II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 2032

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Bendblak, Berits.
ONT. 1955
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ARABELLA
nd das Werk? Opern, die nicht geschrieben wurden
e vor drei
Wie entstand dieses Werk, das am 3. Juli in
geringere Schwester der Zerbinetta aus der
Welt er¬
Dresden mit so beispiellosem Triumph zum „Run
„Ariadne“ zu sein, — und noch manches andere
um die Welt“ startete?
in der
Beiwerk. Aber das Wesentliche ist, daß aus einer
eabgibt?
In den gesammelten Werken Hugo von Hof¬
Novelle um die jüngere Schwester eine Oper um
die ältere wurde.
mannsthals, die 1924, also zu Lebzeiten des Dich¬
sich reden,
lächelt ihr
ters, erschienen, liest man also ein köstliches Prosa¬
Die Einfälle zu sämtlichen Strauß=Hofmanns¬
und Wien,
stück, das den merkwürdigen Titel führt: „Lucidor.
thal=Opern stammen vom Dichter. Aber auch die
Zeitungs¬
Figuren zu einer ungeschriebenen Komödie.“ Es
Pläne, die nicht ausgeführt wurden, waren vor¬
ler Munde.
ist eine echte Novelle, aber der Untertitel verrät,
wiegend von ihm. So hatte Hofmannsthal schon
daß der Stoff von vornherein für das Theater
während der Arbeit an der „Elektra“ den Plan
hals ver¬
gedacht war. Und dorthin hat er auch schließlich
einer Oper „Tochter der Luft“ die in freier
urde „Ara¬
gefunden.
Verwendung eines Calderonschen Dramas Semi¬
ere Grund¬
ramis zur Heldin haben sollte. Erst nach drei
tragische
Der Inhalt ist im Kern gleich: Von zwei
Jahren gab Hofmannsthal den Plan auf, für den
eilen
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Töchtern einer verarmten Adelsfamilie wird die
Strauß sehr eingenommen war. Interessant ist,
jüngere als Knabe angegeben, Sie steht auf der
daß auch eine der schönsten Komödien Hofmanns¬
ben.
Grenze der Kindheit, wird von den Ihren für
thals „Christinas Heimreise“, ursprünglich
ein Kind gehalten — das sie nicht mehr ist. Ohne
ick¬
als Oper geplant war.
es selbst zunächst zu wissen, liebt sie einen der
ing,
Ein anderes Projekt des Dichters war eine Oper
Verehrer ihrer Schwester, sie schreibt ihm in seeli¬
„Das steinerne Herz“ deren Entwurf wohl
scher Verwirrung unter deren Namen, ja, auf
a
schon ziemlich fest stand, schließlich aber von dem
diesem Wege weitergedrängt, gibt sie sich ihm hin,
hsig¬
zur „Frau ohne Schatten“ verdrängt wurde.
den das Dunkel der Nacht über die Person täuscht.
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Aehnlich wurde ein Ballettplan „Orest und die
Der Konflikt drängt zur Lösung und er findet
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Furien“, gegen den Strauß Bedenken hatte, von
sie: der Geliebte wendet seine Liebe der als Knaben
rsten
ktes
der „Josephslegende“ abgelöst.
Erschienenen zu.
die
Als Hofmannsthal dem immer nach neuen
Dies ist gemeinsam für Oper und Novelle. Aber
Texten verlangenden Komponisten nach der „Frau
tiefgreifend sind die Wandlungen, die das Werk
ohne Schatten“ zunächst nichts geben konnte, da —
im einzelnen erfuhr. Aus der Novelle von der
Ge¬
und nur damals — war es dann Strauß, der neue
„ganzen Schönheit einer bedingungslos hingeben¬
eren
Opernstoffe vorschlug, einmal eine „ganz moderne,
den Seele", wie es im Werk heißt, aus der
Pleiten¬
absolut realistische Charakter= und Hauskomödie"
Novelle des Mädchens in Knabenkleidern ist eine
belebt und
oder „so ein hübsches Liebes= und Intrigenstück,
musikalische Komödie um die ältere Schwester,
etwa in der Mitte zwischen Schnitzlers Liebelei,
ein Bühnenwerk um die eine, in Sicherheit des
die natürlich zu süß ist
Gefühls erwartete Liebe geworden.
heimer Agent oder Seribes Glas Wasser“. Beide
Die Wandlungen haben ihren Ursprung durch¬
Pläne wurden von Hofmannsthal mit komischem
weg in der Bestimmung des Stückes für Musik. In
Grausen abgelehnt. (Es entstand dann als Inter¬
der Novelle ist die ältere Schwester eine kalte Schön¬
mezzo das „Intermezzo“.) Aber auch andere
heit, — eine unmusikalische Gestalt. Ihr
Vorschläge von Strauß; eine „Iphigenie in
mußte Musik gegeben werden, starkes Gefühl mußte
Delphi“ nach Goethes Entwurf oder eine Lust¬ 1
sie durchströmen, leidenschaftliche Liebe. So trat sie
wie selbstverständlich aus dem Hintergrunde, wurde
Hauptgestalt. Und mit ihr wurde ihr Liebhaber
aus einer Episodenfigur zu wesentlicher Erschei¬
nung. Von ihm ist in der Novelle nicht mehr ge¬
sagt, als daß er ein „netter und ganz eleganter
Tiroler, halb Bauer, halb Gentilhomme“ sei. Dies
Wesen wirkt nach in der Oper, aber an Stelle des
angedeuteten Charakters steht da ein ganzer, eige¬
ner Mensch, von dem Arabella, die ältere Schwester,
mit Recht sagt: „Sie bringen Ihre eigene Lebens¬
luft mit sich.“ Ev ist ein Mensch, der in der Wie¬
ner Atmosphäre fremd steht mit der Gewalt seines
Temperaments, der Naturkraft, in der die Weite
der Wälder ist, die ungebrochene Leidenschaft slawi¬
schen Volkstums.
Freilich, neben diesem Gewinn, der zweien der
Gestalten zugute kam, steht die Zurückdrängung
dessen, was der jüngeren Schwester und ihrem Lieb¬
haber in der Novelle gegeben war. Alles fesselnd
und eindringlich Psychologische, das um sie war, fiel
der Oper zum Opfer, und wenn das Mädchen in
Knabenkleidern immer noch überaus reizvolle Ge¬
stalt blieb, ihr Liebhaber trat als Figur ganz in
den Hintergrund.
Vieles noch bedingte die Umgestaltung des
Stoffes: das Fest des zweiten Aktes mit der hübschen
Episode der Fiakermilli, die für das Geschehen gar
nichts bedeutet und nur dazu bestimmt ist, eine
FS
spieloper nach Reinhold Lenz' Plautus=Ueber¬
tragung, fanden keine Verwirklichung. Hofmanns¬
thal konnte nur das gestalten, was in ihm selbst
gewachsen war.
Was er plante, wird nun nicht mehr zur Aus¬
führung kommen, aber was er für Strauß schuf,
hat Bestand und spricht zu uns, von der „Elektra“
bis zur „Arabella“, der wir nun begegnen werden.
Dr. W. P.