überlebt. Die synkopièrte Musik hat
keinen Anklang mehr gefunden und die Theaterproduzenten kehren
zur Wiener Operette und den nach ihrem Modell geschaffenen
melodiösen und liebenswürdigen Musikstücken zurück, die vor ein
paar Jahren noch als „altmodisch“ verrufen und aus dem
Repertoire gestrichen wurden. Einstweilen sind drei große
Operettenpremieren von Wiener Meistern für die ersten Herbst
wochen angelündigt. C. B. Cochran bereitet „Liebelei“ mit
der Musik von Oskar Straus und Irene Eisinger in der
Hauptrolle vor. Straus wird auch mit seinen „Drei Walzer“
im Londoner Herbstrepertoire vertreten sein. Cochran hat über¬
dies Gitta Alpars Londoner Bühnendebüt für den Herbst in
Brodszkys „Königin“ angesetzt. Wie man hört, wird auch
„Gaby“ eine Operette von Bernard Grün, aufgeführt werden,
und Robert Katscher, der Komponist der „Wunder=Bar“, arbeitet an
der Vorbereitung einer großen musikalischen Komödie, die gleich¬
falls im Herbst in London herauskommen wird. Die Verhand¬
lungen über eine Londoner Aufführung der „Eva“ von Franz
Lehar sind noch nicht abgeschlossen. Eine der größten musikal schen
Sensationen verspricht man sich von der Operette des englischen
Komponist.n Carlile „Magische Liebe“, in der die Wienerm
Alice Hübsch in London debütieren wird.
Hausse in Tragödien.
Es ist interessant und für die gegenwärtige Theaterkonjunktur!
bezeichnend, daß die Produzenten es wieher wagen, mit ernsten
Dramen herauszukommen, während man sich in den letzten
Jahren nur auf Komödien verlegt hatte, um einzig und allein
ür die Unterhaltung des Publikums zu sorgen. Sir John Martin
Harvey hat Professor Max Reinhardt eingeladen, im Herbst
„Oedipus Rex“ im Lyzeumtheater, wo vor einigen Jahren
das „Mirakel“ aufgeführt wurde, zu inszenieren. Nancy Price
eine der stärksten schauspielerischen Erscheinungen der englischen
Bichne und zugleich eine aufrichtige Wegbereiterin echter Theater¬
ku ist, plant die Aufführung von Stephan Zweigs „Jeremias“.
Gegenwärtig läuft unter ihrer Leitung „Das Insekten¬
spiel“ der Brüder Capek mit dem großen Erfolg im Little¬
theater, während sie selbst die Hauptrolle, die Figur einer
Hundertjährigen, in „White oaks“, dem ersten kanadischen
Drama, das in Europa aufgeführt wurde, im Playhouse spielt.
Cochran hat ein besonders reiches Programm für den
Herbst. Er kündigt auch Elisabeth Bergner in Sir James
Barries Drama „Der Knabe David“ an. Das Stück mußte
wegen der plötzlichen Erkrankung der Bergner mehrmals ver¬
schoben werden, ist aber jetzt für Mitte September endgültig an¬
gesetzt worden. Zilahys „Ihreletzte Rolle“ wird mit Mary
Ellis in der Hauptpartie aufgeführt werden. Leontine Sagan
inszeniert das neue Stück von Novello „Careleß Rapture“
und Heinrich Schnitzler wird gleichfalls ein neues Werk
inszenieren. „Professor Bernhardi“ ist inzwischen in
einem größeren Theater herausgekommen und bildet den großen
Erfolg des Monats.
Ein Dutzend Revuen.
Die Vorschau wäre nicht vollständig, wenn man nicht auch
die zahlreichen Revuen, die für den Herbst vorbereitet werden,
erwähnen würde. Felix Ferry, der mit der Londoner
Aufführung der Salm=Revue sehr erfolgreich war, hat Lupe Velez
für seine nächste Produktion verpflichtet. Neue Revuen sind noch
im Windmilltheater, im Prince=Edward=Theater und im Saville¬
Theater geplant. Insgesamt werden im September und Oktober
nicht weniger als zwölf neue Revuen zur Aufführung kommen.