II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1979

Liebel
bissshei box 13/7
sonderliche Originalität aus. Wohl aber das „Wie". Lassen
wir einmal alle Einwände gegen die peinlichen Sentimenta¬
litäten, die leeren Stellen, die matte Zeichnung des „Helden“
und dergleichen beiseite! (Man darf nicht vergessen, daß uns
nicht nur drei Jahrzehnte, sondern auch ein Weltkrieg und
eine Art von Revolution von der Zeit trennen, die „Liebelei“
g.bar.) Es sprüht und sunkelt aber doch so viel Jugend, es
schäumt so wilder Champagner, es rieselt so süße Melancholie
durch das Stück, daß ihm — trotz .. trotz .. trotz .
ein ganz eigener Zauber anhaftet, der seine Wirkung so bald
nicht verlieren wird. Wien von achtzehnhundertfünfund¬
neunzig! Ueberdies ist der Dialog stellenweise so glitzernd
Dr. Max Goldschmidt
geführt, wie's keiner der Jüngeren leicht nachmachen

Güro für Zeitungsausschnitte
kann. Ueberdies hört man aus dem Munde des alten
Weiring gern einmal wieder die guten Worte des klugen
Teleion Norden 3051
BERLIN N4
Arztes Menschenkenners und Freundes der Jugend, Schnitz¬
ler, über das Glück der aufknospenden Mädchen ...
Ausschnitt aus:
Was aus dem Schauspiel an Schönem herauszuholen
Weser Zeitung, Bremen
ist hatte Detlef Sierck, der Spielleiter, temperamentvoll ans
Licht gefördert. Es war genug für einen Abend! Mon
agierte um den zeitlichen Abstand zwischen einst und jetzt
recht sinnfällig werden zu lassen, im Kostüm vom Ende des
3 0 Mal 1928
neunzehnten Jahrhunderts mit Keulenärmel, Mantillen,
langen Röcken und schmachtenden Walzern. Der erste Alt

Bremer Schauspielhaue.
fegte wie ein Wirbelwind dahin, schneidend unterorochen
von Walter Kulischs, des gehörnten Ehemanns, verbissenem
Liebelei, Schausviel von Arthur Schnirler
Grimm, melodisch verklingend in der duftenden Frühlings¬
Also „Alt=Heidelberg“ ins=Weanerische transponiert. Der
nacht. (Man zücke aber dennoch leise den Rotstift! Das
erbprinzliche Student zum Nur=Studenten gefunken“ das
Souper ist noch zu lang!) Maria Koch als Mizzi schwatzte,
Schicksal dagegen von der (bürgerlich=menschlichen) Thron¬
tanzte, trank und räsonnierte kühl bis ans Herz hinan, aber
folge zum (immerhin kosmisch=unmenschlichen) Tod erhoben.
lebenslustig wie eine durch die Akte und hob so, als „schwar¬
Dadurch wird einerseits einem graziösen, spielerischen, ephe¬
zer“ Gegensatz, Christines stilles Bild (Maria Czamsky) zu
meren Element die Möglichkeit gegeben so recht schnitzlerisch
völliger Verklärung. Die Tracht unserer Mütter stand Fräu¬
in Erscheinung zu treten wird andererseits das Ende erbar¬
lein Czamsky nicht sonderlich, ihr Spiel ließ aber dies
mungsloser, das Ganze folglich pointierter gemacht. Die —
Aeußerlichkeit schnell vergessen. Die Erschütterung, die sie
schlechthin rührende — Gestalt des kleinen Mädchens ist etwa
beim Erfahren der Todesnachricht überfiel, war eine ganz
dieselbe geblieben, mußte dieselbe bleiben, da ein junges Ge¬
starke Leistung. Als charmantes Pend#it zur blonden Mizzi
schöpf, dus blindlings und ausschließlich liebt, in seiner
stellte sich Gustav Vartelmus, der schwarzlockige Dori und
Funktion im Drama (gleichgültig was für eine dichterische
Weltmann, vor. Arnold Putz machte den Herrn Fritz, zag¬
Potenz es schuf) ziemlich unveränderlich dasteht, ob es nun
haft, im Innersten krank, von Liebe, Liebelei und mancherlei
Käthchen oder Gretchen oder Christine oder Käthi heißt.
Mithin zeichnet sich die Fabel dieser „Liebelei“ nicht durch Zwiespalt zerrissen. Karl Rheder, ein prech#iser Vater,

wie es wenige, Käte Hausa, eine kupplerisch=hämische Nach¬
barsfrau, wie es allzuviele gibt. Fräulein Edith Cordes ge¬
wann sich, weniger durch ihre Kunst als durch ihre Winzig¬
keit, alle Herzen, Das Publikum hielt zuerst mit seiner
Fröhlichkeit dann mit seinen Tränen und schließlich mit
seinem Beifall in keiner Weise zurück
M. H.