nerdchen e
Hauses, das das große k. k. Hofburgtheater war.
Bei der seinerzeitigen Eröffnung des Bundestheatermuseums seinen Schnurrbart auf, sah von einem zum anderen und sagte:
ergab sich das von den Beteiligten mit Humor gewürdigte „No ja, ich such' einen gewissen Herrn Thimig!“ Der Kopf des ent¬
Zwischenspiel, daß Hugo Thimig vor seinem eigenen Denkmal täuschten Kollegen fuhr beleidigt wieder unter die Decke und ich
dem Bundespräsidenten die Honneurs machte. Als „eine Art empfing im Nachtheind den ehrenden Antrag, mich sofort in
Museumsantiquität“ liebt er sich seither vorzustellen und erzählt das Hotel zu begeben, in dem ein meinetwegen nach Breslau
von dem gemischten Hochgefühl, mit dem er sich als Anwärter
gereister Funktionär des Burgtheaters abgestiegen war. Die
auf eine baldige Vergangenheit betrachtet, seit für seine Unsterb¬
Unterredung verlief schon insofern denkwürdig, als sich der mich
lichkeit bereits in einem Museum gesorgt ist. Dieser alte Herr
erwartende Hofrat von meiner Erscheinung nicht ganz befriedigt
ist aber allerdings lebendiger und jugendlicher als das meiste,
zeigte. Er musterte mich etwas gelangweilt und sagte dann
was er an Jüngerem neben sich über die Bretter wimmeln sieht.
kritisch: „Herr Thimig? Ich habe Sie mir eigentlich älter vor¬
Nun spielte er in der Josefstadt als eine Art wienerischen Musikus
gestellt!“ Ich, nicht auf den Mund gefallen: „Verzeihung, Herr
Miller den alten Josefstädter Orchestergeige. Weyring in Schnitzlers
Hofrat, aber das bessert sich von Tag zu Tag!“ Der Herr wiegte
„Liebelei“, ohne viel Maske, eigentlich gunz so, wie ## mir dan fgedankenvoll den Kopf, setzte seine Musterung fort und erkundigte
als der liebenswürdigste und gemütlichste aller österreichischen
sich, noch immer etwas von oben herab, ob ich „Kostüm= oder
Hofräte in seiner Garderobe gegenüber sitzt.
Frackschauspieler“ sei. „Beides, beides, Herr Hofrat“, sagte ich
Hugo Thimig ist so jung, daß das Erzählen aus längst= beruhigend. „Aber am liebsten spiele ich in dem Kostüm, das
vergangenen, ein halbes Jahrhundert hinter uns liegenden Zeiten
mir von der Direktion geliefert wird!“ Der Herr Hofrat lächelte
für ihn durchaus nicht zu einer melancholischen Beschäftigung
so zurückhaltend, wie eben nur ein Funktionär lächeln kann, der
wird. Ueberdies ist er einer der glänzendsten und humorvollsten
mit der ganzen Würde eines k. k. Hofburgtheaters umgürtet
Erzähler, der nur dann ein wenig ernster wird, wenn er sich
nach Breslau kommt, und machte mit mir ein Probegastspiel
des eigentümlichen Zaubers erinnert, den sein altes Burgtheater
aus, mit unterlegtem dreijährigem Kontrakt, wenn „ich den
Wienern gefalle“!
auf jeden ausübte, der mit dem ehrwürdigen Haus auf irgend¬
eine Weise verknüpft war. „Als ich von Breslau für ein vier¬
So kam ich in die „Burg“ und der Garderobier wies mir
maliges Probegastspiel nach Wien kam,“ erzählt er, „stand ich
ein kleines Garderobekämmerchen an, das ausgerechnet die
vor dem unscheinbaren, uralten Mauerkasten auf dem Michaeler¬
Nummer 13 trug. Nun, abergläubisch war ich nicht und man
platz und sagte mir verwundert und ein bißchen enttäuscht:
könnte ja auch tatsächlich kaum behaupten, daß mir diese Drei¬
„Dieses kleine Haus soll das große Burgtheater sein?“
zehn Unglück gebracht hätte. Als ich mich für mein erstes Auf¬
Trötzdem waren es ganz eigentümliche, zwischen profanem
treten ankleidete, sah ich draußen auf dem Gang einen
Lampenfieber und wirklicher Ehrfurcht schwankende Empfindungen,
uniformierten, soldatisch strammen Herrn mit Dreispitz auf und
mit denen ich junger „Provinzschauspieler“ zum erstenmal die ab marschieren. Im Uniformreglement der k. und k. Armee
Schwelle dieses so enttäuschend unscheinbaren Hauses überschritt. kannte ich mich damals noch sehr wenig aus und trotzdem wußte
Eng, altmodisch, eigentlich dürftig war auch das Innere des in sich sofort, daß dieser herrlich equipierte Würdenträger niemand
seiner Ausstattung hinter jedem mittleren Stadttheater zurück= geringerer als ein General sei. Von diesem General hatte ich
stehenden „Hauses des Kaisers“, in dem namentlich die für die nämlich schon gehört, in Breslau. Eine Kollegin, die auch am
Schauspieler bestimmten Räume das Primitivste waren, was man Burgtheater gastierte, aber ohne Vertrag wieder heimgeschickt
sich denken kann. Nicht für den geringsten Komfort war hier worden war, hatte mir von ihm erzählt. „Am Burgtheater“
gesorgt. Das winzige „Konversationszimmer“ des alten Burg=sagte sie, „hat eine anständige Dame nichts zu su ten. Da geht
theaters zum Beispiel besaß an Einrichtung nicht mehr als eine
ledergepolsterte Bank und einen Tisch, über dem die Petroleum¬
lampe hing. Allerdings, in diesem für heutige Begriffe mehr als
ärmlichen „Salon“ sah man die Größen des deutschen Theaters,
Wertvolle Proben für unsere Leser!
und selbst mir, der immer zu einiger Respektlosigkeit neigte, jagte
71 österreichische Kliniken, Professcren, Kranken¬
es einen leisen Schauer über den Rücken, als ich einen Baumeister,
häuser, Kinderheilstätten, Fürsorgestellen und Behörden
einen Sonnenthal, die reizende Mama Haizinger und die hoheits¬
haben die Güte des Nährmittels Biomalz schriftlich
voll, jed.: Zoll Tragödin und Gräfin, hereinrauschende Charlotte anerkannt.
Wolter sozusagen als „Kollege“ zu begrüßen hatte.
Wer Biomalz kennenkernen will, benütze diese
Wie ich überhaupt hieherkam? Nun, ich war in Breslau Gelegenheit und sende den untenstehenden deutlich aus¬
engagiert und die knappen Moneten brachten es mit sich, daß gefüllten Coupon innerhalb 8 Tagen, in offenem Kuvert
ich mit einem Kollegen zusammenwohnte. Eines Morges, wic (3 Groschen frankiert), an den Biomalz-Vertrieb, Wien, IX/69,
lagen noch in den Betten, klopfte es an der Tür. Sie öffnete
sich auf unser zweistimmiges „Herein!“ und es erschien ein
Biomalz-Probe wünscht:
Herr, der in dem mir damals noch recht ungewohntem Wiener
Beamtendialekt freundlich lächelnd sagte: „Müssen schon
Name:—
entschuldigen, meine Herren, wenn ich stör! Aber ich komm' im
Auftrag des Wiener Hofburgtheaters!“ Auf dieses Zauberwort
Beruf. —
fuhren wir natürlich beide aus unseren Betten hoch und fragten:
„Zu wem kommen Sie, Herr?“ Der Ueberbringer der hohen
Adresse:—
Botschaft legte seinen Hut auf unseren einzigen Sessel, zwirbele 1
Seite 18
Neues Wiener Journa
Sonntag
jeden Abend ein General mit einem Dreispihz von einershat, und schriet „Raus mit dem Ges
Garderobentür zur anderen und nimmt sich Freiheiten heraus,
zahlt!“
Der einstige Breslauer Schauspieler,
die ich mir als Künstlerin nicht gefallen lasse!“
Nun, ich hatte ja von diesem General kaum etwas zu be= und emeritierten Burgtheaterdirektor bra
Erinnerungen einen leichten Seufzer n
fürchten. Und da man sich als Neuling mit den Würdenträgern
waren schöne Zeiten, in denen der Kais
des Hofburgtheaters auf jeden Fall verhalten soll, stürzte ich
Modehosen seiner Schauspieler aus sein
aus meiner Garderobe und stellte mich dem Herrn mit dem
Dreispitz ehrfurchtsvoll vor. Er grüßte, etwas erstaunt, schlug die
zahlte..
Hacken zusammen und stellte sich auch seinerseits vor: „Theater¬
feldwebel Ulbrich! Wenn der Herr in der Pause vielleicht ein
Bier aus dem Michaelerbräu wünscht, stehe ich zu Diensten!“
Das war meine erste Begegnung mit einem „General“ der kaiser¬
lichen und königlichen österreichischen Armee!
Und meine erste Begegnung mit einem Hofburgtheater¬
direktor erfolgte nach meinem zweiten Gastauftreten. Dieser
Direktor war aber echter als der General tags zuvor. Franz
v. Dingelstedt betrat meine Garderobe. Daß er persönlich kam,
war als Auszeichnung aufzufassen. „Sie sind also für drei Jahre
engagiert“, sagte er. Und etwas maliziös setzte er, meinen tadel¬
los gebauten Anzug musternd, hinzu: „Ich hatte höllische Angst
Hauses, das das große k. k. Hofburgtheater war.
Bei der seinerzeitigen Eröffnung des Bundestheatermuseums seinen Schnurrbart auf, sah von einem zum anderen und sagte:
ergab sich das von den Beteiligten mit Humor gewürdigte „No ja, ich such' einen gewissen Herrn Thimig!“ Der Kopf des ent¬
Zwischenspiel, daß Hugo Thimig vor seinem eigenen Denkmal täuschten Kollegen fuhr beleidigt wieder unter die Decke und ich
dem Bundespräsidenten die Honneurs machte. Als „eine Art empfing im Nachtheind den ehrenden Antrag, mich sofort in
Museumsantiquität“ liebt er sich seither vorzustellen und erzählt das Hotel zu begeben, in dem ein meinetwegen nach Breslau
von dem gemischten Hochgefühl, mit dem er sich als Anwärter
gereister Funktionär des Burgtheaters abgestiegen war. Die
auf eine baldige Vergangenheit betrachtet, seit für seine Unsterb¬
Unterredung verlief schon insofern denkwürdig, als sich der mich
lichkeit bereits in einem Museum gesorgt ist. Dieser alte Herr
erwartende Hofrat von meiner Erscheinung nicht ganz befriedigt
ist aber allerdings lebendiger und jugendlicher als das meiste,
zeigte. Er musterte mich etwas gelangweilt und sagte dann
was er an Jüngerem neben sich über die Bretter wimmeln sieht.
kritisch: „Herr Thimig? Ich habe Sie mir eigentlich älter vor¬
Nun spielte er in der Josefstadt als eine Art wienerischen Musikus
gestellt!“ Ich, nicht auf den Mund gefallen: „Verzeihung, Herr
Miller den alten Josefstädter Orchestergeige. Weyring in Schnitzlers
Hofrat, aber das bessert sich von Tag zu Tag!“ Der Herr wiegte
„Liebelei“, ohne viel Maske, eigentlich gunz so, wie ## mir dan fgedankenvoll den Kopf, setzte seine Musterung fort und erkundigte
als der liebenswürdigste und gemütlichste aller österreichischen
sich, noch immer etwas von oben herab, ob ich „Kostüm= oder
Hofräte in seiner Garderobe gegenüber sitzt.
Frackschauspieler“ sei. „Beides, beides, Herr Hofrat“, sagte ich
Hugo Thimig ist so jung, daß das Erzählen aus längst= beruhigend. „Aber am liebsten spiele ich in dem Kostüm, das
vergangenen, ein halbes Jahrhundert hinter uns liegenden Zeiten
mir von der Direktion geliefert wird!“ Der Herr Hofrat lächelte
für ihn durchaus nicht zu einer melancholischen Beschäftigung
so zurückhaltend, wie eben nur ein Funktionär lächeln kann, der
wird. Ueberdies ist er einer der glänzendsten und humorvollsten
mit der ganzen Würde eines k. k. Hofburgtheaters umgürtet
Erzähler, der nur dann ein wenig ernster wird, wenn er sich
nach Breslau kommt, und machte mit mir ein Probegastspiel
des eigentümlichen Zaubers erinnert, den sein altes Burgtheater
aus, mit unterlegtem dreijährigem Kontrakt, wenn „ich den
Wienern gefalle“!
auf jeden ausübte, der mit dem ehrwürdigen Haus auf irgend¬
eine Weise verknüpft war. „Als ich von Breslau für ein vier¬
So kam ich in die „Burg“ und der Garderobier wies mir
maliges Probegastspiel nach Wien kam,“ erzählt er, „stand ich
ein kleines Garderobekämmerchen an, das ausgerechnet die
vor dem unscheinbaren, uralten Mauerkasten auf dem Michaeler¬
Nummer 13 trug. Nun, abergläubisch war ich nicht und man
platz und sagte mir verwundert und ein bißchen enttäuscht:
könnte ja auch tatsächlich kaum behaupten, daß mir diese Drei¬
„Dieses kleine Haus soll das große Burgtheater sein?“
zehn Unglück gebracht hätte. Als ich mich für mein erstes Auf¬
Trötzdem waren es ganz eigentümliche, zwischen profanem
treten ankleidete, sah ich draußen auf dem Gang einen
Lampenfieber und wirklicher Ehrfurcht schwankende Empfindungen,
uniformierten, soldatisch strammen Herrn mit Dreispitz auf und
mit denen ich junger „Provinzschauspieler“ zum erstenmal die ab marschieren. Im Uniformreglement der k. und k. Armee
Schwelle dieses so enttäuschend unscheinbaren Hauses überschritt. kannte ich mich damals noch sehr wenig aus und trotzdem wußte
Eng, altmodisch, eigentlich dürftig war auch das Innere des in sich sofort, daß dieser herrlich equipierte Würdenträger niemand
seiner Ausstattung hinter jedem mittleren Stadttheater zurück= geringerer als ein General sei. Von diesem General hatte ich
stehenden „Hauses des Kaisers“, in dem namentlich die für die nämlich schon gehört, in Breslau. Eine Kollegin, die auch am
Schauspieler bestimmten Räume das Primitivste waren, was man Burgtheater gastierte, aber ohne Vertrag wieder heimgeschickt
sich denken kann. Nicht für den geringsten Komfort war hier worden war, hatte mir von ihm erzählt. „Am Burgtheater“
gesorgt. Das winzige „Konversationszimmer“ des alten Burg=sagte sie, „hat eine anständige Dame nichts zu su ten. Da geht
theaters zum Beispiel besaß an Einrichtung nicht mehr als eine
ledergepolsterte Bank und einen Tisch, über dem die Petroleum¬
lampe hing. Allerdings, in diesem für heutige Begriffe mehr als
ärmlichen „Salon“ sah man die Größen des deutschen Theaters,
Wertvolle Proben für unsere Leser!
und selbst mir, der immer zu einiger Respektlosigkeit neigte, jagte
71 österreichische Kliniken, Professcren, Kranken¬
es einen leisen Schauer über den Rücken, als ich einen Baumeister,
häuser, Kinderheilstätten, Fürsorgestellen und Behörden
einen Sonnenthal, die reizende Mama Haizinger und die hoheits¬
haben die Güte des Nährmittels Biomalz schriftlich
voll, jed.: Zoll Tragödin und Gräfin, hereinrauschende Charlotte anerkannt.
Wolter sozusagen als „Kollege“ zu begrüßen hatte.
Wer Biomalz kennenkernen will, benütze diese
Wie ich überhaupt hieherkam? Nun, ich war in Breslau Gelegenheit und sende den untenstehenden deutlich aus¬
engagiert und die knappen Moneten brachten es mit sich, daß gefüllten Coupon innerhalb 8 Tagen, in offenem Kuvert
ich mit einem Kollegen zusammenwohnte. Eines Morges, wic (3 Groschen frankiert), an den Biomalz-Vertrieb, Wien, IX/69,
lagen noch in den Betten, klopfte es an der Tür. Sie öffnete
sich auf unser zweistimmiges „Herein!“ und es erschien ein
Biomalz-Probe wünscht:
Herr, der in dem mir damals noch recht ungewohntem Wiener
Beamtendialekt freundlich lächelnd sagte: „Müssen schon
Name:—
entschuldigen, meine Herren, wenn ich stör! Aber ich komm' im
Auftrag des Wiener Hofburgtheaters!“ Auf dieses Zauberwort
Beruf. —
fuhren wir natürlich beide aus unseren Betten hoch und fragten:
„Zu wem kommen Sie, Herr?“ Der Ueberbringer der hohen
Adresse:—
Botschaft legte seinen Hut auf unseren einzigen Sessel, zwirbele 1
Seite 18
Neues Wiener Journa
Sonntag
jeden Abend ein General mit einem Dreispihz von einershat, und schriet „Raus mit dem Ges
Garderobentür zur anderen und nimmt sich Freiheiten heraus,
zahlt!“
Der einstige Breslauer Schauspieler,
die ich mir als Künstlerin nicht gefallen lasse!“
Nun, ich hatte ja von diesem General kaum etwas zu be= und emeritierten Burgtheaterdirektor bra
Erinnerungen einen leichten Seufzer n
fürchten. Und da man sich als Neuling mit den Würdenträgern
waren schöne Zeiten, in denen der Kais
des Hofburgtheaters auf jeden Fall verhalten soll, stürzte ich
Modehosen seiner Schauspieler aus sein
aus meiner Garderobe und stellte mich dem Herrn mit dem
Dreispitz ehrfurchtsvoll vor. Er grüßte, etwas erstaunt, schlug die
zahlte..
Hacken zusammen und stellte sich auch seinerseits vor: „Theater¬
feldwebel Ulbrich! Wenn der Herr in der Pause vielleicht ein
Bier aus dem Michaelerbräu wünscht, stehe ich zu Diensten!“
Das war meine erste Begegnung mit einem „General“ der kaiser¬
lichen und königlichen österreichischen Armee!
Und meine erste Begegnung mit einem Hofburgtheater¬
direktor erfolgte nach meinem zweiten Gastauftreten. Dieser
Direktor war aber echter als der General tags zuvor. Franz
v. Dingelstedt betrat meine Garderobe. Daß er persönlich kam,
war als Auszeichnung aufzufassen. „Sie sind also für drei Jahre
engagiert“, sagte er. Und etwas maliziös setzte er, meinen tadel¬
los gebauten Anzug musternd, hinzu: „Ich hatte höllische Angst