II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1977

5. Liebelei
tuuder box 13/7
wirksam unterstützte. Frau v. Szpinger fand
Wenn trotzdem von Anfang an die melancholische
daß es kein Wunder ist, wenn
sich mit der kleinstädtisch=klatschhaft=beschränkt=nieder¬
Stimmung überwog und das Wienerische des Mi¬
ne bisweilen allzu rührsam und
trähtigen Strumpswirkersfrau in guter Form ab.
lieus allzu sehr in den Hintergrund gedrängt
Zumal der Schluß des dritten
Die Spielleitung hatte für stimmungsvolle, gemüt¬
wurde, so lag es unter anderem an dem bunten
uälendes an sich, dessen Milde¬
liche Interieurs Sorge getragen.
Kanderwelsch, das auf der Bühne gesprochen wurde
Pände der Darstellerin der Chri¬
Dem Schnitzlerschen Stück vorauf ging eine dra¬
und wienerisch sein sollte. Zumal Frau Erland
Schnitzler hat sich einiger geschickt
matische Episode „Jugendfreunde“ von Felix
sprach einen Dialekt, wie man ihn etwa redet, wenn
soden bedient, um gegen die un¬
Philippi, eine sehr harmlose, geistreich sein wollende
man die Donau von Donaueschingen über München
imentalität der Handlung ein
Szene, die besser in der Rumpelkammer geblieben
und Wien bis Preßburg heruntergefahren ist. Die
wicht zu schaffen. Da ist vor
wäre, in die sie mit Recht versenkt war. Ein Pa¬
Künstlerin, die neulich in den „Helden“ eine so
stimmungsvolle Abendessen auf
riser Schauspieler gibt in einer kleinen Provinz¬
erfreuliche Leistung bot, traf leider gestern abend
wo hinter dem ausgelassenen
stadt einen Rezitationsabend, zu dem sich, da gerade
arg daneben. Aus einem Porzellanfigürchen machte
e das tragische Verhängnis mit
die Tochter des Bürgermeisters Hochzeit feiert, nur
sie eine Steingutpuppe, ihr Humor war viel zu
roht, und die reizende Szene in
ein einziger Zuhörer einfindet, und der hat noch
robust und erkünstelt, mehr drastisch als graziös —
alten Violinspielers, wo Lob¬
dazu eine Freikarte. Im Laufe der Unterhaltung
fesch! Da sich an dieser Modistin das Milien sozu¬
mal vor dem Duell alle Selig¬
stellt es sich heraus, daß beide Jugendfreunde sind:
sagen stets neu belebt, ist auf die Darstellung dieser
hen starken Mädchenliebe ent¬
der eine ein sauertöpfischer, philiströser Apotheker
Rolle besonderer Wert zu legen. Die übrigen Dar¬
n vier Wänden, die eben diese
ohne Ideale, der andere ein verkanntes Genie, das
steller sprachen teilweise wienerisch angehauchtes
heimlich macht. Über das ganze
im Schauspielerelend an seiner Unfähigkeit zu¬
Hochdeutsch, das sich im Munde von Frl. Schlüte“,
ker jene echt wienerische Aimo¬
grunde geht. Ein Stück Leben allerdings, aber schon
der die Christine anvertraut war, besonders gur
die heute lacht, morgen weint,
in der Wirklichkeit banal und häßlich. Philippi hat
ausnahm. Die Künstlerin spielte den „armen süßen
und graziös von der Oberfläche
in guter französierender Manier einen Dialog zu¬
Fratz“ so schlicht und natürlich, daß ihr Schicksal sich
= und abgleitet, wo große Emp¬
stande gebracht, der recht dürftig und Ininteressant
lebenswahr und ergreifend vor uns aufbaute. In
mit leichten Spielereien. Die
anmutet und nur hier und da ein paar geistreiche
der Szene des zweiten Aktes, als sie dem Geliebten
die Schnitzler so von Grund
ihr kleines Heim und ihre große Liebe zeigt, war ! Lichter aufweist. Was sonst an feineren psycho¬
#ramatisch gestaltet hat, lebt und
logischen Zügen in dem Schauspieler steckt, brachte
sie von einer liebenswerten Anmut und durch¬
m Stücke und verleiht ihm einen
Herr Bauer markant und feinfühlend heraus.
rauscht von all den Stimmen ihres liebeglühenden
te. Ihre typischen Vertreter sind
Die verunglückte Figur des Apothekers wurde in
Herzens. Herr Illiger unterstrich in seinem
stets frohgelaunte Modistin und
den Händen des Herrn Schöpp. zur Karikatus,
Lobheimer den melancholischen Grundton etwas
ütiger Stubent, der erst an der
nicht aber zum Charaktertypus. Und das fällt
allzu kräftig und störte daher erheblich die Stim¬
es den Ernst des Lebens begreift.
schließlich zum größten Teil auf das Schuldkonto
mung des Soupers, in die er sich gewaltsam mit er¬
und Fritz Lobheimer prickelt jenes
des Autors. Die Randglossenhaftigkeit dieser dra¬
künstelter Fröhlichkeit hineinversetzen sollte. Von
- und das darf bei der Darstel¬
matischen Skizze konnte auch Herrn Bauers red¬
dem Augenblick##r, wo die Tragödie beginnt, war
nicht unterdrückt werden —, aber
liches Bemühen nicht zum Erfolge führen. Das
er echt und überzeugend. Herr Vollmer spielte
st und Jugendfröhlichkeit dringt
Bühnenbild war in seiner kahlen Nüchternheit von
den Freund recht matt und ohne stärkere Akzente,
g=schwermütiger Grundton durch,
einer teils beabsichtigten, teils unfreiwilligen Sym¬
brachte aber in den ersten Akt zusammen mit Frau
der tragischen Kulisse des Hinter¬
bolik. Requiescat in pace!
Erland frisch pulsierendes Leben. Im übrigen weckte
Schatten durch das Stück gleitet,
Das Publikum war nach dem Schnitzlerschen
die Leistung lebhafte Reminiszenzen an den „Revi¬
s3 gebieterischer könend, um end¬
Stück in sehr beifallsfreudiger Stimmung. Auf den
sor“ des Künstlers. Ausgezeichnet gab Herr Legal
chen Schlußakkord auszuklingen.
oberen Rängen wurde der Genuß leider erheblich
den alten Violinspieler, den er bereits in Berlin
n ist dem Dichter die Gestalt des
gestört durch den Umstand, daß der Vorhang die
mit großem Erfolge spielte. Besonders in dem
es, der ein Stück altes Wien in
Hälfte der Bühne verdeckte und die szenischen Vor¬
stummen Spiel der Schlußszenen trat das zwingende
egenannten Gegensätze der Cha¬
gänge nur an den unteren Extremitäten zu ve¬
Charakterisierungsvermögen des Künstlers aufs
heinbare sind, verbinden hilft. Die
folgen erlaubie. Der Vorstellung wohnte Ihre 9
eindrucksvollste hervor. Dem betrogenen Gatten
Linsemann hatte sich bemüht,
nigliche Hoheit die Frau Großherzogin in der klei¬
lieh Herr Bauer einen starken dämonischen Zug,
Helldunkel herauszubringen und
der die unbeimliche Sphäre des Hinterarundes! nen Hofloge bei.
digen Glanzlichtern auszustatten.
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