II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 2006

Liebelei
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5. Mchutcuch
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mehr als eine Christine in London — wer weiß? Aber hintereinander gespielt werden und einem anderen gehalt¬
sich „Liebelei“ auf einer englischen
eine typische Gestalt ist sie gewiß nicht. Bei euch hat sie reicheren Stücke den Weg versperren würde, könnte mich
tiefes Mitgefühl erregt, eine echte tragische Gestalt in der, dazu bestimmen, dem witzigen Autor von „Comtesse
en das Betrübende an dem Ver¬
Guckerl“ die bessere Bühne zu verweigern und den
anspruchslosesten Form von der Welt; bei uns würde sie,
nicht sagen, daß eure jungen
Director um hunderttausend Gulden zu bringen. Solche
sobald der junge Mann an ihrer Seite erscheint, Vor¬
Talent besitzen als die unserigen, durch¬
kritische Scrupel sind bei euch Glücklichen nicht am Platze.
stellungen von knallenden Champagnerpfropfen und anderen
terarische Jugend steht, soweit ich aus
Man kann mit dem ruhigsten Gewissen meinetwegen
überlauten Aeußerungen von Lebensfreude erwecken. Mit
kann, den Berliner und Wiener
sechsmal in der Woche „Comtesse Guckerl“ spielen, wenn
anderen Worten: Christine auf dem Boden der höheren
Können nicht nach, Und doch ist ein
man in der Lage ist, das siebente Mal „Das vierte
Gesellschaftsschichten ist unmöglich. Christine als Tochter
lei“ in englischer Sprache nicht zu
Gebot“ zu bieten“
des Volkes ist in unserer Phantasie nicht von ordinärer,
länder könnte es schreiben, kein Eng¬
„Wenn Sie das gemischte Revertoire — ich glaube,
vulgärer Genußsucht zu treunen.“
aufführen lassen, kein. Durchschnitts¬
das ist der technische Ausdruck — für ein solches Glück
„Was haben Sie sonst an Theaterstücken in Wien
vom Herzen bei einer Aufführung
halten, warum versuchen Sie es nicht, das Londoner
I
gesehen??“
Theater in diesem Sinne zu reformiren?“
„Das „Deutsche Volkstheater“, dessen Kräfte mir
nicht, daß der Gegenstand selbst
Archer sah mich bei dieser Frage sehr wohlwollend
zum Theile von ihrem Londoner Gastspiele her bekannt
anderen Worten — nehmen Sie mir's
an; seine Gedanken, ins Wienerische übertragen, hätten
waren, fand ich ebenso lehrreich — für meine speciellen
die Thatsache der englischen Prüderie
gelautet: „Sie ahnungsvoller Engel, Sie!“ Aber er
Zwecke — als amufant. Ich sah „Das vierte Gebot“ und
Ehen von jeder Kunstübung und Kunst¬
drückte sich viel literarischer aus.
„Comtesse Gückerl“, eine zufällige Zusammenstellung, die
kommen ausreicht, um die Unmöglich¬
„Eben diese Frage habe ich auf meiner Reise, sowohl
wieder meinen allersündigsten Neid erweckte. Das roh¬
Stückes zu begründen?“
in Berlin, wie in Wien, studirt.“
auch der Stoff macht „Liebelei“ zu gezimmerte, fast kunstlos derbe, aber überaus mächtige
#
„Das ist sehr interessant. Und sind Sie mit dem
Schauspiel mit seiner revolutionären Tendenz an dem
ren Stück, aber nicht weil wir prüder
Ergebnisse Ihrer Studienreise zufrieden?“
einen, die leichte, lustige, flotte, von keinerlei Gehalt be¬
ern weil unser Leben eine Gestalt wie
„Im Großen und Ganzen ja. Ich habe seit Jahr,
schwerte Komödie am anderen Abend — es ist ja ein
erzeugt und nicht verträgt. Die
und Tag die ökonomische Seite des Theaterwesens im
wahrer Hochaenuß, an einem und demselben Theater in
nter unseren Zuschauern würden sagen:
Auge, weil ich das Gefühl habe, daß jede könstlerssche
derselben W# zwei so vortreffliche Stücke sehen zu
junge Ding scheint nach dem Leben
Reform des englischen Dramas unmöglich ist, solenge
können! Was ist der Director des Deutschen Volks¬
welche feltsame, thörichte Art, diese
nicht die ökonomischen Grundbedingungen andere werden
#.theaters für ein beneidenswerther Mann! Wenn mir
von diesem Gesichtspunkte aus habe ich die Berliner und
gaus dem Volke!“
der Director eines besseren Londoner Theaters ein
sen da einen sehr wesentlichen Punkt, in
Wiener Theuter, das Berliner und Wiener Publicum,
Lustspiel vom Kaliber der „Comtesse Guckerl“ vor¬
on Londoner Art unterscheidet. Meinen
beobachtet und meine Schlüsse gezogen!“
legte und mich um meine Wohlmeinung befragte,
gebe wie die Christinens einem Londoner
„Sie machen mich sehr neugierig. Hoffentlich werden
so würde ich aus einer Verlegenheit in die andere ge¬
huthen ist?“
wir bald die Früchte Ihrer Studienreise sehen.“
rathen. Ich würde dem Londoner Theaterpublicum von
„All in good time.“
egte.
Herzen gerne die harmlose Fröhlichkeit und dem Bühnen¬
ist so reich, so unendlich mannigfaltig,
London, im October.
ler ist, apodiktisch zu sagen: solche Dinge leiter den sicheren Cassenerfolg vergönnen; aber der Ge¬
Leon Kellner.
kommen nicht vor. Vielleicht gibt es donke, daß das Lustspiel wahrscheinlich-dreihundert Abende