II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1971

Liebel
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helm und ein unvergesslicher Miller
in „Kabale und Liebe. Louisen hatten
wir zwei. Die eine: Gertrud Wolle
zählt heute (tempora mutantur!) zu
den geschätztesten Groteskkomikerin¬
nen des deutschen Tonfilms, die an¬
dere Marga Reuter, lernte hier
ihren zukünftigen Mann Lothar Mü¬
thel kennen. Sie hat der ernsten Mu¬
se den Abschied gegeben und ist heu¬
te eine sehr geschätzte Operettensän¬
gerin in Berlin. Viele werden sich
auch noch an den Komiker Max
Liebel erinnern, er ist seit Jahren
Oberregisseur am Deutschen Landes¬
theater in Prag und leistet Wertvolles
für die deutsche Kunst im Auslande.
Die „Salonschlange“ von damals war
Gräfin Claire Wallentin-Met¬
ternich. Viele Bukarester, werden
sich noch an ihre „Zarin“, den „Blau¬
fuchs“, aber auch an ihre ergreifende
„Maria Stuart“ erinnern. Auch sie hat
der Bühne Lebewohl gesagt und ist
menschlich und matemell sehr glück¬
lich verheiratet mit enem Hopfen¬
händler in Saaz. Vor fahren las ich
sie, die gefeierte Mondäne des Berli¬
ner u. Wiener-Pheaters, in der Kurliste
eines Bades: Claire W. Kaufmanns¬
gattin aus Saaz. O quae mütatio re¬
rum, oder war sie nicht vielleicht die
Klügste von allen?
Leiter des Theaters waren die deut¬
schen Diplomaten Horstmann und
Baron Gebsattel. Beide damals
deutsche Offiziere. Gebsattel ist vor.
Jahren in Rom gestorben, Herr Horst¬
mann war die letzten Jahre deutscher
Gesandter in Brüssel und Lissabon
und ist beim letzten Revirement in
den Ruhestand getreten. Dramaturgi¬
scher Beirat des Theaters war
Erich Pommer, der heutige deut¬
sche Filmgewaltige in Hollywood,
langjähriger Produktionsleiter der
Ufa“ in Berlin und in den letzten
Jahren einer der Bahnbrecher für
deutsche Filmspitzenleistungen im
Ausland. Fürwahr kein schlechtes
Personal! Auch Paul Graetz, der
berühmte Berliner Film- und Kaba¬
rettstar — in Berlin der „Paule“ ge¬
nannt, war einige Monate in Buka¬
rest tätig. Wir waren fast alle im Pa¬
lace Hotel am Bul. Elisabeth unterge¬
bracht und Tür an Tür entwickelte
sich ein lustiges Treiben, besonders
„Paule“ brachte Bewegung in die Bu¬
den. Bei einem Gastspiel in Craiova
(wir bereisten mit viel Freude die
Provinz) entdeckten wir ein herrliches
kleines Lokal, ich glaube es hiess Mu¬
sa, in dem sich regelrechte Freivor¬
stellungen in der Weinlaune abspiel¬
ten. Der Abschied von Craiova war
so weinbeweg““ dass Eugen Klöpfer
sich nicht zurückhalten liess, vom
Wagen aus an die zahlreichen am frü¬
hen Morgen auf dem Markt versam¬
melten Landbewohner eine Ansprache
loszulassen, die in dem Monolog des
Holofernes aus Hebbels „Judith“ den
Höhepunkt fand. Die biederen Land¬
bewohner müssen sehr erstaunt gewe¬
sen sein. Noch viele Jahre später
wurde in Berlin vom alten ehrlichen
(Schluss folgt).
Musa gesprochen.